Eine Wette ohne Risiko
Ein Kutscher stieg vom Wagen herab und bat seinen Herrn, doch
ein wenig die Zügel zu halten. Dann lief er zurück und suchte eine
Strecke die Landstraße ab. Schließlich kam er wieder und stieg mit
traurigem Gesicht aus seinen Bock. „Was hast du denn, Johann?"
fragte ihn sein Herr. Der Kutscher antwortete nicht. „Sicher hast du
nieinen Mantel verloren! Ich möchte fast daraus wetten!" „Dun
Euer Gnaden es ruhig. Sie werden diese Wette ganz bestimmt gewin-
nen", antwortete der Kutscher. ZV.
Eine vernichtende Antwort
Johann, Freiherr von Beck (gest. 16^6) war Postillon gewesen und
hatte eS durch seine außergewöhnliche Tapferkeit zum königlich spani-
schen Feldmarschall und Gouverneur des Herzogtums Luxemburg
gebracht. In einem Wortstrelt erinnerte ihn einmal ein Mann von
großer Herkunft, aber ohne Verdienste an seine einfache Abstammung.
Er antwortete: „Sie haben recht, ich war Postillon. Der Unterschied
zwischen uns beiden ist nur, daß ich jetzt Feldmarschall bin, Sie aber
bei gleicher Abstannnung sicher noch Postillon- waren." ZV.
Eine mißverstandene Gemütsbewegung
Als der große dänische Dichter und Dramatiker A d a 7N Gott-
lob Oehlenschläger, ein Zeitgenosse Goethes, der ihn persön-
lich kannte, nach der Aufführung seines Dramas „Correggio" in
Kopenhagen zum erstenmal die Bühne betreten sollte, befand sich seine
Familie in großer Erregung. Nur sein Vater war zu bewegen gewesen,
an diesem Abend das Schauspielhaus zu besuchen, während seine Mutter
und Schwester zu Hause blieben. Als das Stück soeben begonnen haben
mußte, ertrug die Mutter des Dichters die Enge des Zimmers nicht
mehr; sie ging hinaus und setzte sich in dem Bogengang, der das Haus
umschloß, auf eine Bank und weinte und betete. So fand sie eine alte
Dienstmagd, der ihre Gemütsbewegung sehr zu Herzen ging. Tröstend
sagte sie zu ihr: „Ach, Madame, weinen Sie doch nicht! Unser guter
Herrgott wird gewiß dafür sorgen, daß der junge Herr den richtigen
Weg wiedersindet." ZV.
Rübe
Rübe muß eine Reise reisen. Don Riesa
nach Riga.
Frieda, sein ehelich Weib, packte ihm den
Reiseproviant.
„Ich habe dir auch eine Flasche Kognak
eingepackt", verrät sie beim Abschied. „Aber
du mußt mir versprechen, ihn nicht vor Bres-
lau zu trinken."
Rübe verspricht es.
Rübe fährt ab.
Winkt ein wenig dem Weibe und greift hun-
dert Meter vom Bahnhof nach der Flasche.
„Breslau ist weit", denkt er, „mein Weib
ist weit — warum nicht?"
Und er gräbt und gräbt im Koffer.
Da ist auch schon die Flasche.
Rübe wetzt den Korkenzieher.
Da aber entdeckt er auf dem Korken einen
Zettel. Und liest:
„Rübe, Rübe, waS hast du mir vor fünf
Minuten versprochen? Wo bist du und wo ist
Breslau?"
Das Hochzeitsgeschenk
Otto hat ein Hochzeitsgeschenk gemacht.
Acht Tage später geht er zu dem jungen
Paar.
„Wir sprachen gerade von Ihrem Ge-
schenk", begrüßt ihn der Mann.
„Aber das war doch nicht der Rede wert."
Meint der Andere:
„Das haben wir eben auch gerade gesagt."
Espermüller
Mir bal oana sagat, i wär a Jud,. . ."
