Sann fiopftz eS Mieder. Sö flapffe nun
schon zum drittenmal aus dieselbe be) andere
Weise: „ddddd—d" — fünf rasch aufeinander-
folgende Schlage' und ein etwas verzögerter,
etwas härterer sechster Schlag. Ein Signal?
Ein verabredetes Klopfzeichen? — bind wich-
tiger: Freund oder Feind? — — —
Ein Freund hätte auf unfern Zuruf geant-
wortet! — Ein Feind... — was denn für ein
Feind?! Höchstens doch ein Gelegenheitsdieb,
der erproben wollte, ob das Zelt vielleicht ver-
lassen stände, bind so einer hätte ja nach dem
ersten Anruf nicht weiter geklopft! Trotzdem,
ich rief noch einmal und kroch mit der Taschen-
lampe hinaus.
Es war niemand da. Natürlich.
Aber während ich die Gegend ableuchtete,
klopfte es wieder, diesmal mit einem hölzernen
Klang, eilig und dringlich: ddddd—d".
Ich faßte nach den Spannleinen, ob sie sich
vielleicht in der Feuchtigkeit zusammenzögen
und in den Holzklemmen nachrutschten. Es
taute stark, daS fühlte ich, wie ich auf allen
Vieren herumkroch. Es war nur unwahr-
scheinlich, daß dieses Nachgeben und Nutschen
im Holz mit so regelmäßigen Geräuschen ver-
bunden war. Immerhin — eS gibt ja noch
mehr Sachen, die rutschen und die sich zu-
sammenziehen und die sich spannen und ver-
zerren und die schaukeln oder schwanken und
klappern und ticken können .. .
Ich teilte meiner Frau den Gedanken von
den Spannern mit: „Es ist kein Mensch!"
sagte ich, „also ist eS nichts Gefährliches! —
Es ist unwahrscheinlich, daß meine Erklärung
zufällig gerade daS Richtige trifft, aber eS
wird etwas ähnliches fein, und darum können
wir ruhig einschlafen."
Als in diesem Angenblick wieder einmal daS
Krötengelächter anfbrandete, fuhr ich doch zu-
sammen — eö kam mir anzüglich vor.
„Habe ich etwas bbnvernünftiges gesagt?"
fragte ich, und meine Frau erwiderte:
„Nein, etwas sehr Vernünftiges, etwas
leider nur Vernünftiges! Senn Vernunft und
Einschlafen haben nicht viel miteinander zu Lun!"
Sie hatte recht. Wir konnten nicht ein-
schlafen. Wir konnten keineswegs einschlafen.
— Solange der Krötenpfuhl johlte, hielten wir
uns wütend die Ohren zu. — Verstummten die
Kröten, dann lauschten wir angespannt, ob es
nicht bald wieder klopfen wollte. — SaS süße
Läuten einer fernen Glockenunke konnte uns
nicht trösten. — Wenn eS aber klopfte .. .!
Es klopfte von hinten und vorne ans Zelt,
es klang neuerdings sogar von unten herauf,
besonders laut — teils hölzern, teils metallisch
und teils wie auf prallem Trommelfell. Wir
hörten alles genau, und unsere Gedanken liefen
aufgestört durcheinander, um der grundlosen
Furcht Herr zu werden, die langsam herauf-
wuchs . ..
Einen kleinen, hilflosen Gedanken griff ich
mir auS dem Wirrwarr in meinem Kopf und
hielt ihn mir vor die Augen: fernes Schnell-
feuer!
Fernes Schnellfeuer? — „ddddd—d" klopfte
es deutlich unter meinem Kopfbündel,
„ddddd—d" pochte eS unverkennbar oben am
Zelt, „ddddd—d" hämmerte es aufgebracht im
Bambus des Zeltstabes. Aber ich versuchte, mir
fernes Schnellfeuer vorzustellen; ich wollte
mich erinnern, in einer Zeitung gelesen zu
haben, daß weiter oben, bei Lauenförde und
Beverungen, Nachtübungen sein sollten. Ich
bewies mir endlich meinen Mut und kroch noch
einmal aus dem Schlafsack und auS dem Zelt,
um in die Ferne zu lauschen.
„ddddd—d" — das war an der linken Zelt-
wand, und nirgends sonst!
„ddddd—d" — mit neuer Klangfarbe —
war daS an unferm Boot? Aber es war nicht
genau festzustellen, die Kröten legten los:
„Keckeckeckex..."
Ich lag wieder. Ich mochte meiner Frau
nicht sagen, woran ich jetzt dachte. Sie Ein-
samkeit wuchs mir über den Kopf...
„Ach Gott! Wir müssen ja noch die Kilo-
meter für unfern Ausflug zählen!" sagte meine
Frau plötzlich.
„Natürlich!" sagte ich, wenn eS mir auch
überraschend kam. Ich machte daS Licht an.
Ich war froh, eine Beschäftigung zu haben.
„SaS ist der ,Vogler' — der Dogelherd,
wo Herr Heinrich gesessen hat!" zeigte meine
Frau auf der Landkarte.
„Sa werden wir uns hinsetzen und warten,
bis jemand kommt und schwenkt die Fähnlein
bunt..."
D, wie munter plauderten wir, wenn eS
auch Mühe kostete!
„Weißt du übrigens, warum die Kröten
lachen?"
„Hm?" machte meine Frau.
„Weil sie wahrscheinlich mitangesehen haben,
wie Münchhausen sich am Zopf auS dein
Sumpf zog!" — Ich versuchte, das alte Ge-
spräch fortzusetzen.
„Hm!" machte meine Frau.
