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DIE IF O I O - S IE II I IE

Die FotoSkizze

Skizzieren heißt üben. Es ist Studium
von Linienaufbau, Struktur und sinngemäß
benutzter Technik. Nicht nur für die grafi-
schen Künste bedeutet Skizzieren wichtige
vorbereitende Arbeit, sondern ebenso‘auch
für die Fotografie.

Die Bedeutung der Fotoskizze wird viel-
fach übersehen. Oft sogar ist sie unbekannt,
man weiß überhaupt nicht von ihrer Exi-
stenz. Man sieht nur die großen Zusammen-
hänge und weiten Bildräume, ohne daß man
aus ihrer Kompliziertheit das Einfache her-
ausschält, um an ihm zu üben, zu skizzieren.

Die Kleinkamera, die Spiegelreflex und die
vielen Kameramodelle, denen große Schuß-
bereitschaft eigen ist, sie wurden nicht
allein „erfunden“, damit der Mensch Leichter
und natürlicher dargesdellt werden konnte,
sondern damit wir auch das Gebiet der
Eotoskizze pflegen. Nebenher, ganz unauf-
fällig und ohne ein bestimmtes Vorhaben
fangen wir sie ein.

Wir müssen bei solchen Aufnahmen
grundsätzlich eines berücksichtigen: Es

darf die zeichnerische Skizze nicht mit der
Foto-Skizze verwechselt werden. Die Foto-
Skizze bezieht sich auf Lichtwerte, auf
Hell und Dunkel und baut aus Helligkeiten
das Bild. Lineare Elemente treten zurück,
wenn sie auch nicht ganz verschwinden und
unbedeutend werden. Sie geben der Foto-
Skizze ihren inneren Halt, das Gefüge.

So sehen wir zugleich, wie die Foto-
Skizze erzieherischen Wert besitzt. Sie
verlangt von uns ein neues Schauen, indem
wir in Helligkeiten denken. Wir begreifen
also im kleinen und belanglosen Knipsen
den eigentlichen gestalterischen Sinn der
Lichtbildnerei. Wenn in diesem Zusammen-
hänge das Wort „Knipsen“ gebraucht wird,
so dürfen wir es nicht verwechseln mit dem
Knipsen, das ein oberflächliches Arbeiten
meint Knipsen heißt skizzieren, hier und
da aus der Mannigfaltigkeit unserer Umwelt
kleinste Ausschnitte herauslösen, die vielen
belanglos erscheinen, für uns aber durch
Licht und Schatten Wert bekommen.

Skizzieren verlangt nach einem neuen
Sehen. Wir müssen gewissermaßen in
Schatten denken. Schatten müssen uns

mehr interessieren als Helligkeiten. Nur so
wird es gelingen, den Wechsel zwischen
Hell und- Dunkel anschaulich zu geben.
Lichter und Helligkeiten sind immer vor-
handen, Dunkelheiten aber treffen wir sel-
tener, müssen wir erst entdecken. Und
diese Suche wird erleichtert, wenn wir
Aufnahme- und Beleuchtungsrichtung gegen-
sätzlich halten. Wir kommen somit zu
Seiten- oder Gegenlicht. Bei Frontlicht
werden niemals Schatten auftreten. Es
fehlt hier der Gegenpol, der notwendig
wird, um die Lichter lebensfähig werden
zu lassen. Denn Licht kann ja erst ent-
stehen durch Schatten, durch Dunkelheit.

An der Foto-Skizze können wir aber
noch mehr lernen. Arbeiten wir unsere
Aufnahmen selbst aus, vergrößern wir sie
selbst, dann gewinnen wir damit einen
bedeutenden Blick für den richtigen Bild-
schnitt. Gerade der Bildschnitt ist für die
Fotografie ja so wesentlich. Er gibt der
Aufnahme ihren letzten Schliff, indem das
Unbedeutende vom Wesentlichen getrennt
wird.

Wir schenken also dem eigentlich Ge-
meinten unsere besondere Aufmerksamkeit,
beschränken uns auf das Hauptmotiv. Alles
Nebensächliche wird rücksichtslos ge-
strichen, und vor uns ersteht ein Stück
Klarheit. So bietet die Foto-Skizze Schulung
für zweierlei Dinge, für Aufnahmetechnik
und richtiges Sehen sowie für zweckmäßige
Ausarbeitung der Aufnahme. Beide Mo-
mente werden allzu leicht vernachlässigt,
und so lohnt es sich schon, wenn wir uns
einmal dazu erziehen, sie ernst zu nehmen
und in ihrer Bedeutung zu erkennen. Nicht
prinzipiell, sondern zwanglos, nebenbei —
eben in der Foto-Skizze. gi—t

„Überbelichtungu u. Überbelichtung

Der Begriff ist ein Wort, in dem ein
Bereich kompliziertester Vorstellungen und
Zusammenhänge kurz und bündig erfaßt
wird. Er entsteht nach einem schon vor-
handenen Etwas, dem wir einen Namen
geben.

Dieses Etwas kann entwicklungsfähig
sein, kann sich ändern. Der Begriff aber
bleibt bestehen, so daß wir häufig in
Schwierigkeiten kommen, indem ein Wort
nicht mehr klar einen Zusammenhang aus-
zudrücken vermag. Gerade die Lichtbild-
nerei macht ständig einen Entwicklungsweg
durch; wir sind noch längst 'nicht am Ende,
und die Technik wird uns in jeder Hinsicht
weiter führen. Auf diese Weise ist es in
der letzten Zeit gekommen, daß der Begriff
„Überbelichtung“ zu einem Schlagwort
wurde, das einer neuen Abgrenzung bedarf,
wenn mit ihm gearbeitet werden soll.

Jeder von uns hat schon einmal etwas
vom Belichtungsspielraum einer Negativ-
Emulsion gehört. Worauf er beruht, ist eine
zweite Frage, über die wir um aus Raum-
mangel erst das nächste Mal unterhalten
können. Durch den Belichtungsspielraum
kommt es der Emulsion zu, jedem Motiv
eine bestimmte Belichtungsspanne zu geben,
indem wir ein gleich gutes Ergebnis erzie-
len, wenn z. B. V25 oder X Sekunde be-
lichtet wird. Unser Belichtungsmesser wird
uns die kürzesfmögliche Zeit angeben.
Belichten wir länger, erhalten wir immer
noch ein tadelloses Negativ. So erstreckt
sich der Belichtungsspielraum bei den
meisten Emulsionen auf eine zehnfache
Spanne, was wir ja jederzeit nachprüfen
können. Der Belichtungsspielraum ist wich-
tig, um uns Sicherheit zu geben.

Sehr oft wird nun schon eine längere
Belichtung, die noch innerhalb des Belich-

tungsspielraumes liegt, als Überbelichtung
bezeichnet. Und das zu Unrecht. Denn das
Ergebnis zeigt ja immer noch ein gutes
Negativ, nicht aber die typische Kraftlosig-
keit, wie sie einer weit über die Grenzen
des Spielraumes belichteten Aufnahme eigen
ist. Wir müssen also scharf trennen zwi-
schen reichlicher und übermäßiger Belich-
tung. Diese verlangt eine spätere Nach-
behandlung, um die Kontraste zu heben,
jene ergibt von sich aus ohne weiteres ein
gutes Negativ.

Ein paar Neuheiten

An neuem Aufnahmematerial erschienen
in letzter Zeit der panchromatische Eisen-
berger-Film und die Derby-Platte von
Kranseder, die sich durch eine hohe Ortho-
chromasie auszeichnet. Eine wichtige
Papieroberfläche brachte die Agfa im Fili-
gran-Papier der Brovira-Serie, die sich
besonders für Kleinbild Vergrößerungen in
mittleren Formaten eignet. Neu ist das
Leigrano-Papier der Leonar-Werke, das im
besonderen für Kleinbildvergrößerungen
geschaffen wurde. Endlich gibt es auch
quadratische Papiere von der Firma Byk,
die ihr Bylei-Papier in den Formaten
18X18, 24X24 und 30X30 cm herstellt. Der
Projektions-Lumimax ist ein Vergrößerungs-
gerät, das nebenbei auch noch zum Proji-
zieren von Diapositiven geeignet ist. Man
kauft also zwei Geräte in einem. Spiegel-
reflex-Kameras 6X6 erfreuen sich 'einer
großen Beliebtheit; an neuen Modellen er-
schienen die Zecaflex, Pilot 6. Primarflex
und Mentorett. Die Spiegelreflex im Mittel-
format wird sich zweifellos zur Kamera der
Zukunft entwickeln. gi—t

Ein Wink fürs Posifiv

Das Gelingen der Kopien und Vergröße-
rungen hängt wesentlich von der Dauer der
Entwicklungszeit des Papiers ab. Sehr oft
wird viel zu kurz entwickelt bzw. zu lange
belichtet. Denn die Entwicklungsdauer
richtet sich ja nach der vorangegangenen
Belichtungszeit. Wir müssen uns grund-
sätzlich für alle Entwicklungspapiere ein-
prägen:

Gaslichtpapier (clas Papier für Kontakt-
drucke) mufs so belichtet werden, daß das
Bild nach einer Minute ausentwickelt ist.
Bei Chlorbromsilber- und Bromsilberpapie-
ren (für Vergrößerungszwecke und gele-
gentlich auch Kontakt drucke) dauert die
Entwicklungszeit zwei Minuten.

Die Einhaltung dieser Zeiten ist nicht nur
für die Erzielung der günstigsten Gradation,
sondern ebenso für einen ansprechenden
Bildton wichtig. Hinzu kommt eine Beach-
tung der Temperatur des Entwicklers. Ganz
allgemein ist für sämtliche fotografischen
Lösungen 18° C die richtige Temperatur.
Steigerung führt im Positivprozeß zu einer
Erhöhung der Härte, kann also richtig an-
gewandt durchaus nützlich sein. Im Negativ-
verfahren muß allerdings von einem Ab-
weichen von der Normaltemperatur abge-
raten werden, da hier die Emulsion allzu
leicht weich wird und dann zerfließt. Ver-
arbeiten wir lieber das Negativ normal und
passen wir ihm das Positivverfahren an.

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„JUGEND“

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1936 / JUGEND NR. 12 / 17. März 1936 Vierteljahres»Preis 7 Mark, Heft»Preis 60 Pfennig

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Redaktioneller Beitrag: Die Foto-Seite
 
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