Das Attentat
Dieser Tage traf ich meinen Freund D.,
den Humoristen, de Pen lustige Geschichten rasch
die Runde durch alle humoristischen Zeitschrif-
ten machen.
Nachdenklich saß er im Kaffeehaus, stützte
sorgenschwer den Kops in die Hand und starrte
verzweifelt vor sich hin.
„Gut, daß du kommst!" reichte er mir die
Hand, „mit mir ist's aus!"
„WaS soll daS wieder?" lachte ich.
Er sah mich traurig bekümmert an.
„Lach nicht. .. Wovon ich in Zukunft leben
soll — ich habe keine Ahnung!"
„Aber — aber —", entgegnete ich verdutzt,
„bist du krank?"
„Nein!" seufzte er, „Nein ... Wollte Gott,
ich wäre es, dann wüßte ich wenigstens-
aber hör mich an... Vor drei Wochen las
ich eine Abhandlung über den Humor, In die-
sem Buch stand, daß der Witz eine rebellische
Auflehnung gegen übermächtige, bedrückende
Hemnningen ist, daß er Quellen der Lust er-
schließt, die sonst verpönt, in der humoristisch
sublimierten Form aber erlaubt sind .. . Man
könnte, sagt der Verfasser weiter, den Humor
gewissermaßen als einen Gnadenakt des Freud-
schen Tlber-Jck/ auffassen, dieses .llber-JckH
daS gleichsam eine höhere Bewußtsein-Instanz
bildet, die am bewußten Ich eine oft unerbitt-
lich rigorose Kritik übt, und verinuten, daß eS
sich dabei um einen geglückten AuSgleichsver-
such zwischen miteinander ringenden, guanti-
tativ annähernd gleichstarken Triebregungen
handelt!"
Er hielt erschöpft inne.
„Na und?" fragte ich verblüfft, „waS hat
das mit deiner trübseligen Laune zu tun?"
„DaS fragst du noch?" versetzte er zitternd
vor Empörung, „daS Buch hat mir ganz be-
stimmt irgendein boshafter Konkurrent in die
Hände gespielt; denn seit ich weiß, woher die
Duellen des Humors sprudeln, fällt mir nichts
mehr ein!"
Ii. K. B.
Parfümerie Viennois
In einem Parfümeriegeschäft der inneren
Stadt, so zwischen Ring und Stephansplatz,
läßt sich eine vollfette Dame, das goldgcrandete
Lorgnon zwischen den fleischigen Fingern, alle
Wohlgerüche Arabiens vorführen.
Der Tag ist schwül, die Dame schwitzt , und
der Verkäufer, geduldig wie ein weißeS Lämm-
chen, übt, höflich lächelnd, stundenlang Dienst
am Kunden.
„Bitte, gnädige Frau", preist er daS hun-
dertste Parfüm an, „vielleicht Jvoire... Jvoir
ijt augenblicklich sehr en vogue ... ein an-
genehmes Parfüm —"
„Es kostet?"
„Zweiundzwanzig Schilling, gnädige Frau!"
„Zweiundzwanzig Schilling .. . Und was
können Sie mir sonst noch empfehlen?... Du
lieber Gott, ist das heute ein heißer Tag.. .
Schrecklich. .. Ein intensiveres Parfüm, Sie
verstehen —"
„Bitte sehr, gnädige Frau, daS Aller-
neueste ... Mitsouko — ein Duft deS fernen
Ostens —"
„Da schau, Müller hat seiner Frau ein Auto gekauft.“
„Der Gauner — vor drei Wochen hat er sie in clie Lebensversicherung auf-
nehmen lassen.“
„Hm — zu mild —"
„— oder L’heure bleue ... L'lieure bleue
ist ein individuelles Parfüm, äußerst gelungene
Du ft k ompost t io 11 — "
„Kann man's versuchen?"
„Jawohl, gnädige Frau, bitte —", zieht der
Verkäufer lammSgeduldig den Glasstöpsel aus
dem Probefläschchen, „— ich glaube, dieses
Parfüm wird Ihren Wünschen entsprechen —"
„Schwach —" schnuppert die Dame mit
wei tg eö fn e t e n Nüstern.
„Ich kann eö der gnädigen Frau wärmstenS
empfehlen. . ." rafft der Verkäufer feine letz-
ten Kräfte zusammen, „alle unsere Kundinnen
kaufen L’heure bleue!"
