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Dr. Heinrich Cassimir

Referent und Spielleiter in der Abt.
Unterhaltung am Reichssender München

unter Abend am Reichssender Mün-
chen! So lesen wir jede Woche einmal im
Rundfunkprogramm und jede Woche
freuen sich ungezählte Hörer auf diesen
Abend, wo sie gemütlich im häuslichen
Rreise zusammensitzen können, um sich die
neuesten Schlager an Witz, Laune und
Humor durch den Lautsprecher „servieren"
zu lassen. Seien wir doch einmal ganz ehr-
lich, wie oft schon haben wir in solchen
Stunden fröhlicher Unterhaltung manchen
Alltagskummer hinuntergespült, haben
gefeiert und uns angestoßen und das Au-
gurenlacheln des temperamentvollen An-
sagers leibhaftig vor uns gesehn. Aber
einen Moment, bitte, eines müssen wir uns
dabei gründlich abgewöhnen: die Neugier!
Der Rundfunk ist kein Theater, kein Film
und kein Rabarett, zu sehen gibt es da also
gar nichts. Der Rundfunk, seinem eigenen
Wesen entsprechend, wendet sich nicht an
das Auge, sondern allein an das Ohr des
Menschen und zwar will er jeden Einzelnen
unmittelbar ansprechen. Das scheinen viele
noch nicht zu wissen, besonders die lieben
„Meckerer", die es auch unter den Rund-
funkhörern geben soll und die den Mit-
wirkenden so manchen „faulen Witz" nicht
verzeihen können. Ihnen möchten wir
gerne raten, nur einmal in Erfahrung zu
bringen, wie es so hinter den Rulissen des
Rundfunks, Abteilung Unterhaltung, über-
haupt zugeht.

Nun, wir haben die Arbeit für sie

bereits besorgt, wir haben es uns nicht
nehmen lassen, den „Meister vom Rund-
funkbrettl" (Verzeihung, den hübschen
Titel habe ich selbst erfunden) an seinem
herrschaftlichen Sitz im Münchner Rund-
funkgebäude selbst aufzusuchen. Sein wohl-
klingender Name mag der Form halber
(oho!) auch nicht verschwiegen werden,
unsere Leser wissen ja langst, wer damit
gemeint ist: Dr. Heinrich Laffimir, Re-
ferent und Spielleiter für Bunte Abende
am Reichssender' München. Da wir uns
schon längere Zeit kennen, so brauchen wir
uns kein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Aber glaube ja niemand, daß ich so mir
nichts dir nichts zu Wort gekommen wäre.
Das liegt aber nicht an dem (den fleißigen
Hörern der Bunten Abende wohlbekann-
ten) sprudelnden Organ meines Gegen-
übers, sondern an ganz nüchternen, äußeren
Umstanden. Ein ums andere Mal schrillt
das Telephon und „Sakrament nochmal"
meint der Doktor, „da sehen Sie, so geht
es den ganzen Tag zu, und was da jetzt zu
verhandeln ist, gilt bereits für unsere Sil-
vester-Sendung." „was, für Silvester-
planen Sie schonr" „Natürlich, vier Wo-
chen voraus müssen die Programme in
großen Zügen fertig sein und — ja ja, man
soll nicht lachen — auf ,Flügeln des Hu-
mors' eilt der Rundfunkunterhalter seiner-
zeit voraus." Allerdings, stelle ich fest, da
gehört schon allerhand Humor dazu, jetzt
zur Adventszeit bereits an Silvester zu
denken. Bei mir wenigstens.

Aber das ist es ja: so ein Bunter Abend
muß gründlich und auf lange Sicht vor-
bereitet sein, um wirklich allen Ansprüchen
gerecht zu werden, wichtig für den Spiel-
leiter ist es, immer neue Ideen zu finden
und Anregungen zu geben, denn es soll
auch jede einzelne Sendung ihren beson-
deren Lharakter haben. Und dies ist not-
wendig, um keine Eintönigkeit aufkommen
zu lassen, wobei in Aufbau und Gliederung
eines Bunten Abends immer noch den
besonderen funkischen Gesetzen Rechnung
getragen werden muß. Und dann, macht
mir Dr. (Laffimir klar, man soll sich die
Gestaltung eines heiteren Abends nur ja
nicht so einfach und selbstverständlich vor-
stellen. Es kostet Zeit und manches Kopf-
zerbrechen, zo verschiedene Nummern —
soviel sind es in der Regel — zusammen-
zubringen und nach Wort und Musik in
einer wirklich bunten Folge durcheinander-
zumischen. Auch die rechtzeitige Verständi-
gung der Rünstler und Künstlerinnen und
passende Verteilung der Rollen ist eine
Aufgabe des Spielleiters.

„Und wie ist denn eigentlich der Vor-

gang der Sendung selbst;", will ich von
Dr. (Laffimir wissen. „Die Durchführung
eines Bunten Abends stellt natürlich ganz
besondere und heikle Anforderungen. Oft
sind mehrere Mikrophone notwendig, für
den Sprecher, den Sänger und das Orche-
ster zum Beispiel, und da heißt es aufpaffen
und seine sechs Sinne zusammennehmen! Es
darf kein Einsatz übersehen werden, denn
es kommt auf jede Sekunde an und mit der
Stoppuhr in der Hand muß für die rei-
bungslose Abwicklung des Programms
Sorge getragen werden." Und so macht
mich Dr. Tassimir noch aus vieles aufmerk-
sam, abgesehen von dem Rleinkram, den es
zwischen den täglichen Vorbereitungen,
Sitzungen, Sendungen und Proben zu er-
ledigen gibt. Man sieht also, es ist ein
verantwortungsvoller Posten, und es muß
schon der richtige Mann am richtigen
Platze sein, um das abwechslungsreiche
Programm der beliebten Bunten Abende
gestalten zu können. Da bei diesen Sen-
dungen außerdem absichtlich auf jedes
öffentliche Arrangement verzichtet und
ganz bewußt die Einstellung auf das Fun-
kische angestrebt wird, ist ein doppelter
Einsatz gerade für den Spielleiter der
Unterhaltungsabende notwendig. Vkur so
kann der unmittelbare und persönliche
Rontakt mit dem Hörer gefunden und sein
Anspruch nach dem bewahrten Grundsatz:
„wer vieles bringt, wird jedem etwas
bringen" zufriedengestellt werden. Ein ge-
sunder, frischer und bayrischer Humor darf
nicht fehlen und so freuen wir uns schon
heute auf den nächsten Bunten Abend am
Reichssender München unter Leitung un-
seres Dr. Laffimir, der mit seinen 36 Jah-
ren auf eine erfolgreiche Rundfunktatigkeit
zurückblicken und im Mai nächsten Jahres
sein zehnjähriges Rundfunkjubiläum feiern
kann. 2t. *3.

Die Zigarre

„Der neue Rollege hat mir heute mor-
gen eine Zigarre geschenkt. Das scheint ja
ein ganz patenter Junge zu sein!"

„Hast du denn die Zigarre schon
geraucht;"

kaffeebraun

„Ich möchte einen kaffeebraunen Rlei-
derstoff!"

„Bitte sehr, meine Dame, wie lieben
Sie den Raffee: hell oder dunkel;"

L. WE RNER,

MÜNCHEN INHABER J. SÖHNGEN

MAXIMILIANSPLATZ 13


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A. H.: Wir plaudern mit Dr. Heinrich Cassimir
Karl Weinmair: Heinrich Cassimir
[nicht signierter Beitrag]: Die Zigarre
[nicht signierter Beitrag]: Kaffeebraun
 
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