Durch die verlassenen, menschenleeren Straßen, über denen nach Beute
jagende berstende Schrapnells weiße Wölkchen an den heißen Himmel
tupsen und Kugeln gegen die Flieger ausstreuen, saust aber inzwischen
bereits der Angeklagte Gregvr Albütz.
Geschvßtrümmer, Maschinengewehrkugeln, Ziegelbrocken bedrohen
ihn, ahne ihn um sein Leben ernstlich bangen zu lassen, betten will er,
Sibylle Müller beistehen.
Er trabt an raschen Sanitätswagen vorüber und an Männern, die
zum Sanitätsdienst gehören. Dem Apotheker Thoma erklärt er, der
unbeobachtet dem Gericht entwischte, Anlaß der Eile, Not und Wünsche,
Flaschen und Päckchen rafft er zusammen.
Atemlos, man hat ihn kaum vermißt, springt er in den Keller.
Sicher betätigt er sich, mildert gesaßt, reinigt, verbindet.
Da erscheint auch der Arzt, von einer anderen blnglücksstätte herbei-
geeilt, untersucht.
„Wer hat den Notverband angelegt?" sragt Dr. Morath.
„Der Albütz."
„Recht ordentlich gemacht! Sind angelernt?"
„Mitglied der Sanitäter in unserem Dorfe."
„Haben verständig zugegrissen. Was ist mit Ihrem linken Arm?
Verletzt?"
„Im Felde gleich nach Kriegsbeginn Schuß abbekommen, Herr Doktor.
Etwas steis geblieben."
Arzt und GerichtSvorsitzender beraten.
„Beide Fälle dürsten wenig bedenklich sein. Die Blutung werden wir
bald gestillt haben. ^jm übrigen mehr Nervenschock!" erklärt Dr.
Morath.
„Dürfen wir hossen, die Zeugin heute noch vernehmungsfähig zu
sehen?"
„Ich glaube, nach einer ruhigen Stunde würde der Einvernahme
nichts im Wege stehen. Auf Wunsch halte ich mich bereit."
Die Stadt war von der lärmenden Welle des KriegSgewitterS befreit.
Einige verwundete Menschen, ein paar zerschossene Bauten zeugten
von dem Überfall.
Zm Gerichtssaal saß die Hauptzeugin, mit verbundenem Kops, neben
Dr. Morath.
„Wir schreiten gleich zur Einvernahme der Zeugin Müller, um jie
nachher sofort entlassen zu können, ihrer Verletzungen wegen. Zeugin
Müller, Sie werden unter Eid auSsagen müssen. Wichtigkeit und Heilig-
keit des Eides sind ^hnen bekannt?"
c* "
„Angeklagter, noch einmal: wollen Sie der Zeugin, der Sie heute
schon anderen Beistand geleistet haben, auch die jetzige Stunde erleichtern?
Zeugin Müller würde sich, wie Sie wissen, etwa schwerster Gefahr auS-
setzen, wenn sie uns um Sie zu schonen, die reine Wahrheit verschwiege.
Sie sollen sich mehrfach, noch am Abend vor dem Brande, verdächtig
geäußert baben. So auch gegenüber dem Sohne der Brandgeschädigten.
Zwar liegt Musketier Fabian Riedmatter seit Monaten im Lazarett,
nicht vernehmungsfähig, aber seine Mutter wie Zeugin Müller wißen
von ihm Ihre Drohungen. Wollen Sie selbst gestehen?"
Des Angeklagten Blick ging vom Richtertische zur Zeugin. Die Augen
trafen sich, unsichere des Mannes und gemarterte des Mädchens.
Albütz fühlte die stumme Predigt Sibylles, ihr Duldertum, ihre Angst
742
jagende berstende Schrapnells weiße Wölkchen an den heißen Himmel
tupsen und Kugeln gegen die Flieger ausstreuen, saust aber inzwischen
bereits der Angeklagte Gregvr Albütz.
Geschvßtrümmer, Maschinengewehrkugeln, Ziegelbrocken bedrohen
ihn, ahne ihn um sein Leben ernstlich bangen zu lassen, betten will er,
Sibylle Müller beistehen.
Er trabt an raschen Sanitätswagen vorüber und an Männern, die
zum Sanitätsdienst gehören. Dem Apotheker Thoma erklärt er, der
unbeobachtet dem Gericht entwischte, Anlaß der Eile, Not und Wünsche,
Flaschen und Päckchen rafft er zusammen.
Atemlos, man hat ihn kaum vermißt, springt er in den Keller.
Sicher betätigt er sich, mildert gesaßt, reinigt, verbindet.
Da erscheint auch der Arzt, von einer anderen blnglücksstätte herbei-
geeilt, untersucht.
„Wer hat den Notverband angelegt?" sragt Dr. Morath.
„Der Albütz."
„Recht ordentlich gemacht! Sind angelernt?"
„Mitglied der Sanitäter in unserem Dorfe."
„Haben verständig zugegrissen. Was ist mit Ihrem linken Arm?
Verletzt?"
„Im Felde gleich nach Kriegsbeginn Schuß abbekommen, Herr Doktor.
Etwas steis geblieben."
Arzt und GerichtSvorsitzender beraten.
„Beide Fälle dürsten wenig bedenklich sein. Die Blutung werden wir
bald gestillt haben. ^jm übrigen mehr Nervenschock!" erklärt Dr.
Morath.
„Dürfen wir hossen, die Zeugin heute noch vernehmungsfähig zu
sehen?"
„Ich glaube, nach einer ruhigen Stunde würde der Einvernahme
nichts im Wege stehen. Auf Wunsch halte ich mich bereit."
Die Stadt war von der lärmenden Welle des KriegSgewitterS befreit.
Einige verwundete Menschen, ein paar zerschossene Bauten zeugten
von dem Überfall.
Zm Gerichtssaal saß die Hauptzeugin, mit verbundenem Kops, neben
Dr. Morath.
„Wir schreiten gleich zur Einvernahme der Zeugin Müller, um jie
nachher sofort entlassen zu können, ihrer Verletzungen wegen. Zeugin
Müller, Sie werden unter Eid auSsagen müssen. Wichtigkeit und Heilig-
keit des Eides sind ^hnen bekannt?"
c* "
„Angeklagter, noch einmal: wollen Sie der Zeugin, der Sie heute
schon anderen Beistand geleistet haben, auch die jetzige Stunde erleichtern?
Zeugin Müller würde sich, wie Sie wissen, etwa schwerster Gefahr auS-
setzen, wenn sie uns um Sie zu schonen, die reine Wahrheit verschwiege.
Sie sollen sich mehrfach, noch am Abend vor dem Brande, verdächtig
geäußert baben. So auch gegenüber dem Sohne der Brandgeschädigten.
Zwar liegt Musketier Fabian Riedmatter seit Monaten im Lazarett,
nicht vernehmungsfähig, aber seine Mutter wie Zeugin Müller wißen
von ihm Ihre Drohungen. Wollen Sie selbst gestehen?"
Des Angeklagten Blick ging vom Richtertische zur Zeugin. Die Augen
trafen sich, unsichere des Mannes und gemarterte des Mädchens.
Albütz fühlte die stumme Predigt Sibylles, ihr Duldertum, ihre Angst
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