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uj> ungetan

Dichter, warum jo traurig?

2^ ach unserem Posteingang zu schließen,
scheint eine Welle des Weltschmerzes
über unsere Dichter hereingebrochen zu
sein. Der Frühling lacht, die Sonne
scheint, aber der Poet ist traurig. Es ist
ihm ein Genuß, seine Romane, Novellen
und Gedichte um Mitternacht, bei Nebel
und Sturm leben, oder vielmehr sterben
zu sehen. Er brütet nächtlich voller
Todesahnung, Blatter fallen, Liebende
sterben und Schiffe gehen unter. Reihen-
weise. Der Dichter sucht verzweifelt nach
dem Traurigsten, was die Menschheit er-
freuen könnte. Aber, o Dichter — das
Traurigste kennst du noch nicht! Es ist so
traurig, daß man ein Mittel zum Ein-
nehmen gegen Selbstmord erfinden muß,
um nicht in diesem Berus zu verenden.
Daß man nämlich verdammt ist, auf einer
Redaktion zu sitzen und deine Manuskripte
zu lesen. —

Gewiß ist es Ehrensache für einen
Dichter, sich selbst im schönsten Frühling
unglücklich zu verlieben, aber das pas-
siert schließlich anderen Menschen in
ihrem Privatleben auch, und man kann
deshalb nicht ununterbrochen in allen
Versmaßen seufzen. Und wenn schließlich
deine alte Tante auf mysteriöse weise im
Nebel ums Leben gekommen ist, laß die
alte Dame schlafen, denn sie hat Ruhe
nötig! Glaubst du, junger Dichter (je
jünger, desto finsterer), daß es für den
schaffenden Menschen nach des Tages Last
eine angebrachte Massage ist, wenn du
ihm in deinen Geschichten am spaten
Abend noch das eiskalte Gruseln über den
Buckel jagst? — Ein Trost, o Dichter, daß
deine Produkte nur Phantasie und nicht
Wirklichkeit sind! Sonst gäbe es weder
Lachen noch Sonnenschein, sondern nur
Nebel, Regen und Tote um Mitternacht.
Du brauchtest nicht mehr zu dichten, denn
es wäre keiner mehr übrig, der es lesen
könnte.

Denke deshalb nicht, daß wir gefühls-
roh sind und nicht mit dir erleben! Zwar
hast du beruflich das Recht, tiefer zu füh-

len als wir, aber mancher „verfühlt" sich
halt zu tief hinab, und der Fimmel ist
oben. Und da wir uns imnler wieder
fragen, warum du, ach, so leiden mußt,
sagen wir zum Trost: unsere Raffe ist

auch nicht größer, und unsere erste Braut
war auch nicht immer gleich die Richtige.
Aber wir haben Mut und können deshalb
nicht versinken. Und dabei solltest uns
gerade du, o trauriger Dichter, helfen.
Ist dir denn nicht mal etwas Weiteres
passiert? wir lieben und lachen, trinken
Bier oder Sekt — sofern wir Geld haben,
und lachen erst recht, wenn wir keins
haben. Romm zu uns, Dichter, und lache
mit!

Der Goldfisch

Ä- nlaßlich einer Zoologieprüfung bemüht
sich der Professor vergeblich, dem Munde
des ebenso hochgeborenen wie tiefbegabten
Schülers tierkundliche Renntniffe zu ent-
locken.

Schließlich soll ihm der Prüfling einige
Fische nennen. Er kennt nur Tintenfisch,
Walfisch und Backfisch.

„Tja", meint der Professor, neuerlich
enttäuscht, eigentlich ist der Tintenfisch
kein Fisch, sondern ein Weichtier, der
Walfisch aber ein meerbewohnendes

Saugetier; der Backfisch, hm —, auch
wenn man ihn in gewisser Einsicht als zoo-
logischen Begriff gelten läßt, müßte man
ihn doch näher bezeichnen. Also, welcher
Backfisch wird am meisten geschätzt?"

„Der Goldfisch:", antwortete grinsend
der Gefragte.

SünfHnge

^ olgendes wird berichtet: Einem Ein-
wohner eines kleinen Dorfes bei waldskut
hatte seine Hündin durch den Wurf von

Jungen derart freudig überrascht, daß
er nicht umhin konnte, einem Freunde in
Basel von seinem Glücke zu melden. In
der Eile schrieb er aber in einem, daß sich
seine „Familie" um fünf Sprößlinge ver-
mehrt habe, was den Freund in Basel ein
wenig mitleidig machte, denn die Fünf-
linge kamen ihm wohl als zu viel des
Guten vor. Ein gutes Herz hatte der
Basler und er sandte deshalb seinem
Freunde umgehend ein Ristchen mit folgen-
dem Inhalt: 2 Flaschen Burgunderwein,
einer Lyonerwurst und ro Franken für die
„Mutter". Außerdem bat er ihm bald mit-
zuteilen, wieviel Buben und Mädchen
unter den Fünfen seien. — Der gütige
Geber wird inzwischen wohl beruhigt wor-
den sein.


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Redaktioneller Beitrag: Aus unserem Skizzenbuch
Julius Macon: Zeichnungen ohne Titel
 
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