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Metz

Der Naler XOüH Reue


er in München lebende Lothringer
Willi Reue vereinigt in glücklicher weise
die Elemente deutscher und französischer
Kunst. Am 25. Mai 1S93 in Plantieres
bei Metz geboren, begann er als prak-
tischer Bildhauer. Zunächst widmete sich
der Künstler der Architekturplastik, arbei-
tete in Metz, Berlin, Dresden, Köln und
Saarbrücken, Nach dem Weltkriege, den
er vier Jahre lang an der Westfront mit-
machte, kam der schwer Kriegsbeschädigte
zu dem Bildhauer Hermann Jahn an die
Münchener Akademie. Seitdem ist er in
München geblieben.

Mehr und mehr wandte sich Willi Reue
der Malerei zu. In Lourbet und Lezanne
fand er große Vorbilder, die ihn lehrten,
mit der Farbe umzugehen. Mit äußerster
Sorgfalt studierte er seinen Werkstoff,
die Farbe. Seine Bilder sind durch und
durch malerisch. Die kultivierte Palette
und das plastische Sehen der Franzosen
allein genügte ihm aber nicht. Es kam ein
Augenblick, wo er glaubte, in dieser Ein-
sicht genügend gelernt zu haben. Da zog
es ihn zu den deutschen Meistern, zu Leibl,
Trübner und den deutschen Romantikern.

Willi Reue gibt sich nicht mit Halb-
heiten ab. Er sucht eine Kunst, die über
den Modeströmungen steht. Manet und
manche der französischen Impressionisten,
groß wie sie waren, malten vielfach doch
nur in einer gewissen Manier, die sich
nachahmen läßt. Willi Reue zeigte an
einigen seiner Bilder, daß diese Nach-
ahmung für ihn jederzeit zu erreichen
wäre. Aber daran liegt ihm nichts; er
sucht die Natur in seinen Bildern. Das
taten auch die deutschen Romantiker und
nahmen dabei manches vorweg, was die
französischen Expressionisten anstrebten.
Nur daß sie dabei gediegener waren, daß
sie nicht zu sehr Effekte wie handwerk-
liches Können und wahre Einfühlung in
die Natur anstrebten. Nicht nur der
Lichtreflex, sondern auch die Eigenfarbe
der Dinge sollte zu ihrem Rechte kommen.
So hat man von den Bildern Reues den
Eindruck, daß er die Dinge nicht nur malt,
wie sie erscheinen, sondern wie sie sind.

Willi Reue hat seine Bilder ausschließ-
lich von der Natur gemalt. Kein Strich
an diesen Bildern wurde im Atelier getan.
Eine eigene Technik der Grundierung und

eigene, sehr langsam trocknende Malmittel
machten es dem Maler möglich, draußen
naß in naß zu malen, Farbschichten vom
perlmutternem Schmelz übereinanderzl^
legen, die ihre dauernde Frische behalte^
wie am ersten Tag. Ost nimmt er eineiß
kleinen Passepartoutrahmen zur Hand unfcf
halt ihn vor eines feiner großen Bildet
und siehe da! Jeder beliebige Ausschnitt
des Bildes ist wieder ein vollkommenes
Bild, in Komposition und Farbengebung
harmonisch und doch nur Teil in einem
größeren Bilde. Bei wind und Wetter
sitzt er oft in seiner Lieblingslandschaft
am Lhiemsee, die Leinwand mit dem
Keilrahmen festgezurrt zwischen zwei
festen pfählen, und malt in prima Malerei
ein Bild in allen Einzelheiten herunter.
Die Palette ist immer der Landschaft an-
gepaßt. wechselt die Beleuchtung, so
wird auch wohl ein neues Bild daraus,
das mit unglaublicher Schnelligkeit und
in völliger Stimmungseinheit vollendet
wird, wer vor dem Selbstbildnis des
Malers steht, der wird die unbändige
Kraft und Frische seiner Werke auch in
seiner Persönlichkeit wiederfinden. E. R.

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Willi Reue: Metz
E. R.: Der Maler Willi Reue
 
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