Rund um den Globus
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Das IKobell
Jy ute in den Schaufenstern sind dazu da,
um bewundert zu werden. Aber nicht etwa
von einem winterlichen Modellhut soll
hier die Rede sein, sondern von einem
lilianschlanken, gretablonden Malermodell,
das sinnend vor einem hell erleuchteten
Entladen stand.
Die ausgestellten Herrlichkeiten aus
Velour und Samt, die Federgestecke und
Schleier schienen die Rleine mit dem un-
behüteten Bubikopf nicht sonderlich zu
interessieren, „wissen S', die Hüt sind ja
ganz schön" belehrte sie mich mit ihrer
höchstens achtzehnjährigen Weltweisheit,
„und den schwarzen mit dem geschlampe-
ten Rand könnt i mir grad no leistn,
aber..." fuhr sie mit einem Seufzer der
Erleichterung fort, „es geht halt nix über
die Freiheit." Das kleine Fraulein war,
wie schon erwähnt, Modell eines Kunst-
malers. Es fand seine Tätigkeit herrlich:
immer so mitten drin in der Runst und
dabei doch frei zu sein, alle Tage aus-
schlafen können und keine staubigen Akten
mehr ablegen müssen wie früher, Nein,
nie und nimmermehr wolle sie ins Büro
zurückkehren. Und überhaupt, sagte sie
es sei tausendmal schöner, ein Modell zu
sein. - >
Ja, frage ich mein gesprächiges Maler-
modell, das den Hüten nun endgiltig den
Rücken, mir dagegen immer ausgiebiger
sein von Freiheitsdrang erfülltes Innere
zeigte, ob man denn als Modell sein Aus-
kommen habe.
„Auskommen-" zwitschert die Rleine
und lacht mich beinahe aus, „und ob ich
das Hab! Erst heut Abend Hab ich wieder
neun Räsbrot kriegt und fünf Tassen Tee
dazu!"
Ich rechne im stillen: täglich neun Räs-
brote und 5 Tassen Tee, macht im Monat
270 Räsbrote oder umgewertet einen ganz
stattlichen Räselaib. über die leiblichen
Bedürfnisse dieses kleinen Fräuleins
brauchte ich mir also keine Sorge mehr
zu machen. „Aber", forsche ich weiter, um
einen noch tieferen Blick in das Seelen-
leben dieser waschechten Münchnerin zu
tun, „muß man sich beim Modellstehen
nicht manchmal auch ausziehend"
„GH ja, dös scho", sagt da das sehr
niedliche, sehr blonde und unbehütete
Malermodell mit der unbekümmertsten
Miene der Welt, „aber bei uns is ja
gheizt im Atelier!"
Hollywood? Bin ich verrückt?
Q^in Filmstar, der nicht um die Welt
nach Hollywood gehen würde, ist zweifel-
los seltener als die Blaue Mauritius.
Nichtsdestoweniger aber hörten wir von
der kürzlich in Paris verstorbenen Film-
schauspielerin Pearl white, daß sie vor
einigen Jahren Hollywood die kalte Schul-
ter zeigte, um mit Götz von Berlichingen
zu reden. Pearl white war vor 15 bis
20 Jahren der Abgott des stummen Films
gewesen, sie war das schöne, wilde Mäd-
chen, das von Felsenklippen geschleudert
und gefesselt im Blockhaus eingeschlossen
wurde, während einer der im stummen Film
berüchtigten Schurken mit zynischem Lä-
cheln die Zigarette aus dem Munde nahm
und die Lunte in Brand steckte, die zum
pulverlager unter dem Blockhaus führte.
(Fortsetzung folgt). Pearl white spielte
alle ihre halsbrecherischen Rollen selber
ohne ein Double. Bis sie endlich des ewi-
gen Spiels mit dem Tode müde wurde und
ihre Augen unter dem grellen Schein der
Jupiterlampen zu leiden begannen. Sie
lebte dann jahrelang in Paris und Biarritz,
wo sie das ^otcl Palais de Biarritz als
Rasino übernahm. Als sie nach einer Reibe
von Jahren Hollywood besuchte, entsann
man "sich wieder des früheren Rassen-
magneten und drei Filmgesellschaften mach-
ten chr glänzendeAngebote für den Tonfilm.
Sie schlug es rundweg ab: was soll ich
denn da; Ich habe Geld und bin glücklich,
warum also Hollywood; Sehe ich aus als
ob ich verrückt geworden wäre; Holly-
wood^ Nicht für einen Wald voll Affen!
Lin seltenes Lhepaar
^8or einem Gericht in Rairo hat sich
demnächst ein Ehepaar zu verantworten,
das aus dem 90jährigen Millionär Gallini
Fahmv Pasha und der 27jährigen türki-
schen Schönheitskönigin Belkis besteht.
