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wahres Geschlchtchen

Fröhlich schwingt in der Tanzdiele die
Runststudierende £ ihre Beine. Fragt
der Partner: „Und Ihr Bruder, von dem
Sie mir erzählten, der ist wohl auch Rünst-
ler?" „Ja, der ist Maler, aber jetzt muß
er arbeiten."

Liebe fugend!

Ein Maler sitzt in abgrundtiefe Gedan-
ken verloren in tiefsten Reller. Rommt
sein Freund. „Nun, was ist los? Du
siehst aus, als.ob du über die Guadratur
des Rreises ..." „Schwerer, viel schwerer",
flüstert er. „Meine Braut hat die Ver-
lobung aufgelöst und mir meine Geschenke
zurückgeschickt!" Sagt sein Freund: „Aber
das ist doch kein Grund!" „Das ist's auch
nicht", antwortet der Maler. „Aber von
mir hat sie doch gar keine Geschenke er-
halten!" —

*

Frau Schmalzinger geht mit dem
Schorschl durch die Stadt, wenn der
Schorschl ein großes Haus sieht, fragt er
immer: „was is des, Mama? was is da
drin, Mama?"

Die beiden kommen auch zum Lenbach-
platz; da sieht der Bub wieder so ein
schönes, großes Haus. Er fragt. „Mama",
was Ls des für a Haus?" — „Des... des
is as Rünstlerhaus."

Der Schorschl scheint diese Tatsache zu
verdauen, fragt aber gleich weiter: „was
is'n des, Rünstler?" — „Ja mei, halt so
Leut, de wo maln und Bildln machn."

Das scheint dem Schorschl verständlich,

aber er will noch mehr wiffen. „was
teans denn in dem Haus?" — „Bei-
anandersein halt, dummer Bua!"

Aber der Schorschl geht tiefer: „wer
schafft eahna denn des?"

Aus der letzten Modenschau

So wenig gern Damen neue, schicke Rlei-
der. an ihren Freundinnen bewundern, so
gern tun sie es auf der Modeschau. Der
Gegensatz laßt sich kaum ausdrücken. Die
kleine Frau Glly besuchte mit ihrem Gat-
ten die letzte Modeschau im Rünstlerhaus
und die Vorführdame zeigt ein Rleid, ein
unerhörtes Rleid. Glly ist begeistert.
//Heinz, dies Rleid würde sich doch in un-
serem Haus wundervoll ausnehmen." Sie
will nur wissen, ob er etwa anbeißen
würde, Heinz schaut hin und ist auch be-
geistert. „Jawohl, du hast recht! wir
werden das Fräulein einladen!"

Im Künstlerhaus erzählte einer:

... jüngst brachte der Rundfunk zwei
Stunden lang keine Schallplatten. Es
war eine Störung, im Senderaum!

...ich saß auf einer Bank, in der
Sonne; da fiel mir etwas auf ein
neues Buch. Vom Baum. Die Seite
war ruiniert. — Seit wann können
Vögel lesen?

... einmal stand ein Maler lang vor
Dürers Rasenstück. Es war ein Akt-
zeichner.

...ließ sich ein Mann ein Gebiß ein-
setzen; tadellos. Oben und unten.
Mit allen Schikanen. Beim ersten
Zahnarzt. — Jetzt hat er nichts mehr
zu beißen.

... trieb ein Bäuerlein eine Sau
durchs Dorf. „Das arme Tier", jam-
merte er, „es ist zu fett geworden!"

... fuhr ein Vorortszug der Reichs-
bahn pünktlich.

... wurde ein bekannter Dichter auf
einer seiner Reisen nach Paris in
Boulogne vom Zollbeamten gefragt,
ob er etwas zu deklarieren habe.
Der Dichter warf sich in die Brust
und antwortete mit vornehmer Ge-
lassenheit: „Nichts außer meinem

Genius!"

b a s i I i s k

3m Winzerkeller ausgeschnappt. . .

Jm Winzerkeller ist wieder mal eine
Pfundsstimmung, wer eine Stimme hat
— sie braucht nicht mal schön zu sein —
singt. Und die Schrammeln spielen. In der
Nähe der Musik sitzt die fesche, schar-
mante Frau eines München-Moosacher
Schwabingers und schmettert wie ein
Vogerl: „I brauch koan neien r£ut...
I setz mein alten auf, bevor i Wasser
sauf..." — beugt sich ein Musiker ein
ganz klein wenig zum Tisch herüber:
„Gnä' Frau, des is as Letzte, was mer
oaner schönen Frau glaubt!"

Zwei sind gekommen und jeder sieht so-
fort, daß sie sich lieben. Er, groß und
schmächtig, sie, klein und zart. Freigebig
mit romantischen Zutaten ausgestattet, als
da sind: Locken, große blaue Rulleraugen
etc. — Er: „Böstöll dir doch was, Lüb-
ling! was Süßes?" — Sie: „Hach neun,
Gelübter! woißt du, was sich dein Lüb-
ling wünscht: Brathering!" — Er: „pfui
doch! wie ordünör!" — Sie, mit rollen-
den Rulleraugen: „Mitnüchten ordinör!
Das oinzige Tier — mit Seele!" —

woferl

Zeichnungen von E. M. C o r d i e r
Register
[nicht signierter Beitrag]: Wahres Geschichtchen
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
[nicht signierter Beitrag]: Aus der letzten Modenschau
Woferl: Im Winzerkeller aufgeschnappt
Basilisk: Im Künstlerhaus erzählte einer
Eugène Max Cordier: Illustrationen zum Text "Im Künstlerhaus erzählt man sich"
 
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