Weiter nischt?
Der bekannte Schriftsteller und
Kritiker Paul Lindau mußte einst
in der Wirtschaft eines kleinen
Bahnhofes auf einen Zug war-
ten. Da betritt ein sehr feudaler
Herr, Typ Gardekavallerie, den
Saal, winkt dem Kellner und
näselt: „Kellner, möchte Mittag-
essen, was haben Se denn?"
Der Kellner: „Wir haben
Tagessuppe, Bouillon mit Ei."
Der Herr: „Weiter nischt, iS
ja jräßlich!"
Der Kellner: „Dann haben
wir Kotelett, Goulasch oder
Rindsroulade."
Der Herr: „Weiter nischt, iS
ja jräßlich!"
Der Kellner: „Ich kann Ihnen
Eierspeisen empfehlen, Rührei,
Spiegelei usw."
Der Herr: „Weiter nischt, iS
ja jräßlich!"
Paul Lindau hört vom Neben-
tisch diesem Zwiegespräch zu,
winkt dem Kellner und näselt
ebenso: „Kellner, möchte Mittag-
essen, waS haben Se denn?"
Der Kellner: „Wir haben
Tagessuppe, Bouillon mit Ei."
Paul Lindau: „Weiter nischt,
iS ja jräßlich!"
Da springt der feudale Herr
aus, geht aus Paul Lindau zu
und sagt: „WaS fällt Ihnen ein,
mein Herr, mich hier kopieren
zu wollen; wissen Sie nicht, daß
ich der Fürst von Hohenstein-
Lichtenberg bin?!"
Daraus Paul Lindau: „Weiter
nischt, iS ja jräßlich!"
Man will sie in einem Hausen Marodeure gesehen haben, die nicht
lange nachher unweit deS Schlachtfeldes von Lützen nach fürsorglicher
Seelentröstung durch einen Feldgeistlichen von kursächsischen Truppen
an einer halbzerschossenen Eiche am Halse ausgehangen wurden.
Aber der SchoriSmuS gleichet der Hydra, der für jedes abgeschlagene
Haupt zwei neue nachwachsen. Zwar solange Rose und ich noch in
Jena weilten, wurden wir in Frieden gelassen. Bald nachher aber
stellten sich die alten Mißbräuche wieder ein und haben sich, wie ich
höre, an allen hohen Schulen noch bis zum heutigen Tage erhalten,
wenn auch vielleicht nicht ganz so grausam und greulich wie in jenen
Zeiten des Krieges, den man jetzt den Dreißigjährigen nennt. Ja, ich
habe sogar erst unlängst vernommen, daß zu Halle die Füchse selber
sich gegen die Edikte auslehnten, die eine wohlmeinende weltliche und
akademische Obrigkeit zu ihrem Schutze erlassen hatten, woraus denn
als allgemeiner Zug der Menschheit wenigstens hierzulande erhellt, daß
viele sich gern drangsalieren und mit Füßen treten lassen, wenn anders
ihnen nur die Aussicht bleibt, dereinst den lieben Nächsten in gleicher
Weise traktieren zu dürfen- \
Hier endet die Auszeichnung, die der ehrwürdige Herr Lorenz Niske,
Pastor emeritu8 zu Eilenburg in Sachsen, im Frühling des Jahres
1700, einige Tage vor seinem Tode, auf lose Blätter schrieb, die erst
mehr als zweihundert Jahre später in der Kursürstenbibel des Verstor-
benen ausgefunden wurden.
Musikalische Raritäten
Folgende Lieder fanden sich einst in einem Musikalien-Kataloge:
Ich bin ein freier Mann und singe für 5 Sgr.
Ärmchen von Tharau vierhändig.
Es waren einmal zwei Schwestern für gemischten Chor.
Aus, tapfere Brüder, sammelt euch 7^2 Sgr.
Der Feind ist da, die Schlacht beginnt mit Violinbegleitung.
Fordere Niemand l\ Sgr.
Gott erhalte Franz den Kaiser vierstimmig.
Einsam bin ich doppelchörig.
Was ist des Deutschen Vaterland? Gemischter Chor.
Blaue Augen sind gefährlich für Streichinstrumente.
Drei rmlntere Burschen saßen achthändig für zwei PianosorteS ein-
gerichtet.
Was klappert am Dach mit Gitarre.
Gib, blanker Bruder, gib mir Wein für vollständiges Orchester.
Im tiefen Keller sitz ich hier Solo mit Viola.
„D i e gute Partie"
Cin talentierter Sänger, dessen Frau eine schlechte Schauspielerin ist,
komint zum Intendanten und klagt, daß man „Madame" die Rolle der
Lady Milford verweigert hat. „DaS ist doch die beste Partie meiner
Frau, Herr Intendant!"
„Sie irren, mein Lieber", entgegnete dieser sarkastisch, „Ihre Gattin
hat nur eine gute Partie aufzuweisen, und das sind Sie!" F. II. S.
