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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 42.1937, (Nr. 1-52)

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DIE F O T O - „J U G E N D"

MEHR FREIHEIT IM POSITIV-PROZESS

Indem die Fotografie immer noch viel zu sehr als mechanisches
Darstellungsverfahren betrachtet wird, geht eine Mechanisierung
vieler fotografischer Prozesse damit Hand in Hand. In gewisser
Weise kann und soll man mechanisieren; das ist beim Entwick-
lungsprozeß heute durchaus richtig und ebenso bei der Ein-
arbeitung auf ein Universal-Negativmaterial voll zu befürworten.
Anders aber liegen die Verhältnisse im Positivprozeß, wo eine
Ausarbeitung der Negative stattfindet. Hier ist bewußtes Schaffen
notwendig, das auf Grund einer Anpassung an Negativ und
Motiv zu erfolgen hat.

Viele unserer Freunde werden ihre Negative beim Fotohändler
ausarbeiten lassen. Aber das ist kein Grund dafür, diesen so
wichtigen Punkt zu vernachlässigen. Sie dürfen glauben, daß
jeder Foto-Laborant hoch beglückt wäre, wenn er einmal nicht
den Feld-WaId-Wiesen-Hochglanz in Anwendung zu bringen hat,
sondern mit geeignetem Papier und ganzem Können die beste
Wirkung aus der Aufnahme herausholen darf.

Fotografische Papiere werden bekanntlich in verschiedenen
Härteabstufungen oder Gradationen hergestellt. Für ein weiches
Negativ nimmt man ein hartes, für ein hartes Negativ ein weiches
und für ein normales Negativ ein normales Papier. Das dürfte
hinreichend bekannt sein. Für besonders weiche oder flaue
Negative gibt es extra-harte Papiere, so daß man praktisch von
jedem Negativ ein gutes Positiv hersteilen kann, wenn es nicht
gar zu sehr im Extremen liegt.

Für die bildmäßig-korrekte Ausarbeitung ist es ebenso wichtig,
daß daneben drei verschiedene Papierfarben und unzählige
Papieroberflächen zur Verfügung stehen. Die Papierfarbe gibt
dem Motiv seine Grundstimmung. Daß man für Schneeaufnahmen
und alle solche Bilder, wo vom Motiv her weiß schon vorherrscht,
auch weißes Papier nimmt, ist selbstverständlich. Im übrigen
wirkt weiß sachlich, herb. Chamois ist das Gegenstück. Es
drückt Wärme aus, die aber bei allzu häufiger Anwendung nicht
immer günstig wirkt. Deshalb ist Elfenbein als Mittelding ein
wichtiger Ausweg, der in den meisten Fällen sympathisch sein
wird. Elfenbein wirkt warm, ohne süßlich zu sein, betont ander-
seits auch das fotografisch Korrekte, weil es nicht als gelb
empfunden wird.

Schließlich bieibt die Frage nach der Papieroberfläche wichtig.
Gerade in der letzten Zeit sind von den Papierfabriken so viele
neue Sorten herausgebracht worden, daß hier eine ganz bedeu-
tende Auswahl zur Verfügung steht. Weitere Differenzierungen
ergeben sich dabei durch verschiedene Bildtöne, die blau-
schwarz, warmschwarz, braunschwarz oder braun sein können
und sich direkt durch die Entwicklung entsprechend erzielen
lassen.

Die Royal-Oberfläche war bis vor kurzem das A und O des mehr
künstlerisch schaffenden Amateurs. Doch das Royal konnte nicht
immer befriedigen, weil es ziemlich grobkörnig ausfällt und des-
halb im wesentlichen für große Formate in Frage kommt. Des-
halb treten jetzt neue Oberflächen in den Vordergrund, die zwar
auf matten Glanz und Papierkorn nicht verzichten, aber feiner
ausfallen und deshalb auch für kleinere Formate geeignet sind.
Die Pergament-Oberfläche von Leigrano oder Grandamo ist schon
länger auf dem Markt, aber viel zu wenig beachtet. Der Glanz
fällt hier etwas stumpfer, ruhiger aus, so daß sich diese Papiere
am besten für Motive mit entsprechendem Charakter eignen.