„WaS kostet das Flakon?" fragt die Dame
immer noch schnuppernd.
„Fünfundvierzig Schilling!"
„Fünfundvierzig Schilling!" seufzt die Dame,
„alles zu teuer, viel zu teuer ... Haben Sie
nichts Stärkeres und Billigeres?"
Da schaut sich der verzweifelte Verkäufer
im Laden um, schüttelt den Kopf und leise,
ganz leise flüstert er der Dame zu:
„Gnädige Frau, wenn Sie mir folgen, gehen
Sie baden, das kommt billiger!"
II. K. B.
Liebe
Sie zum Bräutigam: „Denk' dir nur, Papa
mußte leider in Ausgleich gehen!"
Er: „Habe ich nicht immer gesagt, er würde
schon ein Mittel finden, uns zu trennen?!"
Tr a u e r
Maud ist der Mann gestorben.
.Maud trauert zwei Jahre.
„Sie haben sehr lange um Ihren Manu
getrauert, Maud!"
Maud nickt:
„Ja. Das schwarze Kleid hat sich ausge-
zeichnet getragen." /• h. r.
Aufwand
Der Beamte brummte:
„Ihre Steuererklärung steht in keinem Ver-
hältnis zu Ihrem Aufwand. Wir wissen genau,
daß Sie sich voriges Jahr einen neuen Wagen
gekauft haben. Wir wissen ferner, daß Sie sich
ein Wochenendhaus bauen ließen und damit
einen der namhaftesten Architekten beauftragten.
Wir wissen, daß Sie sich auS Hamburg tausend
Importen, auS Bingen dreitausend Flaschen
Wein kommen ließen. Wir wissen ..."
Der Steuerzahler lächelte:
„Wissen Sie auch, ob ich das alles auch
bezahlt habe?" /• h. r.
Splitter
Gerade wenn man am längsten s ch w a n k t,
welchen von zwei Wegen man gehen soll, ijt
es meist ganz gleichgültig, weil beide
falsch sin d.
*
Sein erstes W e r k schafft das Talent, nach-
dem es eingefehen hat^ daß es kein G e n i e ijt.
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Dieser Tage traf ich meinen Freund D.,
den Humoristen, de Pen lustige Geschichten rasch
die Runde durch alle humoristischen Zeitschrif-
ten machen.
Nachdenklich saß er im Kaffeehaus, stützte
sorgenschwer den Kops in die Hand und starrte
verzweifelt vor sich hin.
„Gut, daß du kommst!" reichte er mir die
Hand, „mit mir ist's aus!"
„WaS soll daS wieder?" lachte ich.
Er sah mich traurig bekümmert an.
„Lach nicht. .. Wovon ich in Zukunft leben
soll — ich habe keine Ahnung!"
„Aber — aber —", entgegnete ich verdutzt,
„bist du krank?"
„Nein!" seufzte er, „Nein ... Wollte Gott,
ich wäre es, dann wüßte ich wenigstens-
aber hör mich an... Vor drei Wochen las
ich eine Abhandlung über den Humor, In die-
sem Buch stand, daß der Witz eine rebellische
Auflehnung gegen übermächtige, bedrückende
Hemnningen ist, daß er Quellen der Lust er-
schließt, die sonst verpönt, in der humoristisch
sublimierten Form aber erlaubt sind .. . Man
könnte, sagt der Verfasser weiter, den Humor
gewissermaßen als einen Gnadenakt des Freud-
schen Tlber-Jck/ auffassen, dieses .llber-JckH
daS gleichsam eine höhere Bewußtsein-Instanz
bildet, die am bewußten Ich eine oft unerbitt-
lich rigorose Kritik übt, und verinuten, daß eS
sich dabei um einen geglückten AuSgleichsver-
such zwischen miteinander ringenden, guanti-
tativ annähernd gleichstarken Triebregungen
handelt!"
Er hielt erschöpft inne.
„Na und?" fragte ich verblüfft, „waS hat
das mit deiner trübseligen Laune zu tun?"
„DaS fragst du noch?" versetzte er zitternd
vor Empörung, „daS Buch hat mir ganz be-
stimmt irgendein boshafter Konkurrent in die
Hände gespielt; denn seit ich weiß, woher die
Duellen des Humors sprudeln, fällt mir nichts
mehr ein!"
