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§ IE II T IE

Wie wär’s mit Schaufenstern?

Man mag über Schaufenster (insbeson-
dere Modehaus-Schaufenster!) denken wie
man will, — fotografisch sind sie ein wirk-
lich reiches Betätigungsfeld. Wir wollen
also hier ganz ,,Situationen” ausschließen,
wo wir mit unserer Gattin vor einem
solchen „Kundenfänger” stehen und sie ent-
zückt und begeistert ausruft: „Schatz!,

siehst Du diesen reizenden Hut?! Natürlich
siehst Du ihn, wenn Du nur hinschauen
wolltest. — Weißt Du, einen solchen Hut
wünsche ich mir schon lange!”, worauf wir
ihr vorrechnen, daß augenblicklich Ebbe im
Geldbeutel herrscht oder sie bereits sieben
andere Hüte im Schrank habe.

Kurz und gut: Wir wollen uns hier über
das Schaufenster von einem Gesichtspunkte
aus unterhalten, wo auch das „starke Ge-
schlecht” freudig einstimmt, weil es ja um
die Kamera, um die Jagd auf Motive geht.
Und da für derlei Dinge beide Geschlechter
zugleich zu haben sind, wäre somit trotz des
an sich heiklen Themas eine erfreuliche
Brücke geschlagen, die beide zu ihrem Recht
kommen ließe.

Nehmen Sie einmal des Abends, wenn die
Straßen nach Geschäftsschluß schon ein
bißchen unbelebter geworden sind, ihre
Kamera zur Hand, um Schaufenster zu foto-
grafieren. Diese Aufforderung soll hier nicht
die übliche Methode nach sich ziehen, wo
man sein Stativ auf dem Bürgersteig als

Verkehrshindernis aufstellt und nach zehn
Minuten Belichtungszeit aufatmet, daß kein
Schutzmann gekommen ist und wegen Ver-
kehrsstörung Tribut forderte. Uns interes-
siert auch nicht das Gesamte eines Schau-
fensters mit seinen vielen Kleinigkeiten,
sondern uns fesseln Ausschnitte. Dicht, bis
an die Fensterscheibe, werden wir also mit
der Kamera herangehen, um Teile des
Ganzen möglichst groß auf unseren Film zu
bekommen.

Wir fotografieren also etwa das Porträt
einer Modepuppe, die im Kunstlicht des
Schaufensters durchaus wirksam aussehen
kann (und vor allem geduldig in immer der
gleichen Stellung verharrt), oder wir knipsen
kleine Kompositionen aus dem ganzen her-
aus, die ein findiges Auge bald entdecken
wird.

Natürlich arbeiten wir ohne Stativ. Die
Belichtungszeiten sind unter Verwendung
eines höchstempfindlichen, insbesondere
panchromatischen Films (z. B. Perulz-
Peromnia) so kurz, daß es sich noch um
Momentaufnahmen handeln wird. Genaue
Zeiten lassen sich nicht angeben, da die
Lichtverhältnisse schwanken. Nimmt man
für ein mittelhelles Schaufenster und Blende
3,5 etwa 1/10 Sekunde an, so trifft man
meist das Richtige. Zeiten bis zu 1/5 Se-
kunde sind ohne weiteres aus freier Hand zu
belichten. Man darf nur nicht aufgeregt
sein, sondern muß mit der größten Ruhe
vorgehen. Zuschauer bei unserem Tun

dürfen uns auf keinen Fall irgendwie stören;
wir sehen sie einfach nicht«

Mit der Kamera gehen wir so dicht an
das Schaufenster heran — wenigstens trifft
das für die weitaus meisten Fälle zu — daß
die Objektivfassung die Schaufensterscheibe
berührt. Das hat zwei Vorteile. Wir ge-
winnen zunächst einen gewissen Stützpunkt,
der uns einen sicheren Hält gibt. Wir
dürfen nur dabei nicht in Richtung Scheibe
ausrutschen, weil wir sonst u. U. auf
schnellem aber sicherem Wege in nächste
Nähe zu unseren Motiven befördert werden.
Jedenfalls soll man mit Glas keine Kraft-
proben machen.