664
Der bekannte Schriftsteller und
Kritiker Paul Lindau mußte einst
in der Wirtschaft eines kleinen
Bahnhofes auf einen Zug war-
ten. Da betritt ein sehr feudaler
Herr, Typ Gardekavallerie, den
Saal, winkt dem Kellner und
näselt: „Kellner, möchte Mittag-
essen, was haben Se denn?"
Der Kellner: „Wir haben
Tagessuppe, Bouillon mit Ei."
Der Herr: „Weiter nischt, iS
ja jräßlich!"
Der Kellner: „Dann haben
wir Kotelett, Goulasch oder
Rindsroulade."
Der Herr: „Weiter nischt, iS
ja jräßlich!"
Der Kellner: „Ich kann Ihnen
Eierspeisen empfehlen, Rührei,
Spiegelei usw."
Der Herr: „Weiter nischt, iS
ja jräßlich!"
Paul Lindau hört vom Neben-
tisch diesem Zwiegespräch zu,
winkt dem Kellner und näselt
ebenso: „Kellner, möchte Mittag-
essen, waS haben Se denn?"
Der Kellner: „Wir haben
Tagessuppe, Bouillon mit Ei."
Paul Lindau: „Weiter nischt,
iS ja jräßlich!"
Da springt der feudale Herr
aus, geht aus Paul Lindau zu
und sagt: „WaS fällt Ihnen ein,
mein Herr, mich hier kopieren
zu wollen; wissen Sie nicht, daß
ich der Fürst von Hohenstein-
Lichtenberg bin?!"
Daraus Paul Lindau: „Weiter
nischt, iS ja jräßlich!"
Man will sie in einem Hausen Marodeure gesehen haben, die nicht
lange nachher unweit deS Schlachtfeldes von Lützen nach fürsorglicher
Seelentröstung durch einen Feldgeistlichen von kursächsischen Truppen
an einer halbzerschossenen Eiche am Halse ausgehangen wurden.
Aber der SchoriSmuS gleichet der Hydra, der für jedes abgeschlagene
Haupt zwei neue nachwachsen. Zwar solange Rose und ich noch in
Jena weilten, wurden wir in Frieden gelassen. Bald nachher aber
stellten sich die alten Mißbräuche wieder ein und haben sich, wie ich
höre, an allen hohen Schulen noch bis zum heutigen Tage erhalten,
wenn auch vielleicht nicht ganz so grausam und greulich wie in jenen
Zeiten des Krieges, den man jetzt den Dreißigjährigen nennt. Ja, ich
habe sogar erst unlängst vernommen, daß zu Halle die Füchse selber
sich gegen die Edikte auslehnten, die eine wohlmeinende weltliche und
akademische Obrigkeit zu ihrem Schutze erlassen hatten, woraus denn
als allgemeiner Zug der Menschheit wenigstens hierzulande erhellt, daß
viele sich gern drangsalieren und mit Füßen treten lassen, wenn anders
ihnen nur die Aussicht bleibt, dereinst den lieben Nächsten in gleicher
Weise traktieren zu dürfen- \
Hier endet die Auszeichnung, die der ehrwürdige Herr Lorenz Niske,
Pastor emeritu8 zu Eilenburg in Sachsen, im Frühling des Jahres
1700, einige Tage vor seinem Tode, auf lose Blätter schrieb, die erst
mehr als zweihundert Jahre später in der Kursürstenbibel des Verstor-
benen ausgefunden wurden.
Musikalische Raritäten
Folgende Lieder fanden sich einst in einem Musikalien-Kataloge:
Ich bin ein freier Mann und singe für 5 Sgr.
Ärmchen von Tharau vierhändig.
Es waren einmal zwei Schwestern für gemischten Chor.
Aus, tapfere Brüder, sammelt euch 7^2 Sgr.
Der Feind ist da, die Schlacht beginnt mit Violinbegleitung.
Fordere Niemand l\ Sgr.
Gott erhalte Franz den Kaiser vierstimmig.
Einsam bin ich doppelchörig.
Was ist des Deutschen Vaterland? Gemischter Chor.
Blaue Augen sind gefährlich für Streichinstrumente.
Drei rmlntere Burschen saßen achthändig für zwei PianosorteS ein-
gerichtet.
Was klappert am Dach mit Gitarre.
Gib, blanker Bruder, gib mir Wein für vollständiges Orchester.
Im tiefen Keller sitz ich hier Solo mit Viola.
„D i e gute Partie"
Cin talentierter Sänger, dessen Frau eine schlechte Schauspielerin ist,
komint zum Intendanten und klagt, daß man „Madame" die Rolle der
Lady Milford verweigert hat. „DaS ist doch die beste Partie meiner
Frau, Herr Intendant!"
„Sie irren, mein Lieber", entgegnete dieser sarkastisch, „Ihre Gattin
hat nur eine gute Partie aufzuweisen, und das sind Sie!" F. II. S.
664