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SCHICKSALE BERÜHMTER GEMÄLDE:

Der Center Altar

/-CÜii4 zahlen das Jahr 1432. In der
von Jodocus X>ybt und seiner Gemahlin
Isabella gestifteten Rapelle in der Johan-
niskirche in Gent wird ein Gemälde, die
Anbetung des Lamms darstellend, feierlich
enthüllt: es ist der nachmals so berühmt
gewordene „Genter Altar", das Standard-
werk und großartigste Denkmal der alt-
niederländischen Malerei. Gemalt von den
Brüdern Hubert und Jan van Eyck. Eine
auf dem alten Rahmen erhaltene Inschrift
sagt über Maler und Auftraggeber aus:
„Der Maler Hubert van Eyck, den nie-
mand überragte, begann das schwere Werk,
und sein Bruder Jan, in der Runst sein
Genosse, stellte es fertig — durch die Bitte
des Jodocus Vydt dazu berufen."

Mehr als hundert Jahre vergehen und
das „überköstlich, hochverständig Gemal"
(nach einem Ausspruch Dürers) bleibt un-
versehrt an Ort und Stelle, bis der erste
öffentliche Aufruhr drohend sein Haupt
erhebt. Um i5öö muß der Altar, vor dem
Zugriff der Bilderstürmer, in der neuen
Zitadelle der Stadt in Sicherheit gebracht
werden. Aber damit noch nicht genug.
Etwa ein Jahrzehnt spater steht das Bild-
werk aufs neue im Mittelpunkt erregter
Auseinandersetzungen. Der Glaubenskampf
ist in vollem Gange. Auf Betreiben ge-
wisser Rreise in Gent soll der kostbare
Schatz der Rönigin Elisabeth in England
zum Geschenk gemacht werden für die
Hilfe, die sie den Genter Ralvinisten ge-
wahrte. Die Werke sind zu diesem Zweck
bereits im Rathaus aufgestellt und gelten
für Gent als verloren, da tritt im letzten
Augenblick ein Nachkomme der Stifter-
familie auf und es gelingt ihm durch seine
leidenschaftliche Fürsprache, die Stadt vor
dem Verlust zu bewahren. Einige Jahre
bleiben die Bilder im Rathaus, dann
wandern sie, auf heimlichem Wege, nach
der Eroberung der Stadt durch die Spa-
nier im Jahre 1564, wieder zurück an
ihren alten Ort Ln der Johanniskirche.

war damit die endliche Sicherheit der
Gemälde gewährleistet? Nein, ihre wechsel-
volle Geschichte sollte erst beginnen. Bei
einem plötzlich ausbrechenden Brand des
Rirchendachs um die Mitte des 17. Jahr-
hunderts geraten sie in höchste Gefahr. Es
muß ein anderer feuersicherer Platz für
ihre Unterbringung gefunden werden.

Der lachende Philosoph

Das gute Buch

Lies ein Buch, bevor du es kaufst und
kaufe dir nur solche Bücher, die du wieder
und wieder lesen möchtest.

*

Deine besten Freunde sind deine Bücher.
Zeige mir, was du liest, und ich sage dir,
wer du bist.

*

Nur solche Bücher haben Wert, die dich
ins Leben führen! Bücher, die vom Jen-
seits und unwirklichen Dingen erzählen,
gehen dich nichts an!

*

Ein Buch, das du liest, ohne mit und in
ihm zu leben, ist umsonst gelesen.

*

Nicht auf das Wieviel kommt es beim
Lesen an, sondern auf das Wie.

*

Es ist mit Büchern wie mit Menschen.
Der Freunde, die man sich als Begleiter
durchs Leben wünscht, sind nur wenige.

*

Ein gutes Buch führt dich über den
Alltag hinaus. Und oft schon war die Er-
innerung daran Wegweiser am Scheideweg.

Und nun vergeht ein neues Jahr-
hundert. VTcue Eingriffe und Zwischen-
falle, teils höherer, teils menschlicher Ge-
walt folgen. Und man mag es vielleicht
begreiflich finden, daß die Stürme der
Zeit nicht spurlos an dem Runstwerk vor-
übergegangen sind und nrehr als einmal
seinen Bestand bedrohten. Aber als eine
seltsame Ironie will es uns heute er-
scheinen, wenn wir erfahren: Die Ge-
mälde müssen aus Gründen der „Sittlich-
keit" aus dem Gotteshaus entfernt werden,
und zwar auf ausdrücklichen Wunsch des
Raisers Joseph II., der 1761 die Rirche
besucht und das verbot verfügt, weil die
Nacktheit der Adam- und Eva-Figuren
seinen Widerwillen erregen, war dies
eine rein persönliche Maßnahme, die jedoch
weiter keinen Schaden gestiftet hat, so
sollte es bald viel schlimmer kommen.

Schon werfen die Ereignisse der franzö-
sischen Revolution und ihrer Bezwingung
durch den korsischen Dämon ihre Schatten
voraus. Die Beutegier der siegreichen
Heere macht auch vor den Runstwerken
fremder Lander nicht halt. Und so werden
in den 90er Jahren dieses Jahrhunderts
die Mittelbilder des Genter Altars nach
Paris verschleppt und dort im Louvre
unter den anderen geraubten Stücken zur
Schau gestellt. Die sechs Flügel aber wer-
den für einen Spottpreis an einen belgi-
schen Runsthandler verkauft, der sie als
gerissener Geschäftsmann an den engli-
schen Sammler Solly weiterveräußert.
Mit dieser Sammlung Solly kommen sie
schließlich 1621 ins Berliner Museum.

Inzwischen war das napoleonische Reich
zusammengebrochen und die Ln den Rriegs-
wirren geraubten Mittelstücke finden ihren
weg von Paris in die Heimat zurück.
Dort haben sie endlich als unveräußer-
liches Gut an der altehrwürdigen Stätte
der pydt'schen Rapelle bis auf den heuti-
gen Tag die erlösende Ruhe gefunden,
zusammen mit den in der Berliner Galerie
untergebrachten Flügeln, die ein Jahr-
hundert später, nach Ende des Weltkriegs,
wieder an Belgien gekommen sind.

Das ist der Schicksalsweg des Genter
Altars, der erhabensten Schöpfung am
Eingang der niederländischen Malerei.

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Register
Adolf Hösel: Der Genter Altar
Karl Baur: Vignette
[nicht signierter Beitrag]: Der lachende Philosoph
 
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