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3 9. JAHRGANG

N D

1 9 3 4 / NR. 17

Toskanische Landschaft

B i a n c h i

DEUTSCH-ITALIENISCHE KULTURBEZIEHUNGEN

VONA. DRESLER

AMTSLEITER DER REICHSPRESSESTELLE DER NSDAP.

Die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien
bestehen, wenn wir vom Altertum absehen wollen, insbesondere seit der
Renaissance und dem RomaniSmuS. Es ist eine ewige Sehnsucht, die
vor allem deutsche Künstler, Schriftsteller und Dichter immer wieder
ergriffen und in ihrem Schaffen angeregt und befruchtet hat, es hat ein
ständiger Austausch stattgefunden, der in der letzten Zeit wieder verstärkt
in Erscheinung tritt. Sehen wir einmal ab von der Bewegung des
RomaniSmuS und der Renaissance selbst, welche daS deutsche Geistes-
leben entscheidend beeinflußt haben, so können wir anderseits feststellen,
daß auch Italien Deutschland ein Kulturgut ersten Ranges zu verdanken
hat, die Kunst des Buchdrucks. Italien war das erste Land, in dem die
Erfindung Johann GutenbergS außerhalb Deutschlands eine Stätte
fand. Das, erste in Italien gedruckte Blich wurde um i/\Ö2 vermutlich
von einem süddeutschen Drucker in Bologna gedruckt, 1463 folgten drei
Werke deutscher Drucker in Kloster Subiaco bei Rom und 1467 be-
gannen Konrad Sweinheim und Arnold Pannartz in Rom ihre umfang-
reiche Tätigkeit. Bis 1500 arbeiteten in Rom und in Venedig mehr-
deutsche Druckpressen als italienische. Als dann der Zustrom deutscher
Drucker versiegte, konnten die italienischen Pressen die Oberhand
gewinnen.

In Italien erhielt die deutsche Altertumsforschung ihren Ausgangs-
punkt durch ihren Begründer Johann Joachim W i n ck e l m a n n.
Als dieser 1735 Rc>m aufsuchte, fand er für seine Forschungen in den
Kardinälen Archinto, Albani und Passionei einfllißreiche Männer.
Winckelmann setzte seine grundlegenden Arbeiten fort in Neapel, Herku-
lanum und Pompeij und Florenz, wo er die berühmte Gemmensamm-
lung des Barons Philipp v. Stosch ordnete, die 10 Jahre später von
Friedrich d. Gr. angekauft wurde. In Italien schrieb er seine „Geschichte
der Kunst des Altertums" und 1763 wurde er zum Antiquario della
Camera Apostolica ernannt.

Endlos ist die Reihe deutscher M a l e r, die Italien aufgesucht und
an seinen großen Meistern ihre eigene Kunst entwickelt haben. Don
D ü r e r, der in Venedig war, reicht die Zahl der deutschen Maler, die
an der italienischen Kunst lernten und Kräfte für ihr eigenes Schaffen
gewannen, bis in unsere Zeit hinein. Aus dein vorigen Jahrhundert
kennen wir vor allen Dingen den Kreis der sogenannten „Nazarener",
dem Maler wie Fr. O v e r b e ck, P. v. Cornelius, Schnorr von

Carolsfeld, W. S ch a d 0 w und viele andere bekannte Namen
angehörten. Auch der bayerische König Lud w i g I. war als Kron-
prinz viel in Rom und in diesem Künstlerkreis heimisch. Wir wissen
heute, wie gerade dieser Künstler aus dem Königsthron aus Italien
weitreichende Anregungen für seine kulturellen Taten in München und
Bayern gezogen hat. Auch Anselm Feuerbach ist beispielsweise in
seinem Schaffen ohne Italien nicht denkbar.

Überreich ist der geistige Austausch der deutschen und italienischen
Musik gewesen und ist eS auch heute noch. Schon 1336—1394
wirkte ein Orlando di Lasso am Hofe der Wittelsbacher in
München. Der Einfluß der italienischen Oper auf die deutschen Kom-
ponisten war lange Zeit so groß, daß diese ntir für italienische Texte
schrieben. Erst Gluck und vor allem Mozart, der 1769 eine erfolg-
reiche Jtalienreise unternahm, haben die Entwicklung einer eigenen deut-
schen Oper angebahnt. Gerade Mozart hat noch viel in italienischein
Auftrag komponiert und manche seiner Opern ist in Mailand urauf-
geführt worden.

Lind so sehr auch Richard W a g n e r der bis zu seiner Zeit üblichen
„Großen Oper", der er noch im „Rienzi" mit einem italienischen Thema
seinen Tribut zollte, ein eigenes deutschbewußtes Opernschaffen entgegen-
stellte, so sehr war er auch ein Bewunderer der italienischen Meister und
wir müssen eS als symbolhaft ansehen, daß dieser große deutsche Ton-
schöpser auf italienischem Boden (Venedig am 13. Februar 1663)
gestorben ist.

Es ist- ja bekannt, wie sehr deutsche Komponisten sich italienischer
Stoffe aus Dichtung oder Geschichte bedient haben. Erst in neuester
Zeit hat Meister P f i tz n e r im „P a l e s t r i n a" diesen genialen
Künstler Italiens zum Gegenstand seines Schaffens gemacht. Italie-
nische Opern gehören ebenso zum eisernen Bestand der deutschen Theater
wie die Werke der eigenen Meister. Ein ständiger Künstleraustausch
geht auch heute von Land zu Land.

Am reichsten aber ist wohl der geistige Austausch zwischen Deutschland
und Italien auf l i t e r a r i s ch e m und philosophischem Gebiete
gewesen. Dante, Italiens größter Dichter und Philosoph, hat schon
längst vor der klassischen Übersetzung durch den kürzlich verstorbenen
Richard Zoozmann in Deutschland eine zweite Heimat gefunden

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Bianchi: Toskanische Landschaft
Adolf Dresler: Deutsch-italienische Kulturbeziehungen
 
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