bau gehalten worden war. Der Lehrer hatte
dem Schüler seinen Kathederplatz eingeräumt
und seinerseits aus dem Platze des Schülers
dessen Vortrag gelauscht.
Für Neoeller konnte es keinem Zweifel unter-
liegen, daß der Junge COGITIN zu sich ge-
nommen haben müsse. Schwere Bedenken stiegen
atif, ob er richtig gehandelt hatte, als er seine
Entdeckung vorbehaltlos an W. C. Morris
oerkaust hatte.
Dann besuchte ihn ein Bekannter, der
Schriftsteller Paddington. „Ich bin geflohen!"
erklärte ihm Herr Paddington. Mein Haus iß
belagert von Verlegern, die das alleinige Ver-
lagsrecht an meinen Werken erwerben wollen.
Denken Sie sich, ich nehme seit einiger Zeit
COGITIN — Sie werden es kaum kennen —,
und ich habe, durch dieses Mittel angeregt,
einen Roman geschrieben, der mir selbst weit
weniger gefiel als meine vorher geschriebenen
Bücher, Und nun findet ausgerechnet dieses
Buch einen solchen Anklang. Verstehen Sie
das?"
Reveller lächelte trübe und gab zu, daß er
das auch nicht verstehe. In der Folge erfuhr
er allerlei Dinge, die ihn mit schwerer Besorg-
nis erfüllten. Bei einer Verhandlung gegen
einen so gut wie überführten Gangster hatte
der Angeklagte im Gerichtssaal einem GlaS-
röhrchen einige Tabletten entnommen und diese
verschluckt. Die Befürchtung, er habe Gift ge-
nommen, erwies sich als unbegründet. Hingegen
hatte er plötzlich begonnen, eine Verteidigungs-
rede zu halten, durch die alle Argumente der
Anklage erschüttert wurden. Die scharfsinnig-
sten Beweise der Richter hatte er zu wider-
legen gewußt, so daß man ihn freisprechen
mußte.
Dann traf Reveller ein harter Schlag. Er
mußte eö erleben, daß seine eigenen Kinder
sich unbotmäßig gegen ihn benahmen. DaS
Schlimmste dabei war, daß sie recht hatten
und ihm logische Fehler ln seinen ErziehungS-
inaßnahmen glatt Nachweisen konnten. Wie
hatte er auch nur COGITIN-Tabletten offen
auf dem Schreibtisch liegen lassen können? —
Es mußte etwas geschehen, um das Unheil ab-
zuwenden, das er kommen sah.
Also verzehrte Reveller den noch vorrätigen
Bestand an COGITIN und ftacftfe angestrengt
nach. Es lag klar auf der Hand, daß eine
wahllose Anwendung seines Mittels zu Un-
möglichkeiten führen mußte. Denn die Intelli-
genz konnte doch nur von Wert fein, wo sie
der Dummheit gegenüberstand. Man mußte
ein neues Mittel finden, das nur bei von Natur
aus geistig veranlagten Menschen wirkte. Bei
den Versuchen, dieses Nebenhormon zu finden,
erfand Reveller einen neuen Sprengstoff, mit
dem verglichen Roburit und Ekrasit ziemlich
harmlose Pulver waren. Er stellte jedoch von
diesem Stoff vorsichtshalber nur so viel her,
als nötig war, um die COGITIN-Werke in die
Luft zu sprengen.-
Gleichzeitig mit den Berichten über die furcht-
bare Explosionskatastrophe, der die Fabrik von
W. C. Morris zum Opfer gefallen war, mel-
deten die Zeitungen, daß John D. Reveller,
der bekannte und verdienstvolle Gelehrte, spur-
los verschlvunden sei.
TRECKELTIED
VON M. MÜLLER GRÄHLERT
Ick kenn ein Lied, dat klingt so seut
Un iS doch so vull Tranen
%Un iS doch so vull Trurigkeit
Un heimlich DodeSahnen.
Wenn mit de schöne Sommertied
De Vögel von uns scheiden,
Denn klingt dat Lied, dat seute Lied,
Up alle Wisch' un Weiden.
In Wellenbrand un WagenbruS,
In Blaum- un Bläderfallen,
In Kraunenschrie un Stormgesus
Hürst du dat Lied denn schallen.
Un dörch de Nebel, dicht un grieS,
Del still in'n Schummern trecken,
Da flüstert dat so sacht un lies
Un will din' Sehnsucht wecken.
De Sehnsucht, grot un unbestimmt, —
Wona? — Du kannst t nich nennen,
Un Trurigkeit di öwerkümmt,
Worüm? — Du deist ’t nich kennen.
Di iS dat Herz so swer, so wiet,
Un dine Tranen glieden,
As wir de schöne Sommertied
Llp ewig von di schieden.
Aö würdst du nie un nümmermihr
De Swoelken werreseihn'n, —
As wullt uck dine Seel von hier
In frömde Firnen tein'n.
Dat iS dat Lied, dat seute Lied,
Vull TrennungSweih un Tran'n,
Wenn in de Tied, de Treckeltied,
De Freuden von uns gahn'n.
