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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 42.1937, (Nr. 1-52)

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I

lui^etewi

Angehende Künstlerin

letzte Woche waren wir von einem
unserer Mitarbeiter, Professor G., zu
Gasse geladen. Es wurde viel über Kunst
und Talente gesprochen, besonders unser
Gastgeber war ständig von einer Schar
junger Feuerkopse umringt. Da erlausch-
ten wir gerade noch folgende Unterhaltung
einer jungen hübschen Kunstjüngerin mit
Professor G.: „Also glauben Sie, Herr
Professor, daß ich im Malen Erfolg haben
werde-" Sagte jener lachend: „Aber mein
Fraulein, warum denn nicht. Sie sind
jung, schon, reich, angesehen und unab-
hängig, da verzeiht man viel."

Leihpinakothek

Aus England kommt uns eine Runde,
die mancher Kunstbeflissene bejubeln wird.
In der Galerie des Städtchens Bourne-
mouth kann man sich nämlich Bilder
leihen, ähnlich wie Bücher aus einer Leih-
bibliothek. Für einen Jahresbeitrag von
einer Guinee, also rund zwanzig Reichs-
mark, sind die Bezieher berechtigt, ihre
Bilder vierteljährlich einmal auszutau-
schen. Seit 4 Jahren schon besteht das
Unternehmen und soll sich ausgezeichnet
bewahrt haben, Nicht nur altere Leute
gehören zu den Abonnenten, sondern vor
allem junge Eheleute, wenn diese solche
Kunstwerke Ln den Wohnungen Ihrer
Freunde sehen, möchten Sie auch Bilder
Ln ihrem Heim haben, und so wachst die
Bezieherzahl ständig. Der Bibliothekar
oder besser pinakothekar, befürchtet, daß
einmal mehr Bezieher als Bilder da sein
werden, schreibt man uns. Auch Geschäfts-
leute gehören zu den Beziehern, um sich
Ihre Büroraume zu verschönen. Die Bei-
trage werden zum Ankauf neuer Bilder
verwendet, wobei man einheimische Künst-
ler bevorzugt. Auch andere Städte begin-
nen aus die gleiche weise Bilder auszu-
leihen, so daß allmählich eine „Leihpinako-
thek" nach der anderen entstehen wird.


wäre das nicht auch ein plan für
München- wir sehen in der Zukunft schon
die Münchener, mit Bildern unter dem
Arm, durch die Stadt ziehen, wer noch
nicht weiß, daß München Kunststadt ist,
der kann dann unmöglich noch an dieser
Tatsache vorübergehen.

Adam und Lva

-^)er Religionsunterricht fängt gewöhn-
lich noch mit Adam und Eva an. Unsere
Iüngste kam eines Tages nachdenklich aus
der Schule und schien nicht ganz einver-
standen mit dem, was die Lehrerin erzählt
hatte, „weißt du", meinte sie, „eigentlich
verstehe ich den lieben Gott nicht recht."
— „So, warum denn nicht-" — „Ia",
meinte sie weiter, „weißt du, was ich
getan hätte, wenn ich der liebe Gott
gewesen wäre-" — „Na, was hättest du
denn getan?" — „Ich hatte einfach die
Schlange rausgeschmissen!"

die hieß Gusti. Als beide das Fest ihrer
fünfzigjährigen Freundschaft feierten und
Tante Mile ihrer Freundin in großer
Rührung im Falle ihres Todes ihr rotes
Plüschsofa vermachte, war Tante Gusti so
tief ergriffen, daß sie nun endlich ihrer
Herzensfreundin das große Geheimnis
ihres Lebens anvertrauen mußte. Sie
hatte nämlich in ihrer Iugend einen
Freund gehabt, und der hatte sie mit
einem kleinen Kindchen sitzen lassen. —
Nach diesem Geständnis wollte Tante Mile
mit dieser unmoralischen Person nichts
mehr zu tun haben. Sie ließ sich von nun
an verleugnen, besuchte sie nicht mehr und
das rote Plüschsofa hat dann die Tante
Gusti auch nicht geerbt.

falsch geraten!

(^ine junge Lehrerin, die kleine Mädchen
in die Geheimnisse des Rechnens einweiht,
berichtete uns neulich, daß sie in ihrer
Klasse ein Rechengenie, ein mathematisches
Wunderkind habe. Zuerst seien die Ant-
worten alle falsch gewesen, aber plötzlich
sei das Kind dahinter gekommen und
freute sich sehr, daß es gelobt wurde. Die
Lehrerin hatte sich allerdings zu früh
gefreut. In der nächsten Stunde gab es
nur falsche Antworten. Einigermaßen ver-
zweifelt fragte die Lehrerin das Kind, wie
es denn käme, daß es heute alles falsch
sage und in den letzten Stunden nur
richtige Antworten gegeben habe. Darauf
die Kleine, die offenbar nicht immer Glück
im Spiel hatte: „In der letzten Stunde
habe ich eben besser geraten, Haben Sie
nie beim Spielen verloren?"

Redselig

m^äpten Dierk hatte in Bremen einen
Bruder, der ihn jeden Sonntag Nach-
mittag besuchte, sobald er einmal im Hasen
war. Nach einer Begrüßung, die Ln
freundlichem Zunicken und einem festen
Händedruck bestand, bot Dierk seinem
Bruder Hinnerk eine Zigarre an. Beide
saßen sich dann gegenüber, sahen einander
in die klaren blauen Augen und ließen ihre
Gedanken dem bläulichen zarten Rauch
ihrer Zigarren nachgehen. Oft saßen sie
ganze lange wintertage am Kamin bei-
einander und schwiegen sich an. Bis
Hinnerk sich gegen halb sieben Uhr erhob,
und seine Hand ausstreckte, um nach Hause
zu gehen. Dierk schlug ein und raffte sich
zu einer längeren Abschiedsrede auf: „Na
Hinnerk", sagte er, „fein, daß wir uns
wieder einmal ausgesprochen haben." —
„Io", sagte Hinnerk herzlich und machte
sich, überwältigt von so viel Redseligkeit,
auf den Heimweg.

Die Iugend

Zeichnungen von R o s.

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Redaktioneller Beitrag: Aus unserem Skizzenbuch
Ros.: Vignetten
 
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