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Schatten als Motiv

Die Schattenzeit ist da! Schattenzeit? —
Die Sonne bewirkt durch ihren niedrigen
Stand auch während der Mittagsstunden
draußen schöne Schatten, die allerdings am
frühen Vormittag oder späten Nachmittag
noch prächtiger werden. Im Sommer haben
wir solche Schatten nur an wenigen Stunden
des Tages. Jetzt aber können wir zu jeder
Zeit hinausgehen. Immer werden sie uns
begegnen.

Schatten haben fotografisch einen ganz
besonderen Reiz. Erst durch ihre Anwesen-
heit entstehen die Lichter und alles das,
was ein Bild lebendig macht. Denn der
Gegensatz Hell — Dunkel bewirkt ja den
eigentlichen Bildgehalt. Schatten können so
schön sein, daß sie schon allein sprechen.
Und da sie gerade eine ganz besondere
Beziehung zur Fotografie haben, soll man
sie schon für sich als Motiv nehmen.

Schatten lassen sich nicht nur mit Kunst-
licht gestalten. Wer die Augen offen hat,
wird sie auch draußen im Freien finden.
Hier treten sie uns zum Unterschied von
der Heimlampe ganz anders gestaltet auf;
wir stehen vor einem Gebiet, das durch
seinen Reichtum an Abwechslung nie ver-
siegt.

Schatten wollen aber auch verstanden

sein, damit wir sie als ein kleines Erlebnis
auf unseren Film bannen. Dabei kommt es
ganz darauf an, wie wir sie auffassen. Sie
können entweder auftreten als Ornament
oder lineares Element. Oft ist beides ge-
mischt. Dann läßt sich durch die Art und
Weise der Darstellung ein Faktor besonders
betonen, dem sich dann zwangsläufig der
andere unterordnet. Den ornamentalen
Schatten fotografieren wir frontal, direkt
von vorn. Dabei werden wir eine Auf-
nahme gegen das Sonnenlicht anfertigen,
müssen. Wir gelangen also zu einer reinen
Gegenlichtaufnahme, dessen technische
Durcharbeitung verstanden sein will, um
ein gutes Ergebnis zu liefern. Reichliche
Belichtung und zarte Entwicklung sind Vor-
aussetzung. Die Verwendung einer Doppel-
schichtemulsion kann zum Erfassen der
feinsten Tonunterschiede wesentlich bei-
tragen. Denn hier werden die dunklen Par-
tien von der oberen, höchstempfindlichen,
die Lichter aber von einer zweiten, weniger
empfindlichen Schicht aufgebaut, die dar-
unter liegt.

Zur Darstellung des linearen Gehaltes
werden wir dafür Sorge zu tragen haben,
daß eine klare Linienführung in die Tiefe
des Bildes entsteht. Sie muß das Auge beim
Betrachten mitreißen und dadurch ein Stück
Plastik ausdrücken. Der Linie können ganz

verschiedene Inhaltswerte eigen sein. Das
Weihevolle, das Gesetzte stehen im krassen
Gegensatz zum Dynamischen, zum Schwung-
vollen. Jenes verlangt einen elementaren
Aufbau, bei dem Waagerecht und Senkrecht
in der Hauptsache vorherrschen; dieses
findet seine Verkörperung am besten in
einer kühnen Diagonalen, um die sich alles
andere gruppiert. Ist sie gebogen, so herrscht
das Schwungvolle vor.

Schatten sollen, um wirksam zu sein,
nicht als schwarze Linien und Klexe ohne
Details erscheinen. Auch sie verlangen eine
feine Zeichnung in deutlichen rI onabstufun-
gen. Diese machen vielfach erst den eigent-
lichen Wert des Schattens aus. Damit wir
die Tonunterschiede klar erfassen, bestim-
men wir die Belichtungsezit nach den
Schatten. Wer sich nach Tabellen richtet,
verdoppelt oder verdreifacht die gefundenen
Werte. Das ist das ganze Geheimnis.

Schatten können auch grotesk oder lustig
sein. Oft geben sie irgendwie ein verzerrtes
Bild eines Gegenstandes oder Menschen,
und dann entstehen solche Formen. Auch
das knipst man. So als Karikatur nebenher!
Denn gerade solche Fotos sind oft die
eigentlichen Schlager, die eine Bildersamm-
lung erst interessant und wertvoll machen

Unser Fotos Lehrgang

4. Folge.

Für die Wahl des Standortes ist die Perspektive von Bedeutung.
Sie richtet sich ganz danach, ob Sie das Gebäude direkt von vorn
oder etwas seitlich gesehen darstellen wollen. Es ist hierzu allge-
mein zu sagen, daß eine seitliche Perspektive ein interessanteres
Bild ergibt. Stellen Sie sich genau vor der Architektur auf, so
wird sie symmetrisch und damit langweilig. Am einfachsten über-
zeugen Sie sich von all diesem selbst mit Hilfe des Suchers Ihrer
Kamera, während die Feineinstellung später erfolgt. Benutzen Sie
den Brillantsucher, so müssen Sie senkrecht von oben hinein-
schauen, weil das Bild sonst schwer erkennbar ist.

Im allgemeinen ist das Bild im Brillantsucher sehr klein, was
natürlich die Kontrolle erschwert. Doch läßt sich vielfach mit
einer absetzbaren Sucherlupe bedeutend leichter arbeiten, weil
hierdurch das Bild vierfach vergrößert wird.

Wie stellen wir nun die Kamera auf bzw. nehmen wir sie in die
Hand? Da gibt es bei den einzelnen Modellen kleine Unterschiede;
doch eines gilt für alle: Die Kamera muß vor allem waagerecht
gehalten werden. Geschieht das nicht, so bekommen Sie solche
Bilder wie unser hier vorgeführter Amateurfotograf. Je nachdem,
ob die Kamera nach oben oder unten gehalten wird, laufen die
Senkrechten im Bilde nach oben oder unten zusammen, während
sie doch eigentlich in Wirklichkeit parallel sind.

Doch hier gleich nebenbei: Es gibt auch Ausnahmen. Wenn Sie
einen Blick von einem Turm herab oder zu ihm hinauf darstellen,
so ist eine geeignete Perspektive notwendig. Sie gibt dann besser
den Eindruck der Tiefe bzw. Höhe wieder, und die Bilder wirken
bedeutend lebendiger. Aber das sind besondere Fälle, deren An-
wendung schon etwas Beherrschung des Bildmäßigen voraussetzt.

Wenn Sie ein Stativ benutzen, so kann Ihnen eigentlich die
waagerechte Aufstellung nicht schwer fallen. — Viele Kameras
besitzen eine Libelle, die eine Möglichkeit zu entsprechender Kon-
trolle gestattet. Das wird für Aufnahmen aus der Hand wichtig sein.

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