Ii. K. B.
Parfümerie Viennois
In einem Parfümeriegeschäft der inneren
Stadt, so zwischen Ring und Stephansplatz,
läßt sich eine vollfette Dame, das goldgcrandete
Lorgnon zwischen den fleischigen Fingern, alle
Wohlgerüche Arabiens vorführen.
Der Tag ist schwül, die Dame schwitzt , und
der Verkäufer, geduldig wie ein weißeS Lämm-
chen, übt, höflich lächelnd, stundenlang Dienst
am Kunden.
„Bitte, gnädige Frau", preist er daS hun-
dertste Parfüm an, „vielleicht Jvoire... Jvoir
ijt augenblicklich sehr en vogue ... ein an-
genehmes Parfüm —"
„Es kostet?"
„Zweiundzwanzig Schilling, gnädige Frau!"
„Zweiundzwanzig Schilling .. . Und was
können Sie mir sonst noch empfehlen?... Du
lieber Gott, ist das heute ein heißer Tag.. .
Schrecklich. .. Ein intensiveres Parfüm, Sie
verstehen —"
„Bitte sehr, gnädige Frau, daS Aller-
neueste ... Mitsouko — ein Duft deS fernen
Ostens —"
„Da schau, Müller hat seiner Frau ein Auto gekauft.“
„Der Gauner — vor drei Wochen hat er sie in clie Lebensversicherung auf-
nehmen lassen.“
„Hm — zu mild —"
„— oder L’heure bleue ... L'lieure bleue
ist ein individuelles Parfüm, äußerst gelungene
Du ft k ompost t io 11 — "
„Kann man's versuchen?"
„Jawohl, gnädige Frau, bitte —", zieht der
Verkäufer lammSgeduldig den Glasstöpsel aus
dem Probefläschchen, „— ich glaube, dieses
Parfüm wird Ihren Wünschen entsprechen —"
„Schwach —" schnuppert die Dame mit
wei tg eö fn e t e n Nüstern.
„Ich kann eö der gnädigen Frau wärmstenS
empfehlen. . ." rafft der Verkäufer feine letz-
ten Kräfte zusammen, „alle unsere Kundinnen
kaufen L’heure bleue!"
„WaS kostet das Flakon?" fragt die Dame
immer noch schnuppernd.
„Fünfundvierzig Schilling!"
„Fünfundvierzig Schilling!" seufzt die Dame,
„alles zu teuer, viel zu teuer ... Haben Sie
nichts Stärkeres und Billigeres?"
Da schaut sich der verzweifelte Verkäufer
im Laden um, schüttelt den Kopf und leise,
ganz leise flüstert er der Dame zu:
„Gnädige Frau, wenn Sie mir folgen, gehen
Sie baden, das kommt billiger!"
II. K. B.
Liebe
Sie zum Bräutigam: „Denk' dir nur, Papa
mußte leider in Ausgleich gehen!"
Er: „Habe ich nicht immer gesagt, er würde
schon ein Mittel finden, uns zu trennen?!"
Tr a u e r
Maud ist der Mann gestorben.
.Maud trauert zwei Jahre.
„Sie haben sehr lange um Ihren Manu
getrauert, Maud!"
Maud nickt:
„Ja. Das schwarze Kleid hat sich ausge-
zeichnet getragen." /• h. r.
Aufwand
Der Beamte brummte:
„Ihre Steuererklärung steht in keinem Ver-
hältnis zu Ihrem Aufwand. Wir wissen genau,
daß Sie sich voriges Jahr einen neuen Wagen
gekauft haben. Wir wissen ferner, daß Sie sich
ein Wochenendhaus bauen ließen und damit
einen der namhaftesten Architekten beauftragten.
Wir wissen, daß Sie sich auS Hamburg tausend
Importen, auS Bingen dreitausend Flaschen
Wein kommen ließen. Wir wissen ..."
Der Steuerzahler lächelte:
„Wissen Sie auch, ob ich das alles auch
bezahlt habe?" /• h. r.
Splitter
Gerade wenn man am längsten s ch w a n k t,
welchen von zwei Wegen man gehen soll, ijt
es meist ganz gleichgültig, weil beide
falsch sin d.
*
Sein erstes W e r k schafft das Talent, nach-
dem es eingefehen hat^ daß es kein G e n i e ijt.
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