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Die Kunst

der Darstellung

Y> o n Barl v. M o o r

Eine Mutter richtete eine schriftliche Be-
schwerde über den Lehrer ihres Jungen an
den Schuldirektor: „Auf Anordnung des
Lehrers muß mein Sohn sich in den Stun-
den dauernd so hinsetzen, daß er allen
a n d e r n S ch u lern den R ü cf e n
z u k ehrt !"

Der gute Direktor nahm also mit dem
Klassenlehrer Rücksprache. Und wie klärte
sich der Fall aus; Der Lehrer hatte den
schwatzhaften Jungen, um ihn bester
unter Augen zu haben, in die erst e
Reihe gesetzt!

*

In Paris wurde — es ist schon lange
her, und diese Geschichte habe ich nicht
selbst erlebt — ein armer Sünder zum
Galgen transportiert. Unterwegs sah ihn
sein Freund: „Zum Teufel, Jean, was ist
denn mit dir los;"

„Ach Pierre, ich soll gehängt werden,
weil ich — also auf mein Wort, ich habe

weiter nichts gemacht als Bildnisse
des Ronigs an gefertigt und da-
bei Gott gepriesen!"

Er hatte ganz recht. Die Bildniste be-
fanden sich übrigens auf falschen Geld-
stücken, und diese trugen die Umschrift:
„Der Name des Herrn fei gelobt!"

■k

^üe Möbelfirma Subiakski ist keine von
den solidesten. Aber g e s chaftst ü ch t i g
ist der Thef! Einst lieferte er Herrn Pro-
fessor hitzig einen Bücherschrank, der
diesen zu folgendem Brief begeisterte:

„Gestern erhielt ich endlich das bei
Ihnen bestellte Möbelstück. Sie haben
mich also volle vier Wochen über die
vereinbarte Zeit warten lasten. Es ist
wirklich g r o ß a r t i g. Und oben-
drein ist das von Ihnen gelieferte
Möbel absolut unbrauchbar. Das
nennen Sie einen S ch r a n k ; Jeder,
der mich besucht, halt es für das
Modell eines Eingeborenenhauses auf
Neuguinea! Die Türen schließen nicht,
an der Rückwand sind Fugen, daß
man beinahe den Finger hindurch-
stecken kann, und die Furnitur blättert
bereits an mehreren Stellen ab.

Nehmen Sie mir 's nicht übel, aber
ich glaube allen Ernstes, Ihre Firma
ist die einzige hier am Orte, die s o
etwas fertig bring t. Natür-
lich denke ich nicht daran, das Ding
abzunehmen.

Mit der einer solchen Leistung
gebührenden Achtung Hitzi g."

Bald darauf ließ die Firma Subiakski
einen neuen Prospekt drucken. Und darin
konnte man lesen:

Der Ordinarius für Runstgeschichte
an der hiesigen Anton-Ulrichs-Uni-
versitat, Herr wirklicher Geheimer
Rat Professor Dr. hitzig schreibt
uns über einen ihm von uns kürzlich
gelieferten dreiteiligen verglasten
Bücherschrank:

„Gestern erhielt ich endlich das bei
Ihnen bestellte Möbelstück... es ist
wirklich großartig!... Ich glaube
allen Ernstes, Ihre Firma ist die ein-
zige hier am Orte, die so et w a s
fertig bringt...

Mit der einer solchen Leistung
gebührenden Achtung

gez. Hitzi g."

NB. Die Sperrungen rühren von
Herrn Prof, hitzig her.

8 1 a r t i n s N e u e J a li r Weiden

1938 / JUGEND Nr. 1 / 4. Januar 1938 Monatsbezugspreis RM. 1.60

Verantwortlich für die Schriftleitung: Fritz Maier-Hartmann, München; für Anzeigen: Karl Schilling, München / Verlag: Karl Schilling- Verlag,
München, Kanalstraße 8, Tel. 27682 / Druck: Graph. Kunstanstalt W. Schütz, München, Herrnstr. 8—10, Tel. 20763 / Für Herausgabe und Schriftleitung in
Österreich verantwortlich: Dr. Emmerich Morawa i. Fa. Morawa & Co., Wien 1, Wollzeile 11 / Alle Rechte Vorbehalten / Nachdruck strengstens ver-
boten / Copyright by Karl Schilling- Verlag, München / DA. 1. Vj. 37: 4700. Prl. Nr. 3 Manuskripte sind nur an die Schriftleitung der „JUGEND",
Karl Schilling- Verlag, München, Kanalstraße 8, zu richten / Rücksendung erfolgt nur bei beigefügtem Porto / Postort München
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Leo v. Welden: Start ins Neue Jahr
Karl v. Moor: Die Kunst der Darstellung
 
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