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KAFFEE HAG



KAFFEE HAE

r^jn der gemütlichen, von warmem Licht
erhellten Bibliothek saßen sich schweigend
zwei Menschen gegenüber, deren Gedan-
ken einem gemeinsamen Patiencespiel gal-
ten. Die Hausherr in, scheinbar gewohnt,
meist als Siegerin aus diesem Bampf her-
vorzugehen, ließ ihre letrchtenden, blauen
Augen kritisch von Barte zu Barte gleiten
und ein listig vergnügtes Lächeln ließ
erkennen, daß sie im nächsten Augenblick
ihren Gegner wieder zur Defensive brin-
gen wurde. Der ihr gegenüber sitzende
Gast, ärgerlich, trotz aller Anstrengungen
noch kein Spiel mit Erfolg beendet zu
haben, ließ den Blick einen Moment von
den Barten abschweifen und die Gedanken
endeten versonnen bei den zwei unbeach-
teten Wesen dieses Abends.

Das eine war „Müffchen", der mit
dickem, seidigem pelz behängte, graue
Skye-terrier des Dauses, der seine großen,
unter buschiger Mahne versteckten Augen
verzweifelt auf seine Herrin richtete. Man
konnte seinen Wunsch erraten.. Er, die
kleine Hauptperson, war gewohnt, all-
abendlich seinen alten — einstmals weißen
Tennisball zugeworfen zu bekommen,
dem er dann nachjagte, um ihn dem wer-
fenden zu r ü ckzu br i n g e n.

Dieses geschah etliche Male; an jenem
Abend fühlte er sich nun gekrankt, unbe-
achtet und wartete vergeblich. Um Auf-
merksamkeit zu erregen, war „Müffchen"
bereits mehrmals durch den großen Raum
gewandert, landete aber am Ende immer
wieder neben seiner Herrin, vor sich den
Ball. Bein: Laufen ertönte sein kleines
Glöckchen, welches als Erkennungszeichen
an seinem Halsband hing.

Im Bartenkampf war außer den: Hund
das seit Anfang des Abends brennende
Baminfeuer in Vergessenheit geraten.
Anfangs, als die froh züngelnden Flammen
dem Zimmer eine angenehme, wohltuende

Atmosphäre gaben, zog es die Blicke der
beiden Menschen auf sich, „wo immer
Flamnren glühen, ersterben die Worte!"

Dann hatte man sich ans Spielen be-
geben, das Feuer war vergessen. Jetzt
war es am Erloschen, nur mühsam ver-
suchte es, ein noch greifbares Stück Holz
zu finden, um sich noch einmal zu ent-
fachen. Aber die letzten verkohlten
Buchenscheite fielen in sich zusammen und
damit vergingen Glanz, Schönheit und
warme. Es krachte noch einmal heftig
vor dein letzten Ersterben und sandte einen
langen, rötlich-blauen Flammenfaden vor
stch her, züngelte, zischte — und erlosch.

Der dem Feuer gegenübersitzende Spieler
aber hatte den letzten Bampf des Feuers
bemerkt, auch die Ungeduld eines warten-
den Fundes gefühlt. Vielleicht war das
der Grund, immer und immer wieder die
Patience zu verlieren, weil die Gedanken

nicht mein* bei den Barten, sondern bei
Hund und Feuer waren.

was ist Spiel gegenüber den Sorgen
eines kleinen Geschöpfes, das Anspruch auf
Beachtung hat — oder gegenüber einem
Element, das im Bösen so gefürchtet, int
Guten aber so wohltätig und bereichernd
lftn

So dachte der Verlierende, der über
seiner Betrachtung vergaß, daß er verlor.
Siegerin aber war die Hausherrin. Denn
ihre Gedanken galten dem Spiele!

S.L.

Hebe fugend!

„Lore will jetzt eine Mittelmeerreise
machen. Sie lernt eifrig Sprachen."

„Macht sie Fortschritte?"

„Na und ob. Sie kann schon in sieben
Sprachen ja sagen."

1938 JUGEND Nr. 50 13. Dezember 1938 Einzelpreis 40 Pfennig,

Verantwortlich für die Schriftleitung: Dr. A. Hösel, München; für Anzeigen: Karl Schilling, München / Verlag: Karl Schilling- Verlag,
München, Herrnstr. 10, Tel. 27682 Druck: Graph. Kunstanstalt W. Schütz, München 22, Herrnstraße 8—10, Tel. 20763 / Alle Rechte Vorbehalten / Nachdruck
strengstens verboten / Copyright by Karl Schilling- Verlag, München / DA. 2. Vj. 38: 4100. Prl. Nr. 3/ Manuskripte sind nur an die Schriftleitung der
,,3UGEND", Karl Schilling- Verlag, München, Herrnstraße 10, zu richten / Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte kann keine Gewähr übernommen

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