Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vor Jahren batte der Wirt einmal die
ganzen Studentenverbindungen von
München zu einem Abendschoppen ein-
geladen. Um elf Uhr nachts kamen sie
alle anmarschiert mit Fahnen und Musik
und dann gab es eine richtige Freß- und
Saufschlacht im Franziskaner, Nicht
weniger als 26 Hektoliter Bier wurden
getrunken und dazu 4000 Weißwurst und
mehrere tausend Brezen verzehrt. In der
„Schwemme" des Lokals ist ein bekannter
Rünstlerstammtisch und es gibt wenige
Berühmtheiten, die sich auf seiner Tisch-
platte nicht verewigt haben.

*

Daß eine Wirtschaft schon um 5 Uhr
in der früh frisch „anzapft", dürfte auch
einmalig sein. Der „D 0 n i s l" darf
diese Sonderstellung für sich in Anspruch
nehmen. Eigentlich ist der „Donisl", der
in früheren Zeiten „Zum Bayerischen
Donisl" bieß, eine bürgerliche Tageswirt-
schaft, aber zur Faschingszeit wird er zu
einer Hochburg der Nachtschwärmer aus
allen Volksschichten, er öffnet dann schon
um vier Uhr und ist somit das Endziel
aller Faschingsfreudigen, die kein Ende
finden können. Das Lokal hat im letzten
Winter eine gründliche Erneuerung er-
fahren und mit den Bildern Alt-Münchner
Originale an der wand, kann man es
wohl als Sehenswürdigkeit ansprechen.

Am Marienplatz waren früher Lauben-
gange. Finster war es in den Laden, die
sich dahinter befanden und finster war es
auch in der Wirtschaft „Zum ewigen
L i ch t", die dort von den alten Münch-
nern viel besucht wurde. Im vorigen
Jahrhundert schon bestand das Lokal und
war besonders bekannt durch seine
„Schmankerln", als da sind: Schwammerl
mit Rnödel, gedünstetes und gesottenes
Rronfleisch und Weißwürst. Das „Ewige
Licht", das einige Jahrzehnte lang „pe-
terhof" hieß, wird sogar als die Geburts-
statte der Weißwurst genannt. Ein
früherer Wirt, der Seppl Moser genannt,
soll sie, allerdings nur weil ihm die Darme
für die Bratwürste zu groß geraten
waren, „erfunden" haben.

*

Sonnengarten, Trefler, Wagner, bis
zum „S 0 n n e n h 0 f" — wie die Groß-
gaststätte heute heißt —, das sind die
Wandlungen während der letzten fünfzig
Jahre. Besonders als „Trefler" war das
Haus den älteren Münchnern gut bekannt
und in ihm lernten die Münchner zum
erstenmal das Rino, das „Bioskop", wie
es damals hieß, kennen. Der Ronzert-
garten — der jetzt übrigens wieder er-
öffnet werden soll — war der Treffpunkt
des jungen Ravaliers mit seiner Liebsten,
und wenn die Militärmusik die „Lauschige
stacht" spielte, so war das für sie er-
träumte Wirtshausseligkeit.

*

Ein Lokal, das an Originalität kaum
zu übertreffen ist, ist der „Metzger-

Der „S p ö c k m e i e r“ in seiner frühesten Gestalt
Das älteste Münchner Wirtshaus (Historisches Stadtmuseum München)

b r ä u" im Tal. Er ist die Hochburg der
Münchner Athleten schon seit altersher.
Als eine Sehenswürdigkeit kann das
„Vereinszimmer" bezeichnet werden, in
dem die Trophäen und Lichtbilder fast der
gesamten Rraftmänner Deutschlands be-
wundert werden können. Im Metzger-
bräu findet man auch Erinnerungsstücke
an den einstmals bekannten Naturkraft-
menschen Steyrer Hans, den um die Jahr-
hundertwende jeder Münchner kannte. Da
steht die Schnupftabaksdose mit ihrem
Gewicht von 43 Pfund, der Spazierstock
mit io Pfund und zwei Regenschirme mit
13 und 15 Pfund. Verwundert staunt man
auch den Stein mit seinen $2$ Pfund an,
den der Steyrer Hans mit dem Mittel-
finger „aus dem Rreuz" hob. Außerdem
aber ist im Metzgerbräu immer „etwas

los", eine „Musi", und es wird gesungen
und gejodelt nach Herzenslust.

Man sagt gemeinhin, daß der Fremde
seine erste Münchner Biermaß im Hof-
bräuhaus trinkt. Aber es gibt doch
welche, die ihren Durst nach einer echten
Münchner Maß nicht bis ins Hofbräu-
haus Hinhalten können und — kaum aus
dem Zug gestiegen — sich schon die erste
Maß in einem der Räume der „H a upt-
b a h n h 0 f g a st st ä t t e n" genehmigen,
was man im allgemeinen unter Bahn-
hofswirtschaft versteht, ist in München zu
dem Begriff „Internationale Gaststätte"
geworden. Heute sind die Räume alle
neuzeitlich umgestaltet, aber alt und alt-
bekannt sind sie doch. Eine Besonderheit,
die man von dem Gaststättenleiter erfährt,
ist, daß in den Räumen die eiligen Reisen-
den so viel vergessen und stehen lassen, ja
es ist schon vorgekommen, daß selbst im
strengsten Winter Damenpelze liegen
blieben. Eine Sonderheit der Betriebe ist
cs auch, daß sie mit Tempo arbeiten.
Raum daß der Gast bestellt Kat, muß er
auch schon bedient sein, eine unbedingte
Notwendigkeit für den Reisenden, bedingt
aber auch durch den ständigen Wechsel der
Gäste, die sich zum großen Teil auch aus
Reisegesellschaften aus aller Herren Län-
der rekrutieren.

Schweinswürstl am Rost sind eine
„Brotzeit" so recht nach Münchner Ge-
schmack und das „B rat w u r st 9 l ö ck l"
ist eine altbekannte Geburtsstätte dieser
Bratwurstangelegenheit. Dafür hat das

387
Register
[nicht signierter Beitrag]: Der "Spöckmeier" in seiner frühesten Gestalt
 
Annotationen