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Nächtliche Stadt

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Der Wächter hat gehlasen,

Daß alles schlafen mag,

Und durch die stillen Straßen
Zittert der Glockenschlag.

Der Wind löscht die Laternen
Still nacheinander aus,

Und wie in weiten Lernen
Steht dunkel Haus an Haus.

Und nur des Windes Wehen,
Und nur der Sterne Meer —
Die Stille hört man gehen
Aus fernen Wäldern her.

Keine Geheimnisse

Junge Frau zum Gatten: „Wir haben uns
dach versprochen, nie Geheimnisse voreinander
zu haben!"

Er: „Gewiß, Liebling, warum denn?"

Sie: „Ich wünsche mir nämlich Heuer einen
Pelzmantel!"

Der Druckfehler

Gast: „Herr Wirt, Ihre Speiskarte weist
einen Druckfehler auf!"

„Wieso?"

„Da heißt eS Kalbsleber statt richtig
K a l b S l e d e r!"

Ladenpreis :

A 50
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72 Fl. RM 2.75

die gute Laune selbst!

Abstimmung: FE IN H E R B

süß, noch betont herb.
Gerade nach Ihrem Geschmack!)

R ■ ADT. KÖPFER BERG & CO
MAINZ

Die Wette

Als IustuS von L i e b i g in Bonn studierte, besuchte auch ein junger
Graf von Z. die dortige Universität. Der junge Herr war sehr ein-
gebildet, faul und dabei sehr stolz auf den tlradel, -dem er angehörte.
„Ich bin der Graf von Z." betonte er bei jeder Gelegenheit und machte
sich durch ein solches Benehmen bei den übrigen Studenten sehr verhaßt.

Seit einiger Zeit besuchte dieser Herr auch das Gasthaus, in dem
IustuS von Liebig mit seinen Freunden zu essen pflegte. Die Gäste
waren nicht sehr erbaut davon, besonders Liebig ärgerte sich gründlich
über das dttmme Gehaben des eingebildeten Grafen und beschloß, ihm
daS Wiederkommen gründlich zu verekeln. Er wettete um eine Runde,
daß eS ihm gelingen würde, den Grafen für immer aus ihrem Gasthaus
zu verscheuchen.

Am anderen Morgen erschien der junge Graf wie immer im Gast-
haus, warf sich geräuschvoll in seinen Sessel, klemmte das Monokel fester
ins Auge und rief näselnd den Kellner. Dieser erschien sofort mit der
Speisekarte. „Vorlesen!"

Gehorsam begann der Kellner:

„Kaltes Huhn"

„Sonst nischt?"

„Lachs"

„Sonst nischt?"

In dieser Tonart ging eö noch eine Weile weiter. Endlich erklärte
der junge Herr geringschätzig:

„In diesem blöden Nest kann man schon rein gar nischt bekommen.
Na ... dann bringen Sie mir mal ein kaltes Huhn!" —

Drüben erhob sich IustuS von Liebig und fam nach einer Weile
wieder mit einem riesigen Monokel im rechten Auge. Dicht neben dem
Grafen warf er sich auf einen Stuhl und rief näselnd:

„©argem!"

Der Kellner brachte die Karte.

„Vorlesen"

„Kaltes Huhn"

„Sonst nischt?"

„Lachs?"

„Sonst nischt?"

„Sandwichs, Eier im Glas, Schinken..."

„Sonst nischt?"

Das Ekel verfolgte diesen Vorgang mit stets steigender Entrüstung.
Plötzlich sprang er auf und brüllte Liebig an: „Herr, was erlauben Sie
sich?! Ich bin der Graf von Z.!"

Liebig klemmte das Monokel noch fester ein und näselte:

„Sonst nischt?"

DaS Lokal erdröhnte von dem fröhlichen Gelächter der Studenten.
„Bravo Liebig" rief man von allen Seiten. Der Graf von Z. ver-
schwand schleunigst und ließ sich nie mehr in diesem Gasthaus sehen.
IustuS von Liebig hatte seine Wette gewonnen.

Dos tos der Großen

Sef 0 strjS , König von Ägypten (um IZ00 v. Ehr. Geb.), war
ein grausamer Herrscher und hatte daS kalte Gemüt des Eroberers.
Um sich in seinem Machtbewußtsein zu sonnen, erniedrigte er die
Menschen und scheute selbst nicht davor zurück, die besiegten Könige zu
zwingen, seinen Triumphwagen zu ziehen. Einmal bemerkte er, wie
einer von diesen den Blick unverwandt auf eines der Räder gerichtet hielt.
Er fragte ihn nach dem Grunde. Der Besiegte antwortete: „Ich erblicke
in dem Rad ein Sinnbild irdischer Größe. Kaum f)f das eine Ende der
Speiche oben, so muß eS wieder hinab, und das welches unten war,
kommt nach oben." Diese Erwiderung machte SesostriS nachdenklich. Er
gab dem gefangenen König die Freiheit zurück.

6ei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen.

1936 / JUGEND Nr. 52
Register
[nicht signierter Beitrag]: Keine Geheimnisse
[nicht signierter Beitrag]: Der Druckfehler
[nicht signierter Beitrag]: Die Wette
[nicht signierter Beitrag]: Das Los der Großen
Georg Unterbuchner: Nächtliche Stadt
 
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