Mehr zum Temperamentvollen neigt eine Velvet-Struktur, die hin-
sichtlich ihres Glanzes bei verschiedenen Papieren verschieden
ausfällt. Velvet allein zeigt gewöhnlich die höchste Leuchtkraft,
die sich deshalb insbesondere für lebendige Aufnahmen mit
reichen Tonabstufungen und feinen Tonwertunterschieden eignet.
Diese reine Velvet-Oberfläche finden wir bei zahlreichen Papie-
ren. Mehr abgestumpft wirkt das neue Prestona-Papier in Platino-
Gravüre, wo das Elfenbein als Papieruntergrund diese in sich
geschlossene Wirkung noch hebt. Die Naturoberfläche dieses
Papiers verzichtet so gut wie ganz auf den Glanz, so daß es
für Motive von Schlichtheit und Großzügigkeit in Form und Linie
bestens geeignet ist.

Gevaluxe und Artona sind die Papiere mit besonderer Betonung
der Schwere der Schatten bei samtartiger, warmer Oberfläche.
Motive mit überwiegender Schattenwirkung werden hier am
besten zur Geltung kommen.

Es ist nicht leicht, für jedes Motiv ein voll geeignetes Papier zu
finden. Wenigstens geht das kaum nach Prospekten und Listen.
Deshalb soll man sich die Musteralben beim Fotohändler durch-
sehen, wo es bestimmt nicht schwer fällt, geeignete Papiere zu
finden. Die hier gegebenen Beschreibungen können ja nur einen
kleinen Ausschnitt aus der Vielseitigkeit geben, wenn man
bedenkt, daß daneben noch die verschiedensten Oberflächen
wie matt, halbmatt, glänzend, Seide, Feinkorn, Grobkorn, Pastell
im Handel sind.

Für den Amateur, der seine Positive selbst bearbeitet, sind
einige Hinweise von Wert. Die beabsichtigten Bildtöne sind ab-
hängig von frischen Entwicklern und frischen Fixierbädern. Die
Entwicklungszeit hat Einfluß. Sie soll im Normalfall bei Ver-
größerungspapieren zwei Minuten, bei Kontaktpapieren eine
Minute betragen. Die Entwicklungstemperatur ist ausschlag-
gebend für Bildton und Gradation. Im Normalfall wird bei 18
bis 20° C gearbeitet.

Die Dunkelkammerbeleuchtung kann — insbesondere bei rotem
Licht — täuschen, indem das Bild zu früh aus dem Entwickler
entfernt wird und nachher zu hell erscheint. Zum Vergleich legt
man sich ein fertiges und richtig gedecktes Positiv zur Hand, mit
dessen Hilfe der Entwicklungsvorgang kontrolliert wird. Dabei
muß natürlich die Entfernung von der Dunkelkammerlampe bis
zum Positiv in beiden Fällen gleich sein, damit derselbe Hellig-
keitseindruck vorliegt.

Und für die Bildaufmachung mögen schließlich die Worte genü-
gen, daß insbesondere hier Schlichtheit am Platze ist. Wir
brauchen keine phantastisch aufgemachten Kartons, sondern
wollen das Einfache vorziehen. Immer wollen wir bedenken, daß
ja das Foto zur Wirkung kommen soll, nicht aber der Karton
oder das verschnörkelte Album Hauptsache darstellt. Es hat sich
im Gegenteil dem Bilde unterzuordnen, damit es wirken kann
und in seinen Eigenheiten zur Geltung gelangt. Ein schlichter
Karton, in den ein Fenster geschnitten wird, hinter das unser
Foto gelangt, genügt vollständig; in das Album, welches beson-
ders gelungene Aufnahmen zeigen soll, gelangen auch nur wirk-
lich erstklassige Bilder. Eine Aufnahme auf eine Seite, das
genügt und läßt das Foto für sich wieder mehr hervortreten und
zur Geltung kommen.

Richtige Fotofreude hat erst, wer bis zum Ende mit voller Hin-
gabe arbeitet. Und wer das durchführt, wird auch Erfolg erzielen.

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Das nächste Heft der „Jugend" erscheint als Sonder-Nummer „FASCHING"

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Kurt Z!ehai
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Redaktioneller Beitrag: Die Foto-"Jugend"
 
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