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I

DAS FEUER

VON HANS FRANCK

Da ich aus Todesfernen in das Land
des Lehens wieder heimgefunden, stand
— als ob Katur um meine Seele wüßte —
dort, wo die Erde ihre Hügelbrüste
dem Himmelbräutigam entgegendehnte,
bis seine Wange zu ihr hin sich sehnte,
ein Feuer, jung und edel, stark und klar,
wie keines ich gesehen all mein Jahr.

Die Felder rings von Sonnenfrüchten leer,
urtief der See wie herbstbesonntes Meer,
darüber unermeßlich blaue Bläue,
die aus dem Schoß der Ewigkeit aufs Neue
mit jedem Atemzuge ward geboren,
bevor von ihrer Reinheit sich verloren
das flüchtigste, das winzigste Atom.

Stille verrauschte silbern wie ein Strom.

Das junge Feuer, das am fernen Rand
des Horizontes stark und gläubig stand,
genährt von dürrem ausgelebtem Leben,
nur nüfyt noch, es dem Tode hinzugeben,
das Feuer ließ gen Gott empor im hohen
Dome des Morgens seine Flammen lohen
und — dienstbar diesem so wie jenem Reich —
war es Vernichtung und Geburt zugleich.

Aus seinem goldnen Haupt entsprang ein Rauch,
licht, leicht und luftig wie des Atems Hauch;
ein Nichts zunächst, ein Wähnen, ein Gedanke,
ein hinundhergewiegtes Traumgeranke;
dann aber — ins Leibhaftige sich wandelnd,
und nun mit Wissen und mit Willen handelnd -
hineingeboren in die Menschenzeit,
dem Schicksal untertan zu Glück und Leid.

Das Feuer riß sich höher himmelan.

Steil stieg der Rauch; entwirbeite, entrann
in reinster Weiße irdischen Geländen.

Doch als er sich vermaß, sein Los zu wenden
und einzugehen in die helle, hehre
Unwägbarkeit, cla war es nichts als Schwere,
und gleich zerwehten Fetten, fahl und grau,
hing er im schwerelosen heiligen Blau.

Er wußte keinen Weg ins Nichts hinaus,
fand vom Unendlichen nicht heim nach Haus,
hing überm See in wirren, dunklen Ballen,

hing da-, hob sich nicht auf, ließ sich nicht fallen;

bis Gott sich des Verlassenen erbarmte
und eine Wolke sandte. Die umarmte
Feuer und Rauch; und jenseits ihres Scheins
war Erd und Himmel, Tod und Leben eins.

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Richard Seewald: Griechische Windmühle
 
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