Der zweite Vorteil liegt in der Vermeidung
von störenden Reflexen. In der Schaufenster-
scheibe spiegeln sich die Lichter und Re-
klamen der Geschäfte auf der gegenüber-
liegenden Straßenseite. Die Spiegelungen
sind sonst nur sehr schwer durch Wahl
eines entsprechenden Aufnahmestandpunktes
aus dem Bildfeld zu bringen; oft ist das
überhaupt nicht möglich. Diese Störenfriede
schalten wir ganz aus, wenn wir uns mit
der Kamera dicht an der Schaufenster-
scheibe befinden, wie das beschrieben
wurde.

Hiermit wären die wichtigsten technischen
Punkte ausgeführt. Zu sagen bleibt lediglich
noch, daß so ein alltägliches Gebiet doch
gestalterische Schule sein kann und in freien
Abendstunden zum Schaffen und Entdecken
anzuregen vermag. Es sollte auch einmal
damit versucht werden. gi—t

(Fortsetzung aus Heft 5)

Für Rollfilm ist diese (oder auch die nächste) Methode voll zu
empfehlen. Nur so werden Luftschleier, Schrammen und Finger-
abdrücke vermieden, die sonst bei der Schalenentwicklung kaum
ausbleiben. Für mehrere Entwickler des Handels sind die Entwick-
lungszeiten bereits in der Gebrauchsanweisung angegeben, so daß
auch hier eine Anpassung an dieses Verfahren spürbar wird.

Tageslicht-Entwicklung

Für Rollfilm gibt es im besonderen Dosen, die neben den schon
erwähnten Handgriffen, die sich bei Tageslicht ausführen lassen,
auch das Einspulen des Filmstreifens in die Dose außerhalb der
Dunkelkammer gestatten. Damit wird überhaupt jede Dunkelkam-
mer entbehrlich. Es wäre falsch, aus dieser Automatisierung
Schlüsse auf notwendige Fehlergebnisse zu machen; zu berück-
sichtigen bleibt, daß heute allein die treffende Belichtungszeit, die
Ia e,r z.u. *ang aJs zu kurz se*n 8oll, ausschlaggebend ist. Diese
Mechanisierung ist sehr zu begrüßen, zumal noch genug Dinge
bleiben, wo Überlegung und bewußte Arbeit ihre Rolle spielen.

Nach der Entwicklung

Die Fixage dient der Auflösung des unbelichteten und demnach
auch ungeschwärzten Bromsilbers. Sie dauert gewöhnlich zehn
Minuten, wobei zu berücksichtigen ist: Wenn gerade eben das gelb-
liche Bromsilber verschwunden ist, was sich von der Rückseite
des Negativs her beobachten läßt, ist die Fixage noch nicht beendet.
Erst danach bilden sich lösliche Salze, die überhaupt eine Aus-
waschung aus der Gelatine nach erfolgter Fixage gestatten. Bei zu
frühzeitiger Unterbrechung der Fixage ist das Negativ nicht haltbar.
Die doppelte Zeit bis zum Verschwinden des gelben Bromsilbers
ist vielmehr erforderlich.

Nach dem Fixieren wird gewässert und getrocknet. Bei Schalen-
wässerung wird das Wasser während einer Stunde mindestens acht-
mal gewechselt. Besser ist Wässerung in fließendem Wasser.
Trocknung erfolgt bei Zimmertemperatur, die stets gleich bleiben
soll. Platten werden auf einen Trockenbock gestellt. Filme mit
Klammern aufgehängt. Überschüssiges Wasser wird vorher ent-
fernt mit einem Bausch aus Fließpapier. Sonst würden an dielen
Stellen helle Flecke durch langsame Trocknung entstehen.

1936 / JUGEND NR. 6/4. Februar 1936

Viertel]ahres'Preis 7 Mar/c, Heft-Preis 60 Pfennig

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