Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i

A\ N IE IK ID OIE N

Die Prise

Der dänische Dichter Andersen fuhr vor etlichen Jahren per Eisen-
bahn gemütlich durch die deutsche Kleinstaaterei. Ein Mitreisender be-
merkte, daß sie gerade im Fürstentum Köthen seien, nahm eine Prise
und bot auch Andersen eine an. Dieser nahm sie, schnupfte, nieste wieder-
holt und kräftig und fragte dann: „Wie lange sind wir noch im Fürsten-
tum Köthen?" — „Ach", sagte sein Gegenüber, „da fuhren wir schon
wieder hinaus, als Sie noch beim Niesen waren."

Mozart und der Sänger

Der berühmte Sänger Schikaneder sang einst den Papageno in der
„Zauberslöte", und als er zu dem launigen Lied „Ein Männchen oder
Weibchen" kam, bediente der Komponist selber hinter den Kulissen das
zu den Zwischensäßen dieser Arie notwendige Glockenspiel. Papageno

hielt nur die Attrappe in den Händen und imitierte die Begleitung.
Mozart dehnte zum Scherz das Glockenspiel übermäßig lange aus, er-
spielte und spielte, bis den Papageno auf der Bühne wütende Ungeduld
packte. Plötzlich schlug er unwirsch auf sein Instrument und brüllte es
laut an: „Jetzt hoalt endlich 's Maul!"

Dos Nachtmahl

Der längst vergessene Komponist Burckert hatte eine Operette ver-
brochen. Sie wurde uraufgeführt und der Meister versprach Darstellern
und Orchestermitgiedern ein solennes Nachtmahl, wenn sein Werk ge-
fallen würde. Aber mit Tschingdarabum fiel das Stück durch. Still
und betrübt saß Burckert in einer versteckten Ecke des Restaurants, da
tat sich die Dü re auf und der magere Fagottist steckte feine spitze
Nase hinein.

„Wie kommen Sie dann daher?" fragte der Komponist mürrisch.
„Mir hat'ö gefallen!" erklärte treuherzig der hungrige Musiker.

0. M. H.

Der Fokus

Es ist noch gar nicht so lange
her, da saß ein Wiener Opera-
teur, so nannte man damals die
Aufnahmetechniker, blitzblank auf
dem Trockenen.

Er grübelte hin und grübelte
her, der Erste war noch in weiter
Ferne, Vorschuß keiner mehr zu
erlangen, also ließ er sich in seiner
Verzweiflung beim Generaldirek-
tor melden.

„Herr Generaldirektor", spielte
er höchste Eisenbahn, „ich brauch
g'schwind zweihundert Kronen!"

„Hm... Zu was brauchen S'
zweihundert Kronen?"

„Ja, Herr Generaldirektor, das
neue Objektiv ... Morgen haben
wir Freilichtaufnahmen, wissen S',
und die sein halt heiklich ... Ich
muß das Objektiv richten lassen...
Es hat nämlich einen verbogenen
Fokus!"

Anstandslos wurden die zwei-
hundert Kronen bewilligt und der
Filmgewaltige, früher hatte er in
Textil gemacht, sagte väterlich er-
mahnend:

Sein S' halt vorsichtig, mein
Lieber, die ewigen Reparaturen
kosten ja ein Heidengeld... Geben
S' nur recht acht, daß Sie ihn
nicht wieder verbiegen, den Fokus!"

Der Onkel

Mein Onkel schrieb uns aus
Amerika: „Meine Braut ist nicht
nur ein sehr hübsches Mädchen,
sie ist auch aus guter Familie und
sehr gebildet, spricht deutsch,
französisch, englisch, italienhch
und sie würde auch spanisch
sprechen, wenn sie eS gelernt
Heinz Kistler hätte...
Register
Heinz Kistler: Kleine Stadt
[nicht signierter Beitrag]: Anekdoten
 
Annotationen