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Auch der Himmel mischt sich drein.

Sieh, die Wetterwand, die fahle!

(Es donnert.)

Michel, treib die Kuh herein,

Donner poltern überm Tale!

Gott im Himmel, welch Geschrei
Aus dem Berge, bei dem Felsen,

Auch ein Weibsbild ist dabei,

Wie sie sich im Staube wälzen!

Da— ein Blitz, oh, der schlug ein,

Wird doch keiner troffen sein!
Viehhändler:

Oh, was hat man Euch gemacht,

Hab im nahen Wald geschlafen,

Kam nicht weiter gestern nacht.

Frau:

Herr, als wir uns gestern trafen
War uns hold und gut das Glück —

Ach! Ihr wollt die Kuh zurück!
Viehhändler:

Wenn Ihr Unglück habt, so seid
Ihr nicht fähig, sie zu halten. —

Frau:

Straft uns nicht bei allem Leid!

Lieber Herr, o laßt's beim alten!
Viehhändler:

Führt sie nur gleich her am Strick!

Frau:

Wollt Ihr uns nicht mehr vertrauen?
Viehhändler:

Frau, Euch traf das Mißgeschick!

Frau:

Zwischen Nacht und Morgengrauen!

(Kentaurengeschrei: „Horrido!")

O welch Gesd)rei!

Viehhändler:

Großer Moses, steh mir bei!

(Kentaur und Nymphe eilen vor-
über.)

Nymphe:

Starker, Mächtiger, laß mich los!
Kentaur:

Schwing dich flugs auf meinen Rücken!
(Ab.)

Viehhändler:

Liebe Frau, ich werd mid) drücken,

Bin kein Freund von Hieb und Stoß!

Mit dem Rindvieh bleibt's beim alten!
(Ad.)

Frau:

Gott Lob, daß wir es behalten!

(Grob und der Faun verfolgen den
Kentaur.)

Grob:

Drauf! Es ist nichts zu verlieren!

Wart, id) krieg dich, geiler Hengst!

Frau:

Mann, verloren sind wir längst!

Oh, was willst du noch riskieren?

(Leide ab.)

(Unerwartet erscheint der Pfarrer.)
Pfarrer:

Gott zum Gruß! — WaS geht hier vor?
Hollengeister, Teufel, Hexen,
Pferdemänner, Drachen, Ed)sen,

Die man ehemals beschwor!

Treibt man frevelnd Zauberei? —

Halt, da bin id) auch dabei!

Will mal kräftig exorzieren!

Hexenkunst und Zauberei

Darf im Sprengel nid)t florieren!

Frau:

Herr, ich Hab ihm abgeraten,

Dod) wer hört auf eine Frau!

Pfarrer:

Büßt nur mit für seine Taten!

Frau:

Ach, er hielt sich für so schlau.

(Donner und Lütz.)

Pfarrer:

Gott im Himmel, welch Getöse,

Blitz und Donner, Knall und Krad)!

Ist denn gar die Hölle wach?
Aufersteht allhier der Böse!

(Orob eilt freudig herzu.)

Grob:

Gottes Zorn hat eingegriffen,

Plötzlid) hat ein sd)arfer Blitz
Diesem Vieh ums Ohr gepfiffen
Und getötet von der Hitz
Sank es hin, verbrannt, gebräunt...
Dod) wem steh' ich gegenüber?

Pfarrer:

Deinem Seelenhirt, mein Freund!
Drunter geht es hier und drüber!
Triebst du frevelnd Zauberei?

Grob:

Herr, 's war nicht viel Kunst dabei!
Pfarrer:

Willst du, was du tatest, sagen?

Grob:

Ei, id) tat, wie Ihr', gelehrt...
Pfarrer:

Ich — gelehrt? —

Grob:

Vor wenig Tagen.

War mir aud) Erfolg besd)ert.

Seht, wie meine Wiesen stehn!

Pfarrer:

Sag mir, Grob, was ist gesd)ehn?
Grob:

Hab der lieben, heiligen Theres
Ein Brandöpferd)en gebracht...
Pfarrer:

Unfirm! Meinte doch die — Ceres!
Grob:

Dacht mir's, daß Ihr Eud) verspracht!

Pfarrer:

Niemals! Nein!

Grob:

Der Opferrauch

Freute sie, sie half ja auch!

Plötzlich bohrten Wasseradern
Sich ein Loch durch Felsenquadern —
Niederstäubten Wasserwogen,

Unö ein Ouell, ein schlanker Bogen
Glänzte silbern in der Luft,

Stand im Regenbogendust!

Pfarrer:

-0h, Ihr macht mich stutzig, Mann!
Grob:

Sollt es I h r unmöglich sein?!
Pfarrer:

Wenn es nützte — freilich — dann
Griff gewiß die Heilige ein!

Grob:

Seht das glitzernde Gewimmel
Kleiner Bäd)lein durd) das Gras!
Pfarrer:

Unerforschlich ist der Himmel,
Gotteswunder nenn' ich das!

Schlugt Ihr auch die Höllengeister
Aus dem Felde? Ist's gewiß?

Grob:

Herr, Sie wurden mir nicht Meister!
Pfarrer:

s ist der Haß der Finsternis,

Der sie antrieb zu vernichten,

Was die Heilige Euch geschenkt!

Grob:

Dieses kleine Haus, bedenkt,

Ist leicht wieder aufzurjchten.

Freu' mid), daß die Felsenquelle
Fließt und daß das Kühlein frißt —
Weib, räum auf! Wo ist die Kelle?
Pfarrer:

Meines Amtes aber ist,

Diesen Wunderquell zu weihen —
Grob:

Ihr beschämt uns!

Pfarrer:

Keinen Grund!

bind den Tag zu benedeien,

Wo der Segen uns erstund!

Frau:

Bracht' er uns auch Ungemach!

Frau:

Weib, noch heut flick ich das Dad)!
Pfarrer:

Mit der ganzen Dorfgemeinde
Fahnen und Musik voraus,

Machen jedes Jahr wir eine
Wallfahrt aus dem Dorf hinaus
Zu dem lauteren, wunderbaren
„Quell der Heiligen Therese",

Daß, wer krank und hoch in Jahren,
Neu am LebenSquell genese! —
Michel:

Mutter, schau, der — böse Stein!
Frau:

Bringt ihn her!

Pfarrer:

Ihm sei verzieh'n!

Grob:

'S ist ein Stein. Wir mauern ihn
In die neue Stallwand ein,

Dort wird er uns nicht erschrecken —
Frau:

Und die Kuh kann Salz draus lecken!

F i n i s.

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Elsa Niemeyer-Moxter: Illustration zum Text "Der Opferstein"
 
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