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3 I m H a f e n Gunter Böhmer

3n dem Schlitten hinter dem Tischler klopfte
etwas. Avanitsch wußte sehr wohl, daß der
leblose Kopf seines Weibeö an die Kante des
Schlittens anschlägt. In seiner Angst trieb er
das Pferd zu noch größerer Eile an.

Plötzlich entsanken die Zügel seiner Hand.
Er griff nach ihnen, aber feine Hände waren
steif und müde. „Das Pferd wird schon von
selbst nach Hause finden", dachte 3wanitsch.

Seine Augen schlossen sich. Er lehnte sich
müde zurück und — schlief ein ...

Auf einen Stoß wachte er plötzlich auf. Der
Schlitten blieb stehen. 3™ dumpfglänzenden
Schnee erhob sich etwas Dunkles, Hohes vor
ihm. Ein Stall oder eine Hütte? 3^nitfch
wollte jich erheben, wollte es betrachten, aber
die Müdigkeit drückte ihn nieder. . .

«

Als er erwachte, sah er sich in einem großen
Saal, dessen Wände weiß getüncht waren.

Die Sonne schien zum Fenster herein, gerade
auf das Bett, in dem der Tischler lag. Auch
in den übrigen Betten befanden sich Leute.

„Man müßte eine Messe lesen... ich werde
den Herr Pfarrer bitten", sagte 3wanitsch.

„Schone dich, liege ganz ruhig", sprach eine
gütige Stimme zu ihm.

Es war der Arzt.

„Lieber Herr Doktor!" rief der Tischler aus.
„Sie sind also hier?"

Er wollte ausspringen, vermochte es aber
nicht.

„Gnädiger Herr, ich fühle meine Hände und
Füße gar nicht!"

„Du hast schon keine mehr. Sie sind dir
abgefroren . .. Na, weine nur nicht! Du hast
ein hohes Alter erreicht, danke dem lieben Gott
dafür!"

„O, Herr Doktor! Nur noch einige 3a^re
möchte ich leben . .. 3ch muß meinem Nach-
bar'das Pferd zurückgeben, muß mein Weib
begraben... Erbarmen Sie sich! 3^) werde
3hnen einen kleinen Kasten aus dem feinsten
Holz anfertigen und Billardkugeln, gnädiger
Herr Doktor..."

Der Arzt winkte mit der Hand und verließ
den Saal. Die Augen des Tischlers, des ver-
stümmelten Wrackes, verglasten sich ... Der
Mann hatte sich im Schnee verirrt, genau so
wie im Leben .

Kritik

„Nun, wie war es in der Sommerfrische?"
„Es ging! An der Gegend konnte man sich
nicht sattsehen und in den Gasthäusern nicht
sattessen!"

keim H e i r a ts ve r m i tt I e r

„Bei dem fraglichen Herrn handelt es sich
doch hoffentlich um einen Ehrenmann!"

„Aber freilich!"

„3si er blond?"

„Nein — es ist ein dunkler Ehrenmann!"

Summen

„Wie geht es dir denn, Peter?"

„Nicht besonders. 3ch halle dauernd Sum-
men in die Ohren!"

„Ach wie hoch sind denn die Summen?"

Wie das klingt

„Fräulein Lindner, was suchen Sie denn
unter dem Schreibtisch?"

„Herr Direktor, mir ist das Löschblatt
heruntergestürzt!"

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Index
[nicht signierter Beitrag]: Kritik
[nicht signierter Beitrag]: Beim Heiratsvermittler
[nicht signierter Beitrag]: Summen
[nicht signierter Beitrag]: Wie das klingt
Gunter Böhmer: Im Hafen
 
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