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wegen seiner Brieftasche, als in seinem —
Weltbild. Ein Norweger! Ein Norweger!
DaS kann nicht mehr Zufall sein. DaS i)f
geheime Verabredung, Verschwörung. . .

Er schenkte sich den Besuch Norwegens. Er
schenkte sich alles weitere. Reiste mit seiner
Tochter, so sehr sie sich auch sträubte, unver-
züglich in die Heimat zurück.

Er war verzweifelt. Seine Gesundheit um-
gestoßen. 2^1 den Stellagen seiner Weltbild-
Registratur, die er im Laufe eines langen,
gewissenhaften Lebens mühevoll aufgebaut und
geordnet hatte, begann es zu zittern und zu
wanken. Das ganze Archiv ging krachend aus
den Fugen. Die Akten, die so säuberlich regi-
striert waren, purzelten auf einmal durchein-
ander und vermengten jich: „die" Franzosen,
die Mathematiker, die Politiker, die Schweizer,
die Friseure, — — — alles verwuchs und
durchdrang sich zu häßlich abenteuerlichen
Mißgestalten und Zwittergeburten. Er konnte

es nicht fassen: Die Welt wagte es, gegen sein
Weltbild aufzubegehren! Die Welt machte jich
von seinem Weltbild unabhängig, machte Welt-
bild-Revolution — ungeheuerlich!

Der Geheim rat fand keinen Schlaf mehr.
Zergrübelte seinen verstörten Kopf, was er
nun tun sollte. Denn schließlich in u ß t e er
doch etwas dazu tun. Sollte er sich vielleicht
■— das Leben nehmen? llnmöglich, dazu war
er zu alt und würdig. Oder sollte er — ver-
rückt werden? Nein, dazu stand sein Verjtand
allzu unverrückbar fest. Er wählte einen
dritten Ausweg:

Er schrieb ein 1200 Seiten starkes Buch:
„Die Entartung Europas. Versuch einer syste-
matischen Darstellung der fortschreitenden Ver-
bildungskrise des europäischen Menschen in
biologischer, charakteriologischer und psycho-
logischer Beziehung".

Nun erst fand er seine Ruhe wieder. Sein
Weltbild war endgültig wieder hergestellt.

^eitgenÖ88i8cber Dialog

(Frei nach Schiller)

N e gus : Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt,
der weite Weg, Graf Mussolini, ent-
schuldigt Euer Säumen .. .

M u s s 0 l i n i : Die schönen Tage von Addis
Abeba sind nun vorüber, Eure Kaiser-
liche Hoheit...

N e g u s : Nicht diese Töne, mäßige dicb,

Duce, ich duld' eS nicht, ich kann in diesem
Ton nicht mit mir reden hören!

M u s s 0 l i n i : Ich lebte still und harmlos,
das Geschoß, war auf die Tier' der Wüste
nur gerichtet — —

N eguS : Da kamst du!

Mussolini: Wo alles haßt, kann Benito
allein nicht lieben.

N e g u S : Ist das eine Armee von Christen?

M u s s 0 l i n i : Du weißt, der schrecklichste
der Schrecken, das ist der Mensch in
seinem Wahn .

N eg u S : Zur Sache, wenn's beliebt!

M u f s 0 l i n i : Nun, ich gedenke einen langen
Krieg zu tun, denn ...

N e g u S : Holder Friede, süße Eintracht!

Nc u j f v l i n j : DaS Geseß hat noch keinen
großen Mann gebildet, aber die Freiheit
brütet Koloße und Extremitäten aus!

N e g u S : Tröste dich, Duce, du wirst uns
nimmermehr . ..

Mussolini: Noch in der Wüste pflanz'
ich die Hoffnung auf.

N e g u S : Was willst du mit Abessinien,
sprich!

M u s s 0 l i n i : Das Land mit Granaten
bestreu n.

N eg u S : Das wirst du noch einmal bereu n.

M u s s 0 l i n i : Pöbelweisheit! Pöbelfurcht!

NeguS: Halten zu Gnaden, Ew. Eminenz,
aber Ohrfeig um Ohrfeig, das ist so
Brauch bei unS.

M u s s 0 l i n i : Du bist blaß, mein NeguS?

N e g u S : Der Mohr hat feine Schuldigkeit

getan.

Mussolini: Quid faciemus nos?

NeguS: Contenti estote, Euch begnügt...

M lt ss 0 lini : Die Botschaft hör' ich wohl,
allein mir fehlt der Glaube.

NeguS: blm ein paar tausend lumpige

Ouadratkilometer...

M u s s 0 l i n i : Öffnen Sie Ihr Land!

NeguS: Mein Duce, laß unS der alten
engen Ordnungen gering nicht achten.

M u f s 0 l i n i : Llnter Larven die einzig

fühlende Brust!

NeguS: Mein Duce, es ist nicht immer

möglich — — —

Mussolini: Steige du auf Schandsäulen
zu den Gipfeln des Ruhms!

NeguS: Völkerbund, ich habe das meinige
getan, tun Sie das Ihre!

M uffolinl: Treibt man so mit dem
Völkerbund Spott?

NeguS: AuS dein Leben heraus sind der
Wege zwei dir geöffnet, in die Wüjte
führt einer, der andre nach Haus!

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Register
Beatrice Hauck: Bildnis
[nicht signierter Beitrag]: Zeitgenössischer Dialog
 
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