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TM KