Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
{foüfibettsbesctoiffatui

Fortsetzung v. S. 521) jj

nach der Ankunft in dem dafür bestimmten Gasthof anstandslos das
Mittagessen. Er aber blieb schweigsam wie zuvor.

Am Nachmittag schlug Kaulbach mit der Begründung, daß Revanche
nötig sei, eine neue Wette vor, über einen breiteren Graben. Preis:
Abendessen nebst eine Flasche Rotspon.

Der Mann erklärte, daß erS ja noch mal probieren könne, sprang
und kam wider alles Erwarten mit Ach lind Krach hinüber; und Kaul-
bach verlor auch diese Wette.

Und so ging das nun Tag für Tag weiter. Kaulbachs Kameraden
hielten bei den Wetten mit, so daß die Kosten sich verteilten. Und das
war gut so.

Die Sache war für sie zu einem aufregenden Spiel und einem Ulk
ersten Ranges geworden. Sie wählten immer breitere Hindernisse. Je-
desmal erwarteten sie, daß der schwere Mann endlich einmal in einen
schlämm- oder wassergesüllten Graben hineinfallen würde. Dies m u ß t e
ja mal kommen, und dann war die Sache einfach unbezahlbar. Jener
kam stets angaloppiert wie ein scheuendes Perd und als ob ein Unglück
passieren sollte. Es sah unsagbar komisch aus. Aber — er landete in
der Art eines Mehlsacks auf ganz unwahrscheinliche Weise letzten Endes
doch immer wieder auf der Gegenseite. Und daS Esten schmeckte ihm
immer besser.

Als man dergestalt bereits das letzte Mittagessen vor Berlin hinter
sich gebracht hatte, entdeckten die Studenten zufällig eine kleine Kies-
grube, wohl sieben Meter breit.

Man fragte den Fremden im Scherz, ob er auch da hinüberspringen
könne.

„Könnt's ja mal versuchen", antwortete er wieder aus seine trottel-
hafte Art. „Aber der Preis muß diesmal etwas höher sein. Ich zahle
euch allen acht Tage lang das Mittagessen nebst Getränken bei Lutter
und Wegner in Berlin, wenn ich — hinüberkomme."

„Die sangen direkt an witzig zu werden", sagte Kaulbach. „Da hin-
über würde ja selbst Aureol nicht kommen!"

Doch da setzte der komische Zweizentnermann bereits zum Sprung an
— aus einmal gar nicht mehr plump wie bisher, sondern mit der Ge-
schmeidigkeit eines Tigers — und flog trotz des dicken Reiseanzugs
plötzlich in hohem Bogen leicht und sicher über die Kiesgrube.

Die Studenten waren wie erstarrt.

„Wer sind Sie?" fragte Kaulbach aufgeregt, voller Bewunderung.

Der Fremde wehrte lächelnd und in der Haltung eines Weltmannes
ab: „Dies sowie die näheren Umstände soll man eigentlich nur bei einer
guten Flasche Wein erzählen. Also morgen bei Lutter und Wegner! Ich

halte Sie dort alle acht Tage frei gemäß den von mir eingegangenen
Bedingungen." Weiter war nichts aus ihm herauSzukriegen.

Aber die Studenten erfuhren es zufällig doch noch früher. Gleich am
Abend gingen sie nämlich in den ZirkuS Renz, damals einen der größten
Anziehungspunkte von Berlin. Und da standen auf einmal in der
Manege zwölf Männer mit aufgepflanzten Bajonetten, und daneben
der dumme August und ein athletischer Clown.

„Gleich werden wir einen ,Ochsen am Spiest haben", sagte der Au-
gust zum Publikum. „Der Stiesel will nämlich da drüber springen."

„Könnt's ja mal versuchen", äußerte eine den Studenten sehr be-
kannte Stimme.

Und dann sahen sie ihren schweren großen Unbekannten über die
zwölf Männer mit aufgepflanzten Bajonetten einen Salto schlagen und
— das war ein später nie wieder nachgemachter Trick — beim Hin-
untergehen in seinen ain Ende der Reihe ausgestellten Pantoffeln landen.

Es war Louis Aureol, einer der elegantesten und besten Springer
seiner Zeit und der berühmtesten ClolvnS des ganzen Jahrhunderts.

Der König

Als Franz I., König von Frankreich, nach der Schlacht bei Pav'ia
(1525) Gefangener in Spanien war, verlangten die spanischen Gran-
den, daß er sie nicht bloß durch Abnehmen des Hutes grüßen, sondern
sich auch gegen sie verneigen solle. Franz lehnte glatt ab.

klm ihn nun dazu zu zwingen, ließen sie die Tür seines Zimmers nie-
driger machen, um das notwendige Bücken des Königs beim Heraus-
treten als eine Reverenz auslegen zu können.

Franz aber machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Er ging
von nun an nie anders als rücklings aus dem Zimmer hinaus, wobei
dann die Reverenz zwar anders als die Granden gewünscht hatten, aber
äußerst deutlich ausfiel.

Die Macht der Poesie

Der englische Dichter Spencer kam einst, als er noch unberühmt und
arm war, in das Haus des Lord Sydney und ließ diesem sein neuestes
Dichtwerk überreichen.

Der Lord hatte gerade nichts zu tun und fing an, in dem Buch zu
lesen. Er geriet gar schnell über die herrlichen Verse geradezu in Ent-
zücken lind sagte nach kurzer Zeit zu seinem Hausmeister: „Gebt ihm
30 Pfund Sterling!" — Darauf las er weiter und rief nach einigen
Minuten: „Gebt ihm 100 Pfund!" —

Der Hausmeister zögerte. Der Lord las weiter. Immer mehr um-
fing ihn der Wohllaut der Sprache und die Geformtheit der Gedanken
des jungen Dichters und schließlich ries er, indem er den Hausmeister zur
Tür hinausschob: „Gebt ihm 200 Pfund lind werft ihn hinaus. Denn
wenn er noch länger da ist und ich lese weiter, dann macht -er mich noch
bankrott!"

rZEITSCHRIFT

„Der Sporlfisdier

mit den amtlichen Nachrichtendes
Reichverbandes Deutscher Sportfischer

soll von jedem waidgerechten Sport-
fischer gehalten werden. „Der Sportfischer“
bringt Text- und Bildermaterial
aus aller Welt, darunter auch
große mehrfarbige Kunstdrucke

Mjjährl. RM. 3.—, jährl. RM. 6.—. Man
abonniert bei seinem Briefträger, beim
Postamt oder direkt beim

FISCHE REISPORT-VER LAG
OR. HANNS SCHINDLER,

Fischerei-Buch- u. Kunsthandlung
München, NW 2, Karlstraße Nr. 44
Tel. 59 61 60

DIE KUNS

Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen.

526

1936 / J U Q E N D Nr. 33
Index
[nicht signierter Beitrag]: Der König
[nicht signierter Beitrag]: Die Macht der Poesie
 
Annotationen