Im Hafen
Heinz Kistler
SIN
Herr Siebzehner, der mir entgegen kam,
lachte schon von weitem: „Hohohihi, herrlich,
daß ich Sie tresse! Sie haben ja immer so
lustige Einfälle, und ich lache für mein Leben
gern! Keine Ausflüchte gebrauchen — Sie er-
zählen mir jetzt einen guten Witz! Los!"
Ich erzähle Witze leidenschaftlich ungern.
Aber Herr Siebzehner ist einer jener Menschen,
gegen die man sich nicht wehren kann.
Während er meinen Arm nimmt und mich
mit sich zieht, beginne ich:
„Se. Exzellenz, der Herr Divisionskomman-
dant inspiziert die Jnfanteriekaserne: Stal-
lungen, Mannschaftszimmer, Kanzleien —
alles. Auf seinem Rundgang gelangt er auch
in den Probesaal der Regimentskapelle. Dort
hält der Kapellmeister gerade die erste Probe
zur Dannhäuser-Ouvertüre. Natürlich klappt
die Sache noch nicht ganz, und der Kapell-
N FÜR HUMOR
Q’o„ QOilLL, JZ&kJ,
erg
meister muß mehrmals abklopfen, um die
betreffende Stelle wiederholen zu lassen. Se.
Exzellenz hört sich das eine Weile an und wird
sichtlich immer ungehaltener. Schließlich — eine
Stelle muß zum drittenmal wiederholt werden
— donnert er gerade über das Büßermotiv
hinweg: „Schande fürs Regiment! Das haben
ja die Zivilisten in der Staatsoper besser
gespielt!"
Ich bin zu Ende mit meinem Witz, und Herr
Siebzehner hat nicht ein einzigeSmal gelacht.
Im Gegenteil, er war immer ernster, immer
elegischer geworden. Ein paar. Schritte zieht er
mich noch mit sich, dann hält er plötzlich und
meint sinnend: „Der Divisionskommandant. . .
Komisch ..."
„Nicht wahr, Herr Siebzehner — sehr
komisch?"
„Nö, nö — nicht Ihr Witz!" schüttelt er
lebhaft sein Haupt. „Komisch ist, daß der
Divisionskommandant. . . Schließlich pflegen
doch Divisionskommandanten nicht unange-
meldet Kasernen zu inspizieren. . ."
„Gott, Herr Siebzehner, das ist ja auch nur,
damit der Witz..."
„Witz hin — Witz her ... Aber selbst wenn
der Divisionskoniandant tatsächlich unangesagt
inspiziert hätte.. . Bitte, ich billige Ihnen diese
Lizenz zu, damit Sie Jh^" Witz anbringen
können... Aber vorher, nicht wahr —
vorher hat er doch schon die Stallungen, die
MannschastSzimmer, die Kanzleien und waS
weiß ich noch alles besucht. Das haben Sie
doch zu Anfang selbst zugegeben? Wie? Na
also! Da wird doch um Himmels lvillen jemand
in den Probesaal stürzen und sagen: Kinder,
probt rasch etwas Geläufiges, der Divisions-
kommandant ist da! Oder nicht?"
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Heinz Kistler
SIN
Herr Siebzehner, der mir entgegen kam,
lachte schon von weitem: „Hohohihi, herrlich,
daß ich Sie tresse! Sie haben ja immer so
lustige Einfälle, und ich lache für mein Leben
gern! Keine Ausflüchte gebrauchen — Sie er-
zählen mir jetzt einen guten Witz! Los!"
Ich erzähle Witze leidenschaftlich ungern.
Aber Herr Siebzehner ist einer jener Menschen,
gegen die man sich nicht wehren kann.
Während er meinen Arm nimmt und mich
mit sich zieht, beginne ich:
„Se. Exzellenz, der Herr Divisionskomman-
dant inspiziert die Jnfanteriekaserne: Stal-
lungen, Mannschaftszimmer, Kanzleien —
alles. Auf seinem Rundgang gelangt er auch
in den Probesaal der Regimentskapelle. Dort
hält der Kapellmeister gerade die erste Probe
zur Dannhäuser-Ouvertüre. Natürlich klappt
die Sache noch nicht ganz, und der Kapell-
N FÜR HUMOR
Q’o„ QOilLL, JZ&kJ,
erg
meister muß mehrmals abklopfen, um die
betreffende Stelle wiederholen zu lassen. Se.
Exzellenz hört sich das eine Weile an und wird
sichtlich immer ungehaltener. Schließlich — eine
Stelle muß zum drittenmal wiederholt werden
— donnert er gerade über das Büßermotiv
hinweg: „Schande fürs Regiment! Das haben
ja die Zivilisten in der Staatsoper besser
gespielt!"
Ich bin zu Ende mit meinem Witz, und Herr
Siebzehner hat nicht ein einzigeSmal gelacht.
Im Gegenteil, er war immer ernster, immer
elegischer geworden. Ein paar. Schritte zieht er
mich noch mit sich, dann hält er plötzlich und
meint sinnend: „Der Divisionskommandant. . .
Komisch ..."
„Nicht wahr, Herr Siebzehner — sehr
komisch?"
„Nö, nö — nicht Ihr Witz!" schüttelt er
lebhaft sein Haupt. „Komisch ist, daß der
Divisionskommandant. . . Schließlich pflegen
doch Divisionskommandanten nicht unange-
meldet Kasernen zu inspizieren. . ."
„Gott, Herr Siebzehner, das ist ja auch nur,
damit der Witz..."
„Witz hin — Witz her ... Aber selbst wenn
der Divisionskoniandant tatsächlich unangesagt
inspiziert hätte.. . Bitte, ich billige Ihnen diese
Lizenz zu, damit Sie Jh^" Witz anbringen
können... Aber vorher, nicht wahr —
vorher hat er doch schon die Stallungen, die
MannschastSzimmer, die Kanzleien und waS
weiß ich noch alles besucht. Das haben Sie
doch zu Anfang selbst zugegeben? Wie? Na
also! Da wird doch um Himmels lvillen jemand
in den Probesaal stürzen und sagen: Kinder,
probt rasch etwas Geläufiges, der Divisions-
kommandant ist da! Oder nicht?"
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