Hafen von Capri
Friti Th. Prengel
b rochen. Sie Sie re wurden wie toll und schwankten wi-e betrunken
hin und her. Viele starben, aber nur solche, die aus altein Mist
schließen. Sie Seuche wanderte nach Süden und gerade heute hätte
ich einen Brief bekommen, die Seuche sei nur noch fünf Tage von
hier und genau so lang brauchte der Brief. „Wer weiß, ob eine
Seuche nicht schneller reist als ein Bote, der nachts schläft??"
„Zeig den Brief", sagte der Häuptling, der weder Geschriebenes noch
Gedrucktes lesen konnte und ganz vergaß, wie gut er schon vom
Großvater her über die Seuehe Bescheid wußte.
Ich überlegte gerade, ob ich nicht ein Stück Papier in der Tasche
hätte, das ich für einen Brief ausgeben könnte, als mich ein gutes
Geschick davor bewahrte, zu der Sünde der Lüge auch noch das ver-
brechen der Urkundenfälschung zu fügen. Sumpfes Gebrüll und eine
von den letzten Sonnenstrahlen düsterrot gefärbte Staubwolke kündigte
die Heimkehr der Herde an. Aber was war das? Voraus torkelten
in seltsamen Kurven Weißmaul, Rotauge lind Langhorn — die drei
weltberühmten Lieblingsochsen des Häuptlings Jabanymasupuru. Sie
versuchten vergebens den Eingang zum Kral anzusteuern. Wie sie es
auch machten — ein sonderbarer Links- oder Rechtsdreh ließ sie immer
wieder an den Torpfosten stranden. Ähnliches hatte ich in meiner
fugend an den Haustüren der süddeutschen Universitätsstadt beobachten
können — nur waren eö dort keine Ochsen, sondern Füchse! Wie der
Blitz schoß Väterchen Häuptling in den Kral, sehob die Balken vor
das -kor, um die Herde vor weiterer Berührung mit dein lebens-
gefährlichen Mist zu bewahren und begann lvie ivahnsinnig, das
braune Gold des Landwirts mit einem Paddelruder über den Zaun
zu schaufeln. Er hatte keine Zeit, sich von mir zu verabschieden.
Äill nächsten Rtorgen weckte mich das Gemurniel einer Volksmenge
aus dem Schlaf. Als ich auf die Veranda heraustrat, empfing mich
ein Schrei aus hundert braunen Kehlen:
„Mist, Ranga, schönen alten Mist. Alt und billig. Hast du ver
gegen, daß du Mist kaufen willst? Mist, Mist, Mist!!" SaS ganz
Flußufer linterhalb meiner Sanddüne war iliit hochbeladenen und ii
der Morgenfrische dampfenden Kanus bedeckt.
„Guten. Morgen, meine braunen Freunde und Verwandte", grüßte -
ich heiter in die Runde: „Mist? Jwo, waS soll ich mit all dem
Mist? Mein Bedarf iss schon gedeckt!" Natürlich wurden lvir danil
doch noch einig, aber nun war es eine ganze Kamelherde, die durch
mein .Nadelöhr schlüpfen mußte. Es bestand darin, daß sie all den
schönen Mist in Säcken auf mein vorbereitetes Gartenland herauf-
tragen mußten, denn lvenn sie ihn unten liegen ließen — gab ich zu
bedenken —, könnte doch einmal einer ihrer Ochsen darüber stolpern
und die Seuche bekommen. SaS sahen sie denn auch ein und die
Folge dieser Einsicht war einige Wochen später ein Gemüsewachstum
auf der ehemals so nackten Sanddüne, wie ich nördlich des Äquators
kein erfreulicheres gesehen habe.
Weißmaul, Rotauge und Langhorn wurden wieder vollkommen
gesund, nachdem sie ihren Rausch auSgeschlafen hatten und leben ver-
mutlich heute noch.
Warum ich die Geschichte hier erzähle? Nun, wenn auS meiner
Sanddüne am Ende der Welt ein Gemüsegarten werden konnte, dann
ist eS nicht die Schuld der deutschen Erde, lvenn einer meiner lieben
Leser einen Gemüsegarten haben will und keinen zustande bringt.
