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Das verpatzte Stelldichein

X> o n XV isheu - M arten?

in bildsauberes ilTafcel ist sie schon,
dem Herrn Förster seine Älteste, die
Traudl; aber da? Institut ist ihr halt
nicht recht bekommen. Der Meinung ist
auch der Herr Förster selber. „Grad als
wenns mas vertauscht hatten", brummt
er manchmal vor sich hin und der alte
Iagerbartl stimmt ihm zu: „Is früher
so a natürlis Deandl gwen, unser Traudl,
und jatzt hams glückli a hoffartige Docka
aus ihr gmacht." 2luf den Tanzboden hat-
ten sie keine zehn Röster bringen können
und ihre Rameradinnen von früher tat
sie kurz und schnippisch ab, wenn sie mit
ibr plauschen wollten; das Mannsvolk
gar übersah sie vollends.

Vluv einer schien Gnade vor ihren
schönen Augen gefunden zu haben, der
neue Hilfslehrer, der Herr Romanus Zistl.
Er schrieb ihr Lnnigminnige Brieflein
und aus diesen klang gar lieblich das
sanfte Tönen seiner himmelblauen Seele.
Voll elfenzarter Poesie in Schrift und
Wort war Zistl. hingerissen lauschte
Traudl seinen Worten auf ihren beim-
lichen Spaziergängen im Walde. Eines
Tages erschien sie in Begleitung ihres
kleinen Bruders, des wiggerl, der den
erstaunten Lehrer mit freundlichem Grin-
sen begrüßte. Romanus Zistl erwiderte
den Gruß obne die gleiche Freude zu zei-
gen. Seine düstere Miene verhehlte
keineswegs, daß ihm wiggerl höchst un-
willkommen sei. Traudl flüsterte ihm
entschuldigend zu: „Ich Hab den wiggerl
mitnehmen müssen sonst hatt ich über-
haupt nicht kommen können." Romanus
nickte ihr schmerzlich bewegt zu; dann
schritten die drei einsilbig durch den Wald.
Ein Seufzer entrang sich Traudls Brust;
wiggerl mißdeutete ihn und meinte:
„hattst net so vui Rnödln g'effen!" Die
Schwester wandte sich empört ab und ihre
Augen suchten Trost bei Zistl, der den
ungebetenen Begleiter mit kopsschütteln-
der Strenge maß.

wiggerl fand dieses Schweigen im Walde
äußerst langweilig und sprang voraus.
Doch ehe die Liebenden noch mehr als ein
paar seelenvolle Blicke tauschen konnten,
machte er kehrt und rief: Du Traudl, i
muaß amal!" Des Försters Töchterlein
schloß entsetzt die Augen und stand wie
angewurzelt, „hörst net, Traudl, i muaß!",
wiederholte lauter und eindringlicher der
Wiggerl. Romanus starrte wipfelwärts.
Dan aber nahm er, dem Ähnliches von der
Schule her nicht ganz fremd war, den

Rleinen bei der Hand und führte ihn seit-
wärts in die Busche. Traudl starrte ihnen
nach und seufzte abgrundtief. Nach einer
längeren Pause tauchte wiggerl wieder

Göttliche Rräfte durchziehen das Sein.
Stimmen und Sterne,
scheinbar nur ferne,

stehn über euch. Ihr seid nicht allein!

auf, deutete auf den, ihm gemessenen
Schrittes folgenden Pädagogen und
krähte fröhlich: „Du Traudl, er hat fei
aa müaß'n!" — So endete eine Liebe!

Wolken weichen und geben hin.
Berggipfel ragen
Berggipfel ragen!

sei eures Lebens heimlicher Sinn!

G I e t s c h e r Albert Roh de

Trotzen und Wagen

Von Ernst Theo R o h n e r t

Ewige Jugend gebiert den Tag.
putzet die Hände,
daß seine wende

leuchtendes Tagewerk finden mag!

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Register
Ernst Theo Rohnert: Trotzen und Wagen
Albert Rohde: Gletscher
Albert Wisheu-Martens: Das verpatzte Stelldichein
 
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