Vor rund zwei Monaten ist diese seltene
Ehe in einem idyllischen Ort in Frankreich
geschloffen worden. Nun hat ein ägypti-
scher Jurist den Prozeß gegen die beiden
Glücklichen angestrengt, weil es nach dem
Gesetz des Roran einer „Muselmännin"
verboten sei, einen Mann anderen Glau-
bens zu heiraten. Der Jurist geht also
aufs Ganze. Anders die „ungebildete"
ägyptische bzw. türkische (Öffentlichkeit.
Sie nimmt seltsamerweise Anstoß an dem
großen Altersunterschied und ist der Mei-
nung, daß hier unbedingt eine Schiebung
vorliegen müsse. Denn es soll noch andere
Männer geben, „Muselmänner" sozusagen,
die ein Interesse daran haben, mit der
gekrönten Schönheit ihres Stammes in
engere Fühlung zu kommen.
Die verhältnismäßig junge, zum drit-
tenmal verheiratete Belkis Fahmy aber
erzählt, daß sie ihren alten Geliebten im
Wonnemonat Mai 1937 kennen gelernt
und daß dieser Fahmy Pasha, zur Sekte
der Ropten gehörig, in einem ungeheuren
Ungestüm ihr seine letzte Liebe gestanden
und kurzerhand einen ernstzunehmenden
Heiratsantrag gemacht habe. Auf die
Frage, warum sie denn dann so ohne wei-
teres auf den alten Schinken hereingefallen
sei, antwortete die schöne Türkin ohne
Zögern: „Ich habe ihn geheiratet, nicht
des Geldes wegen, sondern weil er der
liebenswerteste Mann ist, den ich kenne.
Außerdem ist er Ravalier vom Scheitel
bis zur Sohle. Ich darf bei ihm tanzen,
schwimmen und Tennis spielen, brauche
nicht in einem Harem zu leben und außer-
dem ist es bei unfern langen und nächt-
lichen Spaziergängen niemals zu einer
Störung gekommen ..."
Also: die Liebe der zwei beiden steht
unerschüttert da und es bleibt abzuwarten,
was die hohen Richter, trotz Roran und
der Eifersucht der Lackierten, dazu sagen
werden.
Zeichnungen von Macon
853
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Das IKobell
Jy ute in den Schaufenstern sind dazu da,
um bewundert zu werden. Aber nicht etwa
von einem winterlichen Modellhut soll
hier die Rede sein, sondern von einem
lilianschlanken, gretablonden Malermodell,
das sinnend vor einem hell erleuchteten
Entladen stand.
Die ausgestellten Herrlichkeiten aus
Velour und Samt, die Federgestecke und
Schleier schienen die Rleine mit dem un-
behüteten Bubikopf nicht sonderlich zu
interessieren, „wissen S', die Hüt sind ja
ganz schön" belehrte sie mich mit ihrer
höchstens achtzehnjährigen Weltweisheit,
„und den schwarzen mit dem geschlampe-
ten Rand könnt i mir grad no leistn,
aber..." fuhr sie mit einem Seufzer der
Erleichterung fort, „es geht halt nix über
die Freiheit." Das kleine Fraulein war,
wie schon erwähnt, Modell eines Kunst-
malers. Es fand seine Tätigkeit herrlich:
immer so mitten drin in der Runst und
dabei doch frei zu sein, alle Tage aus-
schlafen können und keine staubigen Akten
mehr ablegen müssen wie früher, Nein,
nie und nimmermehr wolle sie ins Büro
zurückkehren. Und überhaupt, sagte sie
es sei tausendmal schöner, ein Modell zu
sein. - >
Ja, frage ich mein gesprächiges Maler-
modell, das den Hüten nun endgiltig den
Rücken, mir dagegen immer ausgiebiger
sein von Freiheitsdrang erfülltes Innere
zeigte, ob man denn als Modell sein Aus-
kommen habe.
„Auskommen-" zwitschert die Rleine
und lacht mich beinahe aus, „und ob ich
das Hab! Erst heut Abend Hab ich wieder
neun Räsbrot kriegt und fünf Tassen Tee
dazu!"
Ich rechne im stillen: täglich neun Räs-
brote und 5 Tassen Tee, macht im Monat
270 Räsbrote oder umgewertet einen ganz
stattlichen Räselaib. über die leiblichen
Bedürfnisse dieses kleinen Fräuleins
brauchte ich mir also keine Sorge mehr
zu machen. „Aber", forsche ich weiter, um
einen noch tieferen Blick in das Seelen-
leben dieser waschechten Münchnerin zu
tun, „muß man sich beim Modellstehen
nicht manchmal auch ausziehend"
„GH ja, dös scho", sagt da das sehr
niedliche, sehr blonde und unbehütete
Malermodell mit der unbekümmertsten
Miene der Welt, „aber bei uns is ja
gheizt im Atelier!"
