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) lacht im C Jaradies

^ ch weiß nicht mehr genau, wo es war,
und wann es war, aber ich weiß noch, wie
es war, nämlich „so".

Mein Freund Brunhuber nämlich hatte
mich eingeladen: Komm, hatte er geschrie-
ben, schau, und sei glücklich, denn er war
ein Künstler. Aber, schrieb er noch, leg
den Spießer ab, den Alltagsbürger, und
komm nur bekleidet mit den tollen Er-
güssen deiner lockeren Phantasie, und vor
Allem, vergiß die „Eva" nicht, mit dem
Apfel, denn was wäre das Paradies ohne
Sünde? Ein Ei ohne Salz oder ein Ruß
ohne Bart, — also —

Er war eben ein Künstler.

Und ich kam:

Meinen „appollonischen" Körper mit
kleinen Fehlern, hatte ich mit der Roman-
tik meiner gesamten Jugendliteratur be-
hängen.

Das mächtige Bärenfell (Made in
Thüringen) aus dem Schlafzimmer bildete
dabei den hauptsächlichsten Bestandteil.
Dann hackte ich den Besenstiel ab, nagelte
obenhinaus den goldenen Stern, der erst
die Lhristbaumspitze geziert hatte, und
schrieb aus das Ganze mit Tintenblei:
„Morgenstern."

Also gerüstet stellte ich mich vor den
Spiegel, kämmte mir die Haare in die
Stirne, und nahm ein verwegen sinn-

liches Aussehen an, und zitierte: ,)Struppi
kam, sah, und siegte."

„Struppi" war nämlich mein Pseudo-
nym, — so besohlen von meiner „Eva".
Da der Erste war, und meine Hausfrau
die Miete noch nicht kassiert hatte (fahr-
lässigerweise) nahm ich ein Taxi und fuhr
zum Ball. — Vorderhand „Ohne".

Denn:

Da meine Freundin noch sehr jung, und
noch sehr hübsch war, und Ihr Vater-
Beamter war, der auch noch was auf
Moral hält, mußte meine „Larmen" auch
Ihr Alibi mitnehmen. Das Alibi war
genau so blond wie Sie und fast genau so
hübsch, und von der Mutter meiner
Freundin amtlich beglaubigt, trotzdem
Ihr Vater kein Beamter war.

Ich wurde also ausgenommen, in das
sündige Treiben, dieser Konsetti-Speier
und Luftschlangenbeschwörer, und schon
nach einer Stunde war ich im Paradies.

Die beiden Verführerinnen waren auch
schon erschienen, tief verschleiert oben, und
von einer gefährlichen Barsüßigkeit unten.

Neben mir saß ein Fakir, ein Joghi,
original indisch.

Er war bereits in Trance und lallte
gebrochen:

Auf der Suche nach Laster Hab ich Kak-

teen geküßt, Glasscherben Hab ich mir ins
Bett gestreut, mit Salzsäure — hupp —.

Ach sprach er dann zu seiner Göttin:

Komm her du gestaltgewordene Rippe,
— so geschrieben in der Bibel — etwas
wird wohl noch dran sein an dir, für einen
hungrigen Fakir. Da kam die Freundin
meiner Eva zu mir.

Du, stotterte ich, ich habe vom Baume
der Erkenntnis gegessen, und ich fühle daß
ich dich begehre. Komm leg deinen Arm
fest um mich. Ach, ich Hab mich ja so nach
dir gesehnt, und übrigens, weißt du, ich
Hab dich eigentlich viel lieber wie meine
Eva, aber sag ihr bitte nichts.

Sie blieb merkwürdig stumm, und
nahm nur ihr Kölnisch aus der Hand-
tasche, und besprengte sich damit. Die
Flasche stellte sie auf den Tisch.

Ehe ich es verhindern konnte, war der
Fakir darüber hergefallen. Teufel sagte er,
echter schottischer wisky, und nahm einen
Schluck davon — hupp —.

Mensch, platzte ich los, gib das Kölnisch
her, und entwand es seinen indischen
fänden.

Dann sprach ich weiter.

Und weißt du, sagte ich, mir liegt
eigentlich gar nichts mehr an meiner Eva,
und —

Augenblick, sagte sie, und nahm den

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Index
Paul Rieth: Zeichnung ohne Titel
Siegfried Sommer: Die Nacht im Paradies
 
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