Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
CJjie drei dd^eumuiigen

Eine lustige Geschichte
Von 7i\btvt w i s h e u - M a r t e n s

er dicke Fischerwirt gähnt herzhaft
und fahrt sich mit der Hand über die
Platte. Das heißt bei ihm soviel wie:
polizeistund! Der Schankdirn, der blonden
Rosl, fallen die Augen zu, so müde ist sie.
Aber die drei im Herrgottswinkel tun so,
als merkten sie nichts davon. Abend für
Abend hocken sie da beieinander, spielen
Rarten und debattieren, bis sie heiße
Augen und rote Schädel kriegen. Darüber
merken sie gar nicht, wie die rauchge-
schwängerte Wirtsstube sich mählich leert,
weil sie drei treue Stammgäste sind, will
sie der Fischerwirt nicht verschmachen.
Freilich ein bißl arg seßhaft sind sie schon
die drei: der Streidl, der Graspointner
und der sperre Haselbrunner. Jetzt sind
sie auch still geworden, aber an den Heim-
weg denkt noch keiner. Der Fischerwirt
versucht es noch einmal mit seinem Gäh-
nen, und die Rosl sekundiert ihm laut
seufzend. Den Streidl und den Gras-
pointner schiert es nicht. Der sperre
Haselbrunner aber lacht der Schankdirn
zu: „wo is denn der Seufzerer hi'g'flog'n;
G'wiß zu dein: Schatz, wann heiratst
denn scho, Rosl;"

Da stemmt die dralle Rellnerin die
Arme in die Düften und blitzt den Hasel-
brunner mit ihren blauen Augen an: „I
Heirat Überhaupts net. Die Mannsbilder
taugen alle miteinander nix!" „Oho!",
versucht der Haselbrunner zu protestieren.
„Nix oho", begehrt die Rosl auf, „i Hab
mir g'nua g'sehn." Der Streidl meint,
daß es jetzt an ihm sei, eine Lanze für die
Herren der Schöpfung zu brechen: „'s gibt
aa Ausnahma!" „Ausnahma;", lacht die
Rosl spöttisch auf „Eppa ees drei; Ees
waarts ma grad die Richtigen!" Der
Fischerwirt wirft der Rosl einen beschwich-
tigenden Blick zu, aber der verfängt bei
ihr nicht. Ordentlich reibt sie es den
dreien hin, so ordentlich, daß sie ganz dasig
beieinanderhocken. Ob sie denn gar nicht
an ihre Weiber dächten, denen sie ewige
Liebe und Treue geschworen hätten; Ob
sie nicht gelobt hätten, wo du hingehst, da
will ich auch hingehen; Und jetzt liefen sie
ins Wirtshaus und ließen ihre armen
Weiber daheim, mutterseelenallein. Und
wenn sie dann nach Hause kämen, was
brächten sie den bedauernswerten besseren,
jawohl tausendmal besseren Ehehälften
mit; Einen leeren Geldbeutel, grobe
Worte und einen Mordsrausch. Die
resche Rosl spricht über gesenkte Häupter
hin. Schuldbewußtsein steigert sich beim
Graspointner mählich zum heulenden
Elend; der Streidl nimmt noch rasch einen
Schluck und brummt: „Pfui Deifi!" Der

sperre Haselbrunner schielt die dralle
Schankdirn von der Seite an und meckert
kleinlaut: „Ja, ja". Am tiefsten senkt der
Fischerwirt sein kahles Haupt, bis ihm die
Tischplatte zum Pfühl wird. Der Fischer-
wirt ist nicht schuldbewußt, aber hunds-
müde ist er. Sägende Schnarchtöne drin-
gen aus seinem halbgeöffneten Mund, in
die sich die Seufzer des windelweich ge-
wordenen Graspointner mischen: „Recht
hat s' die Rosl, ganz recht. Mei arme —
mei guate Balbina — o mei — o mein —
o mei!" Der Streidl stiert in sein leeres
Glas und brummt: „Pfui Deifi!" Der
sperre Haselbrunner aber reißt die Augen
weit auf, schlägt mit der Faust auf den
Tisch, daß der Fischerwirt beinah auf-
schrickt, und murmelt: „Es muaß was
g'schehgn!" — — war es die unendliche
Güte des weiblichen Herzens, das da Mit-
leid mit den zerknirschten Sündern fühlte,
oder war es die begreifliche Sehnsucht der

Rosl nach ihrer Bettstatt, die sie trieb,
den drei Reumütigen mit ihrem Rat bei-
zuspringen; was es auch gewesen sein
mag, ihre Worte fielen auf fruchtbaren
Boden, und die düsteren Mienen der drei
hellten sich auf, als sie den Rat der Schank-
dirn hörten: „Bals jatz hoamkemmts, koa
grobs Wort zu enkere Weiber! Seids
guat und bal oane an Wunsch hat oder a
Bitt', die werd erfüllt! Sell müaßts be-
schwör'n." „Gilt scho", brummt der Streidl,
dann erhebt er sich schwerfällig. „Ich ge-
lobe es!", sagt der Haselbrunner feierlich.
Und der butterweiche Graspointner drückt
der Ratgeberin die Hand und beteuert:
„Bal mei Balbina 's schönste seidane Fürta
will — sie kriagt 's!" Dann wanken die
drei in die stockdunkle Nacht hinaus. —
Inzwischen ist der Fischerwirt wieder zu
sich gekommen, und während er die Türen
verschließt, steigt die Rosl hundsmüde in
ihr Bett. Von ferne her vernimmt sie
noch die meckernde Stimme des sperren
Haselbrunners, „Ich gelobe es!", und
dann schlummert sie ein. — Eine halbe
Stunde später schreckt sie jäh aus dem
Schlaf.

Ihr war es, als pumperte einer gegen
die Haustür. Aber da sich weiter nichts
regt, muß sie wohl geträumt haben. Die
Rosl legt sich auf die andere Seite und
schläft weiter. Aber das Pumpern hat sie

.80, Helm Appell warst du — na schau dir amal
deinen Dienstanzug an!“

57
Register
Haux: Zeichnung ohne Titel
Albert Wisheu-Martens: Die drei Reumütigen
 
Annotationen