Das behagliche Heim
INNEN-
DEKORATION
nach wie vor anerkannt beste internationale Zeit-
schrift unter Mitarbeit namhafter Architekten über
Neuzeitliche Wohnungskunst
Reichillustriertes Probeheft RM. 2.80 postfrei
Verlagsanstalt Alexander Koch, G.m.b.H., Stuttgart O 42
1935 / JUGENDNr.2
Ein Kutscher stieg vom Wagen herab und bat seinen Herrn, doch
ein wenig die Zügel zu halten. Dann lief er zurück und suchte eine
Strecke die Landstraße ab. Schließlich kam er wieder und stieg mit
traurigem Gesicht aus seinen Bock. „Was hast du denn, Johann?"
fragte ihn sein Herr. Der Kutscher antwortete nicht. „Sicher hast du
nieinen Mantel verloren! Ich möchte fast daraus wetten!" „Dun
Euer Gnaden es ruhig. Sie werden diese Wette ganz bestimmt gewin-
nen", antwortete der Kutscher. ZV.
Eine vernichtende Antwort
Johann, Freiherr von Beck (gest. 16^6) war Postillon gewesen und
hatte eS durch seine außergewöhnliche Tapferkeit zum königlich spani-
schen Feldmarschall und Gouverneur des Herzogtums Luxemburg
gebracht. In einem Wortstrelt erinnerte ihn einmal ein Mann von
großer Herkunft, aber ohne Verdienste an seine einfache Abstammung.
Er antwortete: „Sie haben recht, ich war Postillon. Der Unterschied
zwischen uns beiden ist nur, daß ich jetzt Feldmarschall bin, Sie aber
bei gleicher Abstannnung sicher noch Postillon- waren." ZV.
Eine mißverstandene Gemütsbewegung
Als der große dänische Dichter und Dramatiker A d a 7N Gott-
lob Oehlenschläger, ein Zeitgenosse Goethes, der ihn persön-
lich kannte, nach der Aufführung seines Dramas „Correggio" in
Kopenhagen zum erstenmal die Bühne betreten sollte, befand sich seine
Familie in großer Erregung. Nur sein Vater war zu bewegen gewesen,
an diesem Abend das Schauspielhaus zu besuchen, während seine Mutter
und Schwester zu Hause blieben. Als das Stück soeben begonnen haben
mußte, ertrug die Mutter des Dichters die Enge des Zimmers nicht
mehr; sie ging hinaus und setzte sich in dem Bogengang, der das Haus
umschloß, auf eine Bank und weinte und betete. So fand sie eine alte
Dienstmagd, der ihre Gemütsbewegung sehr zu Herzen ging. Tröstend
sagte sie zu ihr: „Ach, Madame, weinen Sie doch nicht! Unser guter
Herrgott wird gewiß dafür sorgen, daß der junge Herr den richtigen
Weg wiedersindet." ZV.
Rübe
Rübe muß eine Reise reisen. Don Riesa
nach Riga.
Frieda, sein ehelich Weib, packte ihm den
Reiseproviant.
„Ich habe dir auch eine Flasche Kognak
eingepackt", verrät sie beim Abschied. „Aber
du mußt mir versprechen, ihn nicht vor Bres-
lau zu trinken."
Rübe verspricht es.
Rübe fährt ab.
Winkt ein wenig dem Weibe und greift hun-
dert Meter vom Bahnhof nach der Flasche.
„Breslau ist weit", denkt er, „mein Weib
ist weit — warum nicht?"
Und er gräbt und gräbt im Koffer.
Da ist auch schon die Flasche.
Rübe wetzt den Korkenzieher.
Da aber entdeckt er auf dem Korken einen
Zettel. Und liest:
„Rübe, Rübe, waS hast du mir vor fünf
Minuten versprochen? Wo bist du und wo ist
Breslau?"
Das Hochzeitsgeschenk
Otto hat ein Hochzeitsgeschenk gemacht.
Acht Tage später geht er zu dem jungen
Paar.
„Wir sprachen gerade von Ihrem Ge-
schenk", begrüßt ihn der Mann.
„Aber das war doch nicht der Rede wert."
Meint der Andere:
„Das haben wir eben auch gerade gesagt."
Espermüller
Mir bal oana sagat, i wär a Jud,. . ."
Das behagliche Heim
INNEN-
DEKORATION
nach wie vor anerkannt beste internationale Zeit-
schrift unter Mitarbeit namhafter Architekten über
Neuzeitliche Wohnungskunst
Reichillustriertes Probeheft RM. 2.80 postfrei
Verlagsanstalt Alexander Koch, G.m.b.H., Stuttgart O 42
1935 / JUGENDNr.2