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Soeben erschien:

Otto Mcfmann

Was ich erlebt - was ich erdacht

Gedichte eines Vielgewanderten.

112 Seiten in Ganzleinen M. 1.80.

Aus einem reichen Erleben
heraus sind diese Reime
entstanden, die in ihrer
ungekünstelten Form jeden
ansprechen, der das Leben
ebenso liebt wie der Ver-
fasser. Ein 'Buch und ein
Geschenkband besonders
für die Frau.

Zu haben in den Buchhand-
lungen oder beim Verlag

G. Hirth AG., München. Herrnstraße 10

ihrer Hülle dadurch befreit, offenbarten sie sich
als prachtvolle, gerupfte Fasanen, die dem
Mädchen im Trikot zur sofortigen Zubereitung
übergeben wurden. Die Säulen, denen der
Arrangeur nrit einem Messer die Kanten ent-
lang fuhr, erwiesen sich als hohl, Kisten voller
Champagner standen in ihnen und die Puppe
selbst hielt, wie sich nachträglich herausstellte,
einen Korb voll Faschingskrapfen auf den
Knien. Endlich wurden die rosa Arme in den
Dorhangfalten als pures Marzipan erkannt
und der Jubel schlug in beinah verlegenes
Schweigen um — man sah, daß inan bei einem
wahrhaft königlichen Grandseigneur zu Gaste
war. Als derselbe zum Schluß aus dem Pfcrde-
maul die bewußten Zettel nahm, um sie noch-
mals zu verteilen da waren dieselben leer, also
die Schrift daraus, da sie in synthetischer Tinte
geschrieben, vollkommen verschwunden. Mit
einer großen Schere bewaffnet, versuchte dann
Jeder (bis die Fasanen fertig waren), daraus
Konfetti zu schneiden; und wie inan sich nach
dem Mahl mit Hallo damit bewarf, war die
allgemeine Ansicht die, daß das Ganze erstens
ein überaus gelungenes Fest darstellte, daß cs
jedoch zweitens bedeutend leichter sei, Konfetti
zu Wersen als solches herzustellen. . .

Saphir

Ein Emporkölnmling versäunite keine Gelegen-
heit, mit seiner ärmlichen Jugend zu kokettieren.

„Ja, meine Herrschaften", sagte er, „auch
ich habe ganz klein angesangen. Schon
als junger Mensch wurde eS mir in der
Heimat zu eng und ich wanderte nach England
aus. Mühsam schlug ich mich durch und er-
sparte mir fünfzig Guineen. Mit diesem Kapi-
tal wollte ich wieder zurückreisen, um in meiner
Heimat einen kleinen Handel zu beginnen, als
ich plötzlich krank wurde. Fünf Wochen später
war ich zwar wieder gesund, aber meine fünfzig
Guineen hatte der Arzt verschlungen!"

„Da haben Sie allen Grund gehabt, Gott
zu danken, daß Sie in England krank wurden",
sagte Saphir nachdenklich.

„Wieso?" fragte der Emporkömmling.

„Nun", lächelte Saphir, „für so viel Geld
hätten Sie in Ihrem Heimatdorf mindestens
drei Jahre krank sein müssen!" H.K.B.

Der Unterschied

Leo Slezak, der bekanntlich ganz ausgezeich-
net den Ton des jüdischen Komikers Max
Eisenbach traf und ihn wiederholt paradierte,
wurde von einem Rassegenossen des Wiener
Jargonschauspielers eimnal gefragt: „Ich

staune, Herr Kammersänger, wie großartig
Sie unsere Sprache beherrschen, wo Sie doch

— nebbich — ein waschechter Arier sind!?"
„Da wundern Sie sich, was?" gab ihm

Slezak zur Antwort. „Ja, sehn S', das iS
nämlich s o : i ch kann jiddisch reden und S i e

— müssen!" K.J.

Schmiere

Karl Rößler erzählt:

„Es war an der Knatter, wo wir in einem
lieblichen Spießernest unseren Musentempel
aufgeschlagen hatten. Wir spielten auf der
„Bühne als moralischer Anstalt" den Wallen-
stein. Dem etwas schwerhörigen und durch
seine Trunkliebe nie ganz sattelfesten Tragöden
unserer Truppe sandte der Souffleur oben die
Worte des großen Friedländers auf die mor-
schen Bretter:

Denn aus Gemeinem ist der Mensch
gemacht

Und die Gewohnheit nennt er seine
Amme!

Nut allem Pathos der Überzeugung don-
nerte daraufhin unser Generalissimus in das
Publikum:

Denn auf Gemeinheit ist der Mensch
bedacht

ünd auS Gewohnheit nimmt er sich
ne Amme!" K.J.

Gespräch beim Tanz

„Wissen Sie, wer den Weltrekord im beid-
armigen Drücken hält?"

„Natürlich, der Joses Straßberger, der
Kronenwirt in der Schützenstraße in München."
„Nee. Falsch geraten."

„Bitte: wer denn sonst?"

„Sehen Sie da drüben in der Loge den
Herrn: init einer Dame rechts im Arm, mit
einer Dame links im Arm — das ist der
Weltmeister im beidarmigen Drücken!"

Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen.

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1936 / JUGEND Nr. 7
Register
K. J.: Der Unterschied
K. J.: Schmiere
[nicht signierter Beitrag]: Gespräch beim Tanz
H. K. B.: Saphir
 
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