627
dem Schüler seinen Kathederplatz eingeräumt
und seinerseits aus dem Platze des Schülers
dessen Vortrag gelauscht.
Für Neoeller konnte es keinem Zweifel unter-
liegen, daß der Junge COGITIN zu sich ge-
nommen haben müsse. Schwere Bedenken stiegen
atif, ob er richtig gehandelt hatte, als er seine
Entdeckung vorbehaltlos an W. C. Morris
oerkaust hatte.
Dann besuchte ihn ein Bekannter, der
Schriftsteller Paddington. „Ich bin geflohen!"
erklärte ihm Herr Paddington. Mein Haus iß
belagert von Verlegern, die das alleinige Ver-
lagsrecht an meinen Werken erwerben wollen.
Denken Sie sich, ich nehme seit einiger Zeit
COGITIN — Sie werden es kaum kennen —,
und ich habe, durch dieses Mittel angeregt,
einen Roman geschrieben, der mir selbst weit
weniger gefiel als meine vorher geschriebenen
Bücher, Und nun findet ausgerechnet dieses
Buch einen solchen Anklang. Verstehen Sie
das?"
Reveller lächelte trübe und gab zu, daß er
das auch nicht verstehe. In der Folge erfuhr
er allerlei Dinge, die ihn mit schwerer Besorg-
nis erfüllten. Bei einer Verhandlung gegen
einen so gut wie überführten Gangster hatte
der Angeklagte im Gerichtssaal einem GlaS-
röhrchen einige Tabletten entnommen und diese
verschluckt. Die Befürchtung, er habe Gift ge-
nommen, erwies sich als unbegründet. Hingegen
hatte er plötzlich begonnen, eine Verteidigungs-
rede zu halten, durch die alle Argumente der
Anklage erschüttert wurden. Die scharfsinnig-
sten Beweise der Richter hatte er zu wider-
legen gewußt, so daß man ihn freisprechen
mußte.
Dann traf Reveller ein harter Schlag. Er
mußte eö erleben, daß seine eigenen Kinder
sich unbotmäßig gegen ihn benahmen. DaS
Schlimmste dabei war, daß sie recht hatten
und ihm logische Fehler ln seinen ErziehungS-
inaßnahmen glatt Nachweisen konnten. Wie
hatte er auch nur COGITIN-Tabletten offen
auf dem Schreibtisch liegen lassen können? —
Es mußte etwas geschehen, um das Unheil ab-
zuwenden, das er kommen sah.
Also verzehrte Reveller den noch vorrätigen
Bestand an COGITIN und ftacftfe angestrengt
nach. Es lag klar auf der Hand, daß eine
wahllose Anwendung seines Mittels zu Un-
möglichkeiten führen mußte. Denn die Intelli-
genz konnte doch nur von Wert fein, wo sie
der Dummheit gegenüberstand. Man mußte
ein neues Mittel finden, das nur bei von Natur
aus geistig veranlagten Menschen wirkte. Bei
den Versuchen, dieses Nebenhormon zu finden,
erfand Reveller einen neuen Sprengstoff, mit
dem verglichen Roburit und Ekrasit ziemlich
harmlose Pulver waren. Er stellte jedoch von
diesem Stoff vorsichtshalber nur so viel her,
als nötig war, um die COGITIN-Werke in die
Luft zu sprengen.-
Gleichzeitig mit den Berichten über die furcht-
bare Explosionskatastrophe, der die Fabrik von
W. C. Morris zum Opfer gefallen war, mel-
deten die Zeitungen, daß John D. Reveller,
der bekannte und verdienstvolle Gelehrte, spur-
los verschlvunden sei.
TRECKELTIED
VON M. MÜLLER GRÄHLERT
Ick kenn ein Lied, dat klingt so seut
Un iS doch so vull Tranen
%Un iS doch so vull Trurigkeit
Un heimlich DodeSahnen.
Wenn mit de schöne Sommertied
De Vögel von uns scheiden,
Denn klingt dat Lied, dat seute Lied,
Up alle Wisch' un Weiden.
In Wellenbrand un WagenbruS,
In Blaum- un Bläderfallen,
In Kraunenschrie un Stormgesus
Hürst du dat Lied denn schallen.
Un dörch de Nebel, dicht un grieS,
Del still in'n Schummern trecken,
Da flüstert dat so sacht un lies
Un will din' Sehnsucht wecken.
De Sehnsucht, grot un unbestimmt, —
Wona? — Du kannst t nich nennen,
Un Trurigkeit di öwerkümmt,
Worüm? — Du deist ’t nich kennen.
Di iS dat Herz so swer, so wiet,
Un dine Tranen glieden,
As wir de schöne Sommertied
Llp ewig von di schieden.
Aö würdst du nie un nümmermihr
De Swoelken werreseihn'n, —
As wullt uck dine Seel von hier
In frömde Firnen tein'n.
Dat iS dat Lied, dat seute Lied,
Vull TrennungSweih un Tran'n,
Wenn in de Tied, de Treckeltied,
De Freuden von uns gahn'n.
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