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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 39.1934, (Nr. 1-52)

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Nr. 49 (Sondernummer Münchner Künstler-Genossenschaft)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6778#0774
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3 9. JAHRGANG

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1 9 3 4 / NR. 4 9

Sondernummer:

Münchener Künstlers Genossenschaft


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Zur Geschichte der Münchener Künstlergenossenschaft

Von Hukes-f v/ilm

Die Münchener Künstlergenossenschaft besteht schon so lange, daß
oberflächliche Zeitgenossen gemeinhin annehmen, sie sei von jeher ein
selbstverständlicher Bestandteil der Kunststadt München gewesen. So
ist es nun doch nicht. Sie ersten Anfänge eines bedeutsamen, geord-
neten Kunstlebens in München gehen auf das späte Mittelalter zurück.

Die Münchener Künstlergenossenschaft aber wurde erst im Jahre i666
gegründet. Sie ist also, trotz ihres ansehnlichen Alters von sechsund-
sechzig Jahren, eine Errungenschaft der neueren Zeit, ein anmutiges
Kind» des für die Entwicklung der modernen Kunst so wichtigen
19. Jahrhunderts.

Mancher wird allerdings dieses Alter von sechsundsechzig für nahezu
unbegreiflich halten: wie kann eine Vereinigung von mehreren hundert
Malern und Bildhauern, von denen bekanntlich jeder zweite eine andere
Meinung hat, mehr als sechs Jahrzehnte ununterbrochen bestehen?

Eine stichhaltige Erklärung für diesen geheimnisvollen Vorgang konnte bis heute noch nicht gefunden werden, wenn auch die Tatsache, daß
die Künstlergenossenschaft von Angebinn an im Besitz eines ansehnlichen Vermögens und der schönsten AuSstellungSgebäude Münchens war,
einige Fingerzeige zu geben vermag.

In der DereinSgefchichte dürfen die Jahre von i966 bis 1883 etwa als graue Vorzeit gelten. Nicht daß sie untätig verflossen oder gar
ohne greifbare Erfolge geblieben wären. Im Gegenteil. Doch mußten notgedrungen lange Jahre im Laufe einer so ausgiebigen Entwicklung
vergehen, bis eine vollkommene Konzentration auf die wesentlichsten der vielen schwebenden Kunstfragen erreicht war. Die ersten Anfänge der
Vereinigung reichen weit über das Gründungsjahr 1668 zurück: der mit diesem Datum verknüpfte Zusammenschluß bezeichnet mehr einen
Markstein der äußeren als der inneren Entwicklung. Diese greift tief in das gesellige Leben der Münchener Künstlerschaft um die Mitte des
19* Jahrhunderts hinein. So kann man die zu Ende der dreißiger Jahre gegründete „Künstlergesellschaft beim Stubenvoll-Bräuer", die um
die gleiche Zeit erstandene Sängergesellschaft „Neu-England", den „Münchener Künstlerunterstützungsverein" von 18^3 und den „Künstler-
sängerverein" getrost als die Ahnen der Künstlergenossenschaft bezeichnen. Als eigentlicher Gründungstag hat der 7. Juni 1868 zu gelten. An
diesem Tage wurden der „Genossenschaft der bildenden Künstler Münchens" die Rechte einer juristischen Person verliehen. Gleichzeitig
wurde deren Statuten vom 22. Januar des gleichen Jahres durch König Ludwig II. „die landesherrliche Genehmigung mit dem Vorbehalt
erteilt, daß eine gültige Änderung des Statuts nur mit Allerhöchster Bewilligung erfolgen könne". Der Zweck der neugegründeten Künstler-
vereinigung war in einem Satz dieser Statuten eindeutig Umrissen: es galt, „bei aller Mannigfaltigkeit der Richtungen das Bewußtsein der
Zusammengehörigkeit zu stärken, die künstlerische Tätigkeit zu höherer Energie zu steigern, sowie die materiellen und merkantilen Interessen der
Künstler auf daS kräftigste zu fördern".

Der erste Vorsitzende der Münchener Künstlergenossenschaft (von 1666 bis 1672) war der als Schöpfer des Fischbrunnens vor dem
Neuen Rathaus bekannt gewordene Bildhauer Konrad Knoll, der gleiche Künstler, der späterhin — von 1883 bis 1891 — die Geschicke
deü 1864 gegründeten Münchener AltertumSvereinS mit großer Umsicht leitete. Ihm folgte 1672 als zweiter der Vorsitzenden der Künstler-
genossenschaft der Maler Conrad Hoff. AuS seinem Munde stammt daS geflügelte Wort „Allotria wird nicht getrieben". Er sprach eS

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Register
Ludwig Steub: Vignette
Hubert Wilm: Allotria wird nicht getrieben
 
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