Hollywood? Bin ich verrückt?
Q^in Filmstar, der nicht um die Welt
nach Hollywood gehen würde, ist zweifel-
los seltener als die Blaue Mauritius.
Nichtsdestoweniger aber hörten wir von
der kürzlich in Paris verstorbenen Film-
schauspielerin Pearl white, daß sie vor
einigen Jahren Hollywood die kalte Schul-
ter zeigte, um mit Götz von Berlichingen
zu reden. Pearl white war vor 15 bis
20 Jahren der Abgott des stummen Films
gewesen, sie war das schöne, wilde Mäd-
chen, das von Felsenklippen geschleudert
und gefesselt im Blockhaus eingeschlossen
wurde, während einer der im stummen Film
berüchtigten Schurken mit zynischem Lä-
cheln die Zigarette aus dem Munde nahm
und die Lunte in Brand steckte, die zum
pulverlager unter dem Blockhaus führte.
(Fortsetzung folgt). Pearl white spielte
alle ihre halsbrecherischen Rollen selber
ohne ein Double. Bis sie endlich des ewi-
gen Spiels mit dem Tode müde wurde und
ihre Augen unter dem grellen Schein der
Jupiterlampen zu leiden begannen. Sie
lebte dann jahrelang in Paris und Biarritz,
wo sie das ^otcl Palais de Biarritz als
Rasino übernahm. Als sie nach einer Reibe
von Jahren Hollywood besuchte, entsann
man "sich wieder des früheren Rassen-
magneten und drei Filmgesellschaften mach-
ten chr glänzendeAngebote für den Tonfilm.
Sie schlug es rundweg ab: was soll ich
denn da; Ich habe Geld und bin glücklich,
warum also Hollywood; Sehe ich aus als
ob ich verrückt geworden wäre; Holly-
wood^ Nicht für einen Wald voll Affen!
Lin seltenes Lhepaar
^8or einem Gericht in Rairo hat sich
demnächst ein Ehepaar zu verantworten,
das aus dem 90jährigen Millionär Gallini
Fahmv Pasha und der 27jährigen türki-
schen Schönheitskönigin Belkis besteht.
Vor rund zwei Monaten ist diese seltene
Ehe in einem idyllischen Ort in Frankreich
geschloffen worden. Nun hat ein ägypti-
scher Jurist den Prozeß gegen die beiden
Glücklichen angestrengt, weil es nach dem
Gesetz des Roran einer „Muselmännin"
verboten sei, einen Mann anderen Glau-
bens zu heiraten. Der Jurist geht also
aufs Ganze. Anders die „ungebildete"
ägyptische bzw. türkische (Öffentlichkeit.
Sie nimmt seltsamerweise Anstoß an dem
großen Altersunterschied und ist der Mei-
nung, daß hier unbedingt eine Schiebung
vorliegen müsse. Denn es soll noch andere
Männer geben, „Muselmänner" sozusagen,
die ein Interesse daran haben, mit der
gekrönten Schönheit ihres Stammes in
engere Fühlung zu kommen.
Die verhältnismäßig junge, zum drit-
tenmal verheiratete Belkis Fahmy aber
erzählt, daß sie ihren alten Geliebten im
Wonnemonat Mai 1937 kennen gelernt
und daß dieser Fahmy Pasha, zur Sekte
der Ropten gehörig, in einem ungeheuren
Ungestüm ihr seine letzte Liebe gestanden
und kurzerhand einen ernstzunehmenden
Heiratsantrag gemacht habe. Auf die
Frage, warum sie denn dann so ohne wei-
teres auf den alten Schinken hereingefallen
sei, antwortete die schöne Türkin ohne
Zögern: „Ich habe ihn geheiratet, nicht
des Geldes wegen, sondern weil er der
liebenswerteste Mann ist, den ich kenne.
Außerdem ist er Ravalier vom Scheitel
bis zur Sohle. Ich darf bei ihm tanzen,
schwimmen und Tennis spielen, brauche
nicht in einem Harem zu leben und außer-
dem ist es bei unfern langen und nächt-
lichen Spaziergängen niemals zu einer
Störung gekommen ..."
Also: die Liebe der zwei beiden steht
unerschüttert da und es bleibt abzuwarten,
was die hohen Richter, trotz Roran und
der Eifersucht der Lackierten, dazu sagen
werden.
Zeichnungen von Macon
853