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D

N

r- 2

K

melden, der Frechling. Ein Monn mit Gillette-
Kinn und Masserblauen Augen fragte nach
seinen Wünschen.

„Mein Name ist Smith. Ich bin Besitzer
der Blusenfabrik in der 136. Straße."

„Mein Name ist Smith, George F. Smith",
gab der andere mit einer Verbeugung zurück.

„Sehen Sie, Mr. Smith, mein Geschäft ist
ein Versandgeschäft. Ich erhalte täglich Post-
anweisungen und habe es mir seit dein Lind-
bergh-Skandal zur Regel gemacht, die Num-
mern der Scheine notieren zu lassen. Gestern
nun ereignete sich ein sonderbarer Fall: in
einer Auszahlung der Post befanden sich zwei
Fünfzig-Dollarnoten, welche die gleiche Num-
mer trugen; überzeugen Sie sich — D 0379
80104 K, und hier — die gleiche Nummer.

bringe den Fall hiermit zur Anzeige! Ich
bitte, mir zu sagen, ob beide Scheine falsch
sind oder nur einer, und woran ich die Fäl-
schung in Zukunft erkennen kann .. . auch
würde ich gern den Schaden ersetzt bekommen.
Fünfzig Dollar sind auch Geld."

Das alles sagte er so richtig aufgeregt —
gekränkt. Aber als George §. Smith mit den
Scheinen wieder zurückkam, waren sie beide
aufgeregt.

„Wir haben die Scheine einer wissenschaft-
lichen Prüfung unterzogen, sagte der Experte.
Der eine — dieser hier — ist die hervor-
ragendste Fälschung, die es feit Erfindung der
Banknoten gegeben hat! .. . Der andere Schein

. Alles

(sagte er geringschätzig) ist echt

und gehört zu unserer normalen

?n, die

UK-Serie von 1931."

lendete

Hier fühlte sich Washington

elleicht

Smith so geschmeichelt, als sei ihm

'ebenS,

der Nobelpreis für Chemie und

rch zu

Krieg verliehen lvorden.

lehrte.

„Und woran erkennt man die

dollar-

Fälschung?" fragte er demütig.

lasche,

„Sehen Sie", sagte der Ex-

egann

perte, „hier nehme ich den falschen

kt z»

Schein, durchleuchte die Ecke rechts

einer

oben, und stelle mit dieser starken

besten

Lupe fest, daß der äußerste Ara-

selber

beskenausläuser mit der bläulichen
Seidensaser nicht ganz parallel

lrine-

verläuft, während beide beim

; eine

echten Schein — sehen Sie hier!

liegen

— genau parallel laufen. DaS ist

. wie

übrigens der einzige Llnterschied.


Fabelhast! ..."

trns-

„Verzeihung", sagte Washing-

aben

ton Smith in beleidigtem Tone,

üchtc

„aber soviel ich die beiden Scheine

n eS

auch vergleiche — ich kann keinen

ichen

Unterschied finden!"

) in-
woll

Er lvar wütend, wie alle Künst-

ler aus ihre Kritiker. Kurzum,

lchen

diese beiden Smiths fingen sich

-eine

nern

direkt an zu streiten. Der Llnsen-

sabrikant steckt den „echten" sorg-

eder

fältig in die Brieftasche und fuch-

dnö

telt achselzuckend mit dem „fal-

die

schen" herum. ..

'che,

>eg§

sieb

„Warten Sie mal", rief der

Experte, „ich habe Ihnen zum Er-

satz für den falschen einen neuen

an- -

Fünfzig-Dollarschein gleich mitge-

bracht. Aus einer anderen Serie. Vielleicht
wird Ihnen an diesem der Unterschied deut-
licher."

Und er zog ein drittes „Iiell-ticket" aus der
Tasche, entriß Washington seinen falschen
Schein, schwenkte die beiden in der Rage deö
Fachmannes durch die Luft, klemmte den echten
blitzschnell vor die Lupe und rief:

111 u ß 3bmn der Unterschied doch
klar werden! Sehen Sie, hier — ganz
parallel! ! Das sieht ja jedes Kind..."

„Entschuldigen Sie, Mr. Smith", sagte
Washington eisig, ich stelle fest, daß Sie sich
soeben in den Scheinen vergriffen haben. Der,
den Sie hier als Muster Ooi-l5Ieiiiiiien, trägt
— überzeugen Sie sich — die Nummer D 0379
80104 K. Es ist der falsche!"

