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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 42.1937, (Nr. 1-52)

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Nr. 38 (Italienische Kunst)
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Jünger des Est! EstM Estü

Das Bildnis hier — wer ist's? Ein Künstler,
ein Unternehmer, ein Dichter, ein Arzt?
Di tutt' un po', meint er selber. Von allem
etwas. Wir stellen vor: Giuseppe Lombardi.
Er dichtet Sonette. Außer der Dichtkunst
hat er sich besonders der Kochkunst ver-
schrieben. Denn Giuseppe Lombardi ist
der Wirt der Osteria Italiana nahe der
Münchener Akademie. Hier hat er einen
der farbenfreudigsten Flecke auf die
kulinarische Karte Münchens gemalt. Giu-
seppe stammt aus Rom. Seine Mutter
wollte durchaus einen Kardinal aus ihm
machen, aber sein Sinn war auf irdischere
Dinge gerichtet. Er studierte drei Jahre an
der Technischen Hochschule und kam viel
herum, von Kairo bis nach München, wo
er seit 32 Jahren verheiratet vor Anker
liegt. Er hält sehr viel von seiner Frau, der
Mutter seiner zwei Kinder. Die Frauen sind
es, meint er, die die Männer herauf oder
herunter bringen.

Soeben lassen wir das vierte Glas des
samtenen Chianti durch unsere Kehle

Arzt: „Ich werde wohl Sauerstoff ver-
wenden müssen."

Klientin: „Ist es denn so schlimm?"
Arzt: „Nein, aber ich liebe blond."

(Mare aurelio)

rinnen. Chianti! sagt er und rollt die
Augen. Was ging früher hier nicht alles
unter dem Namen Chianti, per bacco! Das
ist einer der Gründe, weswegen ich hier
bin. Denn wenn die Leute schon für echten
und für gepantschten Wein das gleiche
bezahlen sollen, dann ist es ein Akt der
Menschenfreundlichkeit, ihnen den wahren
Stoff vorzusetzen. Mein Feinschmeckerherz
hat unter der Pantscherei von dazumal
gelitten, sagte er mit bewegter Stimme,
und ich beschloß, meinen Gästen nur
reinen Wein einzuschenken und sie in die
Geheimnisse der italienischen Küche ein-
zuführen. Na, sie haben sich nicht beklagt
und ich auch nicht.

In München fühle ich mich ebenso wohl
wie in Mailand, mit dem es viel Ähnlich-
keit hat. Wissen Sie, daß in Mailand un-
heimlich viel Münchener Bier getrunken
wird? Das Ristorant Colombo-Spaten ist
zum Beispiel ein regelrechtes Münchener
Bräu. In jedem Lande braucht man Be-
reicherung der Küche durch Abwechslung.
Ah! Ich mache hier Spaghetti auf alle
Arten, die Sie sich in Italien erträumen
können, Scampi, Scalopine al Marsala oder
was Sie wollen. Sie trinken Chianti. Gut,
bleiben Sie dabei. Aber das nächstemal
versuchen Sie auch den feurigen Barbera,
den Barolo, den Frascati oder den be-
rühmten Est! Est! Est! Wissen Sie, wie
dieser merkwürdige Name entstanden ist?
Hören Sie zu, es ist eine kurzweilige,
lange Geschichte.

Als Heinrich V. im Jahre 1110 nach Rom
zog, um sich zum Kaiser krönen zu lassen,
befand sich unter seinem Gefolge als
wichtiger Berater Johannes Fugger, der
damalige Bischof von Augsburg, dessen
Name bis auf den heutigen Tag historische
Bedeutung behielt. Neben seiner ausge-
zeichneten diplomatischen Tätigkeit pflegte
Fugger besonders den Bacchuskult. Das ist
nicht weiter verwunderlich, denn es gibt
keinen besseren Ratgeber, als ein wür-
ziges Glas Wein. Der gute Wein steht im
Dienste der Kunst und Wissenschaft; das
ist eine altbekannte und bewährte Tat-
sache, der Johannes Fugger seine politi-
schen und diplomatischen Erfolge ver-
dankte.

Sein Diener Martin hatte eine anerkannt
gute Zunge und einen feinen Geschmack
für Weine. Er ritt seinem Herrn voraus, um
die Ortschaften auszukundschaften, in
welchen es einen guten Tropfen gab;
diese kennzeichnete er mit dem einzigen
Wort „Est!" Hier ist's! Fand er jedoch

g;-lonbarcm*

eine Quelle, an der es etwas besonders
Gutes zu trinken gab, schrieb er das
Kennwort doppelt: ,’,Est! Estü"

Als er aber in den Ort Monte Fiascone
kam, fand er den Wein dort dermaßen
wohlschmeckend, daß er seinen Herrn mit
der dreifachen Bezeichnung „Est! Estü
Estü!" benachrichtigte. Der Ritter Fugger
blieb nun in Monte Fiascone und trank so
ausgiebig und unablässig das edle Naß,
bis ihn der Tod ereilte. Noch heute ist in
der dem heiligen Flavian geweihten Kirche
der Grabstein zu sehen, auf dem die In-
schrift steht, die der treue Diener ein-
hauen ließ:

Est! — Estü — Estü! —

An dessen Vertilgung

Hier Johannes Fugger,

Mein Herr, gestorben ist!

Seine kostbaren Pferde und Geschirre
hinterließ der Ritter Fugger der Stadt
Monte Fiascone mit der Bestimmung, daß
auf seinem Grab jedes Jahr an seinem
Todestag ein Faß von dem guten Est! Est!
Est! ausgegossen werden solle. Dio!
Giuseppes Augen und Nase funkelten und
verrieten, daß er dem Schicksale dieses
wackeren Ritters volle Sympathie ent-
gegenbrachte. E. R.

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E. R.: Jünger des Est! Est! Est!
Signatur nicht identifiziert: Giuseppe Lombardi
 
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