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München erlebt die
Befreiung Österreichs

A

ls in München die Nachricht von
Schuschniggs Verrat am deutschen Frie-
den und von dem drohenden Bürger-
kriege in Österreich bekannt wurde, als die
wehrfähigen Männer Münchens zu den
Waffen gerufen wurden und die Lage
ernst genug aussah, da bebte manches
Frauenherz in der Vorahnung einer schick-
salsschweren Zukunft. Da kam die Nach-
richt, daß Schuschnigg zurückgetreten sei,
daß er sich in seiner Verblendung einen
Abgang verschafft habe, der ihm für alle
Zeiten neben den Separatisten vom Rhein
und von der Saar die Verachtung der
Geschichte sichern wird. Und schon zogen,
von der neuen nationalsozialistischen Re-
gierung Österreichs gerufen, die deutschen
Truppen ins Land, um es vor blutigem
Terror zu bewahren und den eben erlang-
ten Sieg der Bewegung zu schützen. Mit
leuchtenden Augen verfolgte jeder deutsche
Volksgenosse das blitzschnelle handeln des
Führers, das Wunder der deutschen Eini-
gung. So schnell und reibungslos ging
alles, daß jeder erkennen mußte, wie
lange das deutsche Volk in Österreich auf
diesen Augenblick gewartet hatte. Reiner
schämte sich, wenn ihm vor Rührung und
Begeisterung die Tranen in die Augen
traten. Und die nicht mitdursten nach
Österreich, den Einzug Adolf Hitlers zu
erleben, saßen in München daheim und in
den Gaststätten am Lautsprecher und er-
warteten mit Spannung die weiteren
Nachrichten vom historischen Geschehen
des Augenblickes.

Salzburg vom Restaurant „Elektrischer
Aufzug*

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Aufzug"

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^ n einer Münchener Gaststätte laßen
Volksgenossen, die sich vor Minuten noch
unbekannt gewesen waren, wie eine große
Familie vereint. An einem der Tische be-
fand sich eine Ausländerin unter den vie-
len, die den Worten des unsichtbaren
Sprechers lauschten. Ergriffen gab sie
ihren deutschen Nachbarn die Hand, sah
sie mit leuchtenden Augen an und sagte:
Sie dürfen stolz sein:

A

n lustigen Erlebnissen fehlte es in
diesen Tagen in München nicht. Zum
Einzug der ersten Rompagnie österreichi-
scher Soldaten Ln München hatten wehr-
macht und Gliederungen der Partei
Ehrenkompagnien und Stürme abgeord-
net, die die Rrieger des ehemaligen Bun-
desstaates in Empfang nahmen und mit
ihnen unter dem Blumenregen der
jubelnden Bevölkerung durch die Stadt
marschierten. Und wie die Jungen sach-
verständig Automarken und Geschütz-
kaliber beurteilen, so erklärten die kleinen
Mädel einander die Uniformen. Als das
plSRR. vorbeimarschierte, hörten wir
am Randstein ein winziges Mädelchen zu
einem anderen sagen: „Du, da kommt
^rSRakao!"


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A

m Abend des 12. März fand am
Röniglichen Platz eine Feier statt, bei der
unter beispiellosem Jubel der Gauleiter
Wagner über die Bedeutung des Augen-
blickes sprach. An den erleuchteten Ehren-
tempeln loderten von den Pylonen die
Flammenschalen. Trotz der späten Stunde
brachen, als der Beifall verrauscht war,
die Formationen zu einem Fackelzuge aus.
Noch war das Volk auf den Straßen, und
als der Zug am Gauleiter vorbeizog, da
mußte jeder seinem Kerzen Luft machen.
Man sah an den Blicken Adolf Wagners
und der Menschenmassen, die vorüber-
zogen, daß ihr Herz überströmte. Der
Dank aller, der dem Führer galt, wurde
auch seinem treuen Mitstreiter darge-
bracht und mehr als je entdeckten die
Münchener, daß sie dem nationalsozialisti-
schen Deutschland nicht nur angehören,
sondern ihm und seinen Vertretern mit
innerstem, warmem Kerzen verbunden
sind, wieviel stärker dieses Gefühl ist
gegenüber den Sensationen, mit denen
anonyme Mächte die öffentliche Meinung
anderer Länder beherrschen, das erlebten
wir in dieser Stunde.

A

uch am nächsten Tage war alles auf
den Beinen, und nur langsam konnte man
durch die freudige Menge auf den Stra-
ßen Vordringen. Auch die Raffeehäuser
und Bierstüberl waren voller freudig er-
regter Menschen. Im Tafe Wien spielte
zwischen den Rundfunkansagen die
Rapelle deutsche Märsche und wiener
Walzer. Der Rapellmeister stellte dem
Publikum seine einzelnen Musiker vor.
Einer von ihnen aber lachte über das
ganze Gesicht. Das ist ein Österreicher,
erklärte der Dirigent, wissen Sie, war-
um er so lacht? Er freut sich, daß er ab
beute kein Ausländer mehr ist!

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D i e Jugend

^ 1938 / 3UGEND Nr. 13 / 29. März 1938 Einzelpreis 40 Pfennig

f Verantwortlich für die Schriftleitung: Fritz Maier-Hartmann, München; für Anzeigen: Karl Schilling, München / Verlag: Karl Schilling- Verlag,

München, Kanalstraße 8, Tel. 27682 / Druck: Graph. Kunstanstalt W. Schütz, München, Herrnstr. 8—10, Tel. 20763 / Für Herausgabe und Schriftleitung in
Österreich verantwortlich: Dr. Emmerich Morawa i. Fa. Morawa & Co., Wien 1, Wollzeile 11 / Alle Rechte Vorbehalten / Nachdruck strengstens ver-
boten / Copyright by Karl Schilling- Verlag, München / DA. 4. Vj. 37: 4000. Prl. Nr. 3 / Manuskripte sind nur an die Schriftleitung der ,,JUGEND",
Karl Schilling- Verlag, München, Kanalstraße 8, zu richten / Rücksendung erfolgt nur bei beigefügtem Porto / Postort München
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[nicht signierter Beitrag]: Reproduktion ohne Bezeichnung
Redaktioneller Beitrag: Aus unserem Skizzenbuch
Julius Macon: Zeichnung ohne Titel
 
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