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Die Säge nahm auch die steinharte Wurzel;
sie winselte nur aus und für einen Augenblick
stockte ihr Gang.

„Sie we.'nt ja", sagte der Skeptiker. „Eine
deutsche Säge würde nicht weinen. Eine
deutsche Säge nimmt sogar einen feuchten
Eichenstamm."

„Unsere auch!"" brüllte Tomka. Er war in
Schwung gekommen und schob seine Mütze
weit in den Nacken zurück. „Her mit dem
feuchten Stamm!"

Man brachte sofort einen riesigen, mit
Wasser vollgesogenen Klotz. Die Säge ging
sofort langsamer. Sie stöhnte und zitterte wie
ein fieberndes Lebewesen. Dennoch bewältigte
sie auch das feuchte Eichenholz.

„So etwas!" sagte verwundert der Skep-
tiker. „Hat sich nicht verkutzt. Und wird sie
auch das schlucken?"

Er hob eine Konservenbüchse vom Boden
auf und warf sie unter die stählernen Zähne.
Mit einem entrüsteten Aufschrei biß die Säge
die Dose entzwei. Da begannen die Leute,
voller Neugier, der Säge in den Rachen zu
werfen, was ihnen in die Hände kam: Nägel,
Drähte, Ziegelsteine... Die Säge krächzte und
stöhnte, zerschnitt aber alles, was ihr in die
Nähe kam.

„Sie nimmt alles!" rief Tomka in hellem
Entzücken. „Für die ist sogar eine Eisenschiene
ein Kinderspiel!"

„Dann werden wir ihr so etwas zum Dessert
geben", sagte der Kleine. „Ob sie auch das
schluckt?" '

Er nahm eine dicke Eisenstange und jagte sie,
unterstützt von zwei freiwilligen Helfern in
einen Holzklotz. Dann hoben sie zu dritt das
schwere Stück und legten es unter die Säge.

„Nut Gott!" sagte der Kleine.

Alles blickte gespannt auf die Säge, die mit
Leichtigkeit daö Holz zerschnitt. Als sie jedoch
die Eisenstange erreicht hatte, glitt sie einige
Male zähnefletschend darüber. Dann vernahm
man ein Krachen, ein Zahn sprang heraus und
flog zur Seite, dann ein zweiter, ein dritter .. .
Die Maschine blieb stehen. Der verstümmelten
Säge fehlten sechs Zähne, die anderen waren
verbogen und verdreht.

„Also doch zu schwach!" sagte befriedigt der
Skeptiker. „Und dabei haben wir dafür sicher
eine Menge Rubel bezahlt — unsere hartver-
dienten Rubel,.."

Der Mechaniker lief herbei.

„Was habt ihr denn dan angestellt?" rief er
außer sich.

„Wir haben sie ja nur ausprobiert", ant-
wortete der Kleine verlegen.

Ganz gleich

Friedrich der Große hatte einen Leib-
kutscher namens Christian Pfunf, der
in seinem Berufe sehr tüchtig war. Deshalb
ertrug er geduldig feine sackgrobe Art, die er
sich nicht abgewöhnen ließ. Als diese aber
schließlich Formen annahm, die allen Respekt
vermissen ließen, schickte er ihn zur Strafe nach
S p a n d a u. Mehrere Monate darauf
besichtigte Friedrich diese Festung und erblickte
seinen Kutscher, den er längst entbehrte, wie er
gerade in der Karre ging. Leutselig fragte er
ihn: „Nun, Christian, wie geht'ö?" — „Wie
soll S gehn?" antwortete der Gefangene un-
freundlich. „Es ist nur ganz gleich, ob ich
Euer Majestät fahre oder Dreck." — Friedrich
lachte laut über seinen unverbesserlichen Kut-
scher und sagte: „Er ist frei, Christian! Fahr'
er lieber wieder den König." W.

Photos

Photos sind die schönste Reiserinnerung. Des-
halb kaufte sich Herr Hirsch auf dem Wege
zum Bahnhof schnell noch eine Kamera, bind
er knipste, was das Zeug hält. Nach der Rück-
kehr zeigte er Tante Emma voller Stolz die
Bilder. Tante Emma betrachtete das erste und
sagte beifällig:

„Sehr hübsch! Wirklich sehr hübsch! Aber
warum hast du dir auf der Reise einen
Schnurrbart stehen lassen?"

„Wieso Schnurrbart?" sagt Herr Hirsch
gekränkt. „Das ist doch Berchtesgaden mit
dem Watzmann!"

Operotion

Ein geiziger und ausschließlich für sein Eigen-
wohl besorgter Patient fragte den berühmten
Professor Sauerbruch gegen Ende einer längeren
Konsultation:

„Ist die Operation auch nicht lebensgefähr-
lich?"

„3 ivo", entgegnete der Professor, „für
hundert Mark können Sie doch keine lebens-
gefährlichen Operationen verlangen!"

Die R eis e

„Ich möchte den Herrn Doktor sprechen".

„Herr Doktor ist leider verreist."

„Wie schade! ^ch wollte nur meine Rech-
nung bezahlen!"

„Bitte einzutreten, Herr Doktor kommt in
fünf Minuten von der Reise zurück!"

Die U h r

„Heute habe ich eine alte blhr auf der Ver-
steigerung erstanden, aber man muß nüt ihr
umzugehen wissen. . . Wenn nämlich die Zeiger
auf zwei l.lhr weisen, schlägt das Werk fünf-
mal und dann ist es genau Mitternacht!"
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[nicht signierter Beitrag]: Die Uhr
[nicht signierter Beitrag]: Die Reise
[nicht signierter Beitrag]: Operation
[nicht signierter Beitrag]: Photos
[nicht signierter Beitrag]: Ganz gleich
Johann Mutter: Am Bach
 
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