Hier schaute der Experte zögernd nach und
wurde blutrot.

„Hm, tatsächlich . . sagte er. „Aber Eie
können mir als Fachmann glauben — — die
Ecke rechts oben, das ist der schwache Punkt . . .
Bitte, nehmen Sie hier als Ersatz den echten
Fünszig-Oollarschein. Den falschen behalten
wir; er ist uns mehr als fünfzig Dollar wert.
Und schließlich ist die Post ja eine Staats-
institution. Es bat mich sehr gefreut, Mr.
Sinith. Sie haben der U.S.A. einen Dienst
geleistet!"

So stieg nun mein Washington, zufrieden
pfeifend, die Marmortreppe hinunter. Denn
schließlich kann nicht jeder Banknotensälscher

von sich sagen, daß er sein Ehrendiploin von
der Staatsbank habe. Er sah eine rosige Zu-
kunft vor sich. Er fühlte sich jetzt wirklich als
was anderes. Nun konnte seine Anti-Dollar-
kampagne beginnen. —

George F. Smith hingegen blieb in der
düstersten Seelenstimmung zurück. Dieser Blusen-
händler hatte ja tausendmal recht: da war
nicht der geringste Unterschied, und die Fäl-
schung bloß an der Gleichheit der Nummern zu
erkennen! Er, der Experte, war einer Auto-
stlggestion zum Opfer gefallen — denn einer
mußte ja falsch sein! A = A, was kann
man dagegen machen? Wer konnte den unbe-
kannten Hersteller „Mr. R." daran hindern,
ganze Waggonladungen auf den Markt zu
werfen? Die Kriminalpolizei gewiß nicht,
denn eine Intelligenz wie Mr. 3E. hatte selbst-
verständlich seine Druckpressen längst ver-
nichtet . .. George F. Smith sah bereits den
stolzen Turm der Federal Reserve Bank stürzen
wie einen angeschossenen Fabrikschornstein. Er
sah den Wirtschaftskörper der Station durch
eine furchtbare Infektion von Geldbakterien
gefährdet. Und er beschloß, aus eigenes Risiko
zu handeln. Der einzige Anhaltspunkt war
dieser hochanständige Blusensabrikant — eine
Fährte, die wohl kaum zu dem Mr. .W führen
konnte. Und hatte man Mr. 3E., wie wollte
man ihm beweisen, daß seine Banknoten falsch
seien? Der konnte ja ebensogut seinerseits die
Federal Reserve Bank wegen Ausgabe falscher
Banknoten anklagen! Immerhin
beschloß der Experte, Mr. Wa-
shington Smith „zufällig" näher
kennenzulernen. Denn hier konnte
man sich nicht an Scheine, sondern
nur an Menschen halten.

Diese Nacht aber hatte er einen
schrecklichen Traum: daß die

beiden Fünfzig - Dollarscheine
falsch waren. Daß alle falsch
waren. Daß kein Mensch mehr
zwischen echt und falsch unterschei-
den konnte, nicht einmal der Prä-
sident der Vereinigten Staaten.
Und daß ganze Gruppen morgens
auswachten und schnell nachrech-
neten, ob noch 2X2-^ mar ...

Mein Washington Smith aber
spazierte derweil in der Stadt
herum wie ein Napoleon im In-
kognito. In der Brust sprach eine
Stimme: „Ich bin der berühmte
Washington Shmith, der die Mo-
notie dieses Landes zur Raserei
steigert. Jetzt wollen wir mal
sehen, wie bunt daS Leben ist!"
Und er brachte in BarS, auf Turf-
plätzen, auf der Börse. gewisser-
maßen Geld in Zirkulation, bis er
endlich einer Iseult HopkinS vom
Ga i e t y -Theater b e g eg n e t e.

Der andere Smith jedoch, der
Experte, spionierte dem Napoleon
ganz unauffällig nach. Im „Oniet
Corner" lvar laut zweispaltigem
Inserat zur Zeit d a S Nachtleben
Neuvorks. Vor einem Parterre

Die Leserin

H. May rhofer-Passau

von Zylinderhüten voll führte ein

19
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Hermann Mayrhofer: Die Leserin
 
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