100
Friti Th. Prengel
b rochen. Sie Sie re wurden wie toll und schwankten wi-e betrunken
hin und her. Viele starben, aber nur solche, die aus altein Mist
schließen. Sie Seuche wanderte nach Süden und gerade heute hätte
ich einen Brief bekommen, die Seuche sei nur noch fünf Tage von
hier und genau so lang brauchte der Brief. „Wer weiß, ob eine
Seuche nicht schneller reist als ein Bote, der nachts schläft??"
„Zeig den Brief", sagte der Häuptling, der weder Geschriebenes noch
Gedrucktes lesen konnte und ganz vergaß, wie gut er schon vom
Großvater her über die Seuehe Bescheid wußte.
Ich überlegte gerade, ob ich nicht ein Stück Papier in der Tasche
hätte, das ich für einen Brief ausgeben könnte, als mich ein gutes
Geschick davor bewahrte, zu der Sünde der Lüge auch noch das ver-
brechen der Urkundenfälschung zu fügen. Sumpfes Gebrüll und eine
von den letzten Sonnenstrahlen düsterrot gefärbte Staubwolke kündigte
die Heimkehr der Herde an. Aber was war das? Voraus torkelten
in seltsamen Kurven Weißmaul, Rotauge lind Langhorn — die drei
weltberühmten Lieblingsochsen des Häuptlings Jabanymasupuru. Sie
versuchten vergebens den Eingang zum Kral anzusteuern. Wie sie es
auch machten — ein sonderbarer Links- oder Rechtsdreh ließ sie immer
wieder an den Torpfosten stranden. Ähnliches hatte ich in meiner
fugend an den Haustüren der süddeutschen Universitätsstadt beobachten
können — nur waren eö dort keine Ochsen, sondern Füchse! Wie der
Blitz schoß Väterchen Häuptling in den Kral, sehob die Balken vor
das -kor, um die Herde vor weiterer Berührung mit dein lebens-
gefährlichen Mist zu bewahren und begann lvie ivahnsinnig, das
braune Gold des Landwirts mit einem Paddelruder über den Zaun
zu schaufeln. Er hatte keine Zeit, sich von mir zu verabschieden.
Äill nächsten Rtorgen weckte mich das Gemurniel einer Volksmenge
aus dem Schlaf. Als ich auf die Veranda heraustrat, empfing mich
ein Schrei aus hundert braunen Kehlen:
„Mist, Ranga, schönen alten Mist. Alt und billig. Hast du ver
gegen, daß du Mist kaufen willst? Mist, Mist, Mist!!" SaS ganz
Flußufer linterhalb meiner Sanddüne war iliit hochbeladenen und ii
der Morgenfrische dampfenden Kanus bedeckt.
„Guten. Morgen, meine braunen Freunde und Verwandte", grüßte -
ich heiter in die Runde: „Mist? Jwo, waS soll ich mit all dem
Mist? Mein Bedarf iss schon gedeckt!" Natürlich wurden lvir danil
doch noch einig, aber nun war es eine ganze Kamelherde, die durch
mein .Nadelöhr schlüpfen mußte. Es bestand darin, daß sie all den
schönen Mist in Säcken auf mein vorbereitetes Gartenland herauf-
tragen mußten, denn lvenn sie ihn unten liegen ließen — gab ich zu
bedenken —, könnte doch einmal einer ihrer Ochsen darüber stolpern
und die Seuche bekommen. SaS sahen sie denn auch ein und die
Folge dieser Einsicht war einige Wochen später ein Gemüsewachstum
auf der ehemals so nackten Sanddüne, wie ich nördlich des Äquators
kein erfreulicheres gesehen habe.
Weißmaul, Rotauge und Langhorn wurden wieder vollkommen
gesund, nachdem sie ihren Rausch auSgeschlafen hatten und leben ver-
mutlich heute noch.
Warum ich die Geschichte hier erzähle? Nun, wenn auS meiner
Sanddüne am Ende der Welt ein Gemüsegarten werden konnte, dann
ist eS nicht die Schuld der deutschen Erde, lvenn einer meiner lieben
Leser einen Gemüsegarten haben will und keinen zustande bringt.
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