Träume
Sogenannte wahre Geschichten sind selten
wahr. Diese aber ist es wirklich, obwohl sich
der Kronzeuge, der Ordinarius eines kleinen,
österreichischen Gymnasiums, hüten würde, das
zu bestätigen. Auch wenn er eine gewisse Vor-
liebe für flüssige Genußmittel und nächtliche
Unterhaltung keineswegs leugnen würde. Zu
seinem Leidwesen hatte er fast jeden Tag bei
uns schon die erste Stunde, um acht blhr früh,
Latein zu unterrichten und sah daher manch-
mal stark erschöpft aus, wenn er erst am
frühen Morgen seine fröhliche Gesellschaft ver-
lassen hatte, um uns mit Caesar in den Galli-
schen Krieg zu führen. Eines Tages jedoch
hatte er wohl überhaupt daS Bett nicht ge-
sehen und mochte auch sonst wenig Lust spüren,
sich mit unserem Wissen zu plagen. Er ließ
den PrimuS ein Kapitel übersetzen, !vaS dieser
fließend, ohne aufzuhören und in dem gewissen,
einschläfernden Tonfall besorgte.
DaS gedankenvoll gestützte Haupt deS Ordi-
narius sank dabei immer tiefer und ruhte end-
lich friedlich schlummernd und verhalten schnar-
chend auf der Kathederplatte. Ganz leise, nur
kichernd, hielten wir unS mäuschenstill, weniger
aus menschenfreundlichen, denn aus sehr selbst-
süchtigen Gründen, um durch diesen Schlaf des
Gerechten Zeit zu gewinnen, in der wir nicht
geprüft werden konnten.
Endlich aber schien den Schläfer die ver-
dächtige Stille zu stören. Er fuhr plötzlich hoch,
sah wirr und noch nicht ganz erwacht um sich
und brüllte:
„Fräulein, zahlen... !"
h. sehr.
Kunstantiquariat Walz
München NW 2 / A m a I i e n straß e 38
GRAPHIK UND
ZEICHNUNGEN
vom 15. Jahrhundert
bis zur Gegenwart
KUNSTLITERATUR
Letzte Verzeichnisse:
Kunstliteratur (150 Nummern)
Graphik und Zeichnungen (180 Nummern)
Premiere
„Ich gehe grundsätzlich in jede Premiere, um
mitreden zu können!"
„Stört denn daS nicht die Vorstellungen?"
Kindermund
Der kleine Max geht mit seinen Eltern
spazieren. Da erblickt er ein Schild: „Müller
vorm. Schulze". Frägt er: „Warum heißt
denn der Müller vormittags Schulze?"
Im B u ch I a d e n
„Wünschen Gnädige ein Kochbuch zu zehn
oder fünf Mark!"
„Zu fünf Mark — wir sind schwache
Esser!"
*
Die „N eue Badische LandeSzei-
t u n g" schreibt von dem lllnglück eines Stutt-
garter Löwen-DompteurS:
„Als die junge Löwin Ramona, die
zum erstenmal in der Manege war, dem
Kommando, das sie auf ein Postamt
beorderte, nicht gehorchte,- griff der
Dompteur zur Peitsche. In diesem
Moment duckte sich Ramona und
stürzte auf Wessely los . . ."
Wer nie vor Sd)altern wild geworden ist,
werfe den ersten Stein auf die Löwin.
1935 / JUGEND Nr. 53
Sogenannte wahre Geschichten sind selten
wahr. Diese aber ist es wirklich, obwohl sich
der Kronzeuge, der Ordinarius eines kleinen,
österreichischen Gymnasiums, hüten würde, das
zu bestätigen. Auch wenn er eine gewisse Vor-
liebe für flüssige Genußmittel und nächtliche
Unterhaltung keineswegs leugnen würde. Zu
seinem Leidwesen hatte er fast jeden Tag bei
uns schon die erste Stunde, um acht blhr früh,
Latein zu unterrichten und sah daher manch-
mal stark erschöpft aus, wenn er erst am
frühen Morgen seine fröhliche Gesellschaft ver-
lassen hatte, um uns mit Caesar in den Galli-
schen Krieg zu führen. Eines Tages jedoch
hatte er wohl überhaupt daS Bett nicht ge-
sehen und mochte auch sonst wenig Lust spüren,
sich mit unserem Wissen zu plagen. Er ließ
den PrimuS ein Kapitel übersetzen, !vaS dieser
fließend, ohne aufzuhören und in dem gewissen,
einschläfernden Tonfall besorgte.
DaS gedankenvoll gestützte Haupt deS Ordi-
narius sank dabei immer tiefer und ruhte end-
lich friedlich schlummernd und verhalten schnar-
chend auf der Kathederplatte. Ganz leise, nur
kichernd, hielten wir unS mäuschenstill, weniger
aus menschenfreundlichen, denn aus sehr selbst-
süchtigen Gründen, um durch diesen Schlaf des
Gerechten Zeit zu gewinnen, in der wir nicht
geprüft werden konnten.
Endlich aber schien den Schläfer die ver-
dächtige Stille zu stören. Er fuhr plötzlich hoch,
sah wirr und noch nicht ganz erwacht um sich
und brüllte:
„Fräulein, zahlen... !"
h. sehr.
Kunstantiquariat Walz
München NW 2 / A m a I i e n straß e 38
GRAPHIK UND
ZEICHNUNGEN
vom 15. Jahrhundert
bis zur Gegenwart
KUNSTLITERATUR
Letzte Verzeichnisse:
Kunstliteratur (150 Nummern)
Graphik und Zeichnungen (180 Nummern)
Premiere
„Ich gehe grundsätzlich in jede Premiere, um
mitreden zu können!"
„Stört denn daS nicht die Vorstellungen?"
Kindermund
Der kleine Max geht mit seinen Eltern
spazieren. Da erblickt er ein Schild: „Müller
vorm. Schulze". Frägt er: „Warum heißt
denn der Müller vormittags Schulze?"
Im B u ch I a d e n
„Wünschen Gnädige ein Kochbuch zu zehn
oder fünf Mark!"
„Zu fünf Mark — wir sind schwache
Esser!"
*
Die „N eue Badische LandeSzei-
t u n g" schreibt von dem lllnglück eines Stutt-
garter Löwen-DompteurS:
„Als die junge Löwin Ramona, die
zum erstenmal in der Manege war, dem
Kommando, das sie auf ein Postamt
beorderte, nicht gehorchte,- griff der
Dompteur zur Peitsche. In diesem
Moment duckte sich Ramona und
stürzte auf Wessely los . . ."
Wer nie vor Sd)altern wild geworden ist,
werfe den ersten Stein auf die Löwin.
1935 / JUGEND Nr. 53