bezogen sich seine Worte darauf. Ulan
hatte ihm mein zufälliges Zusammentref-
fen hinterbracht, und wohl gar in entstell-
ter Form, übertrieben, was wußte ich
auch, welche geheimen Strömungen, Geg-
ner oder Feinde hier vielleicht gegen mich
arbeiteten und wühlten- wer weiß, was
man dem Regenten über die kurzen Minu-
ten im nächtlichen Garten berichtet hatte.
Ich mußte vorsichtig sein und antwortete
daher sehr höflich:
„Zu meinem größten Bedauern war ich,
ohne genaue Renntniffe Eurer Hausgesetze,
abends in den Garten gegangen. Es wird
natürlich nicht wieder Vorkommen."
„Nein — es wird nicht." Verdeckt ton-
los kamen diese Worte, freundlich, und
doch — was lauerte in ihnen- welchen
drohenden Doppelsinn bargen sie-
Ich verabschiedete mich bald und zog
mich in mein Gemach zurück. Es fing an,
mir hier unheimlich zu werden. Aber —
ich mußte ausharren, ich konnte unmög-
lich so abreisen, auf diese ungewissen Be-
fürchtungen hin. Und mein Auftrag! Alber-
ich wollte mich beeilen.
Am nächsten Tage brachte mir gegen
Mittag ein Bote ein Handschreiben Huen-
Lihs. Als ich es las, durchfuhr mich ein
heftiger Schreck. Der Regent lud mich für
den folgenden Nachmittag zum Tee in
den blauen Pavillon ein! Angesichts der
kurzen, höflichen Zeilen überkam mich jäh
die Gewißheit, daß ich in Lebensgefahr
schwebte. 2lber in einer Gefahr, die ich
nur ahnte, die unwesenhaft irgendwie mit
dieser verfluchten gläsernen Brücke zu-
Hebbel-Worte
Am 13. Dezember jährt sich der 75. Todestag
des großen deutschen Dichters und Denkers.
Es gibt ein sicheres Zeichen der Selbst-
erkenntnis: wenn man an sich selbst weit
mehr Fehler bemerkt als an andern!
*
Das tiefste Bedürfnis meiner Natur ist zu
verehren und zu bewundern.
*
Der Jugend vergebe ich lieber tausend
Sünden als gar keine.
♦
Jedes echte Kunstwerk wirkt wie die
Natur in ihrer Totalität.
*
Der tiefe Mensch arbeitet in der
Gesellschaft, genießt in der Einsamkeit.
*
Große Talente kommen von Gott, geringe
vom Teufel.
*
•Es gibt Menschen, die nichts haben als
die Kraft, sich zu entschließen, und die
doch dadurch schon viel haben.
*
In jedem Verhältnis darf ich nur soviel
verlangen, als ich selbst geben will und
kann.
*
Sich aufs Leben vorzubereiten und zu-
gleich zu leben, ist die höchste Aufgabe.
sammenhing. Mir war zumute, wie wohl
jemandem, der in dichtem Nebel umher-
irrt und weiß, daß irgendwo vor ihm ein
tiefer 2lbgrund gähnt.
Stundenlang grübelte und zermarterte
ich mein Hirn, um einen 2lusweg zu fin-
den. was konnte ich tun- Ablehnen- Un-
möglich! Es gab keine 2tusrede, die meine
Lage nicht verschlimmert hätte. So oder
so, ich mußte die unheimliche gläserne
Brücke überschreiten, welcher 2lrt aber
mochte die tödliche Gefahr sein, die mich
dort bedrohte- wie konnte ich ihr begeg-
nen- Ich war ratlos. Es dämmerte schon,
als ich zum hundertsten Male am offenen
Fenster stand und in den parkähnlichen
Garten hinausstarrte. Dort hinten konnte
ich die Umrisse des blauen Pavillons er-
kennen. Je länger ich über meine Lage
nachdachte, je mehr erfaßte mich eine
quälende Unruhe und drohte, mich vol-
lends aus der Fassung zu bringen. Und ich
war mir darüber klar — wenn irgend
etwas mich retten konnte, daß noch Mög-
lichkeit überhaupt vorhanden war, dann
war es nur eiskalte Überlegung, Ruhe!
plötzlich raschelte es in Büschen, die in
der Nähe meines Fensters standen. Im
nächsten 2Lugenblick fiel mit leisem Schlag
hinter mir ein kleiner Gegenstand zur
Erde. Überrascht spähte ich umher, war-
tete; alles blieb jedoch still, nur der Nacht-
wind säuselte in den Blättern. 2lber nun
nahten Schritte, eine dunkle Gestalt
näherte sich meinem Fenster und forderte
mich höflich aber bestimmt auf, dieses so-
fort zu schließen. 2lh, ich wurde also be-