„SieseS Abenteuer ist nämlich ganz gewiß
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schon zum drittenmal aus dieselbe be) andere
Weise: „ddddd—d" — fünf rasch aufeinander-
folgende Schlage' und ein etwas verzögerter,
etwas härterer sechster Schlag. Ein Signal?
Ein verabredetes Klopfzeichen? — bind wich-
tiger: Freund oder Feind? — — —
Ein Freund hätte auf unfern Zuruf geant-
wortet! — Ein Feind... — was denn für ein
Feind?! Höchstens doch ein Gelegenheitsdieb,
der erproben wollte, ob das Zelt vielleicht ver-
lassen stände, bind so einer hätte ja nach dem
ersten Anruf nicht weiter geklopft! Trotzdem,
ich rief noch einmal und kroch mit der Taschen-
lampe hinaus.
Es war niemand da. Natürlich.
Aber während ich die Gegend ableuchtete,
klopfte es wieder, diesmal mit einem hölzernen
Klang, eilig und dringlich: ddddd—d".
Ich faßte nach den Spannleinen, ob sie sich
vielleicht in der Feuchtigkeit zusammenzögen
und in den Holzklemmen nachrutschten. Es
taute stark, daS fühlte ich, wie ich auf allen
Vieren herumkroch. Es war nur unwahr-
scheinlich, daß dieses Nachgeben und Nutschen
im Holz mit so regelmäßigen Geräuschen ver-
bunden war. Immerhin — eS gibt ja noch
mehr Sachen, die rutschen und die sich zu-
sammenziehen und die sich spannen und ver-
zerren und die schaukeln oder schwanken und
klappern und ticken können .. .
Ich teilte meiner Frau den Gedanken von
den Spannern mit: „Es ist kein Mensch!"
sagte ich, „also ist eS nichts Gefährliches! —
Es ist unwahrscheinlich, daß meine Erklärung
zufällig gerade daS Richtige trifft, aber eS
wird etwas ähnliches fein, und darum können
wir ruhig einschlafen."
Als in diesem Angenblick wieder einmal daS
Krötengelächter anfbrandete, fuhr ich doch zu-
sammen — eö kam mir anzüglich vor.
„Habe ich etwas bbnvernünftiges gesagt?"
fragte ich, und meine Frau erwiderte:
„Nein, etwas sehr Vernünftiges, etwas
leider nur Vernünftiges! Senn Vernunft und
Einschlafen haben nicht viel miteinander zu Lun!"
Sie hatte recht. Wir konnten nicht ein-
schlafen. Wir konnten keineswegs einschlafen.
— Solange der Krötenpfuhl johlte, hielten wir
uns wütend die Ohren zu. — Verstummten die
Kröten, dann lauschten wir angespannt, ob es
nicht bald wieder klopfen wollte. — SaS süße
Läuten einer fernen Glockenunke konnte uns
nicht trösten. — Wenn eS aber klopfte .. .!
Es klopfte von hinten und vorne ans Zelt,
es klang neuerdings sogar von unten herauf,
besonders laut — teils hölzern, teils metallisch
und teils wie auf prallem Trommelfell. Wir
hörten alles genau, und unsere Gedanken liefen
aufgestört durcheinander, um der grundlosen
Furcht Herr zu werden, die langsam herauf-
wuchs . ..
Einen kleinen, hilflosen Gedanken griff ich
mir auS dem Wirrwarr in meinem Kopf und
hielt ihn mir vor die Augen: fernes Schnell-
feuer!
Fernes Schnellfeuer? — „ddddd—d" klopfte
es deutlich unter meinem Kopfbündel,
„ddddd—d" pochte eS unverkennbar oben am
Zelt, „ddddd—d" hämmerte es aufgebracht im
Bambus des Zeltstabes. Aber ich versuchte, mir
fernes Schnellfeuer vorzustellen; ich wollte
mich erinnern, in einer Zeitung gelesen zu
haben, daß weiter oben, bei Lauenförde und
Beverungen, Nachtübungen sein sollten. Ich
bewies mir endlich meinen Mut und kroch noch
einmal aus dem Schlafsack und auS dem Zelt,
um in die Ferne zu lauschen.
„ddddd—d" — das war an der linken Zelt-
wand, und nirgends sonst!
„ddddd—d" — mit neuer Klangfarbe —
war daS an unferm Boot? Aber es war nicht
genau festzustellen, die Kröten legten los:
„Keckeckeckex..."
Ich lag wieder. Ich mochte meiner Frau
nicht sagen, woran ich jetzt dachte. Sie Ein-
samkeit wuchs mir über den Kopf...
„Ach Gott! Wir müssen ja noch die Kilo-
meter für unfern Ausflug zählen!" sagte meine
Frau plötzlich.
„Natürlich!" sagte ich, wenn eS mir auch
überraschend kam. Ich machte daS Licht an.
Ich war froh, eine Beschäftigung zu haben.
„SaS ist der ,Vogler' — der Dogelherd,
wo Herr Heinrich gesessen hat!" zeigte meine
Frau auf der Landkarte.
„Sa werden wir uns hinsetzen und warten,
bis jemand kommt und schwenkt die Fähnlein
bunt..."
D, wie munter plauderten wir, wenn eS
auch Mühe kostete!
„Weißt du übrigens, warum die Kröten
lachen?"
„Hm?" machte meine Frau.
„Weil sie wahrscheinlich mitangesehen haben,
wie Münchhausen sich am Zopf auS dein
Sumpf zog!" — Ich versuchte, das alte Ge-
spräch fortzusetzen.
„Hm!" machte meine Frau.
„SieseS Abenteuer ist nämlich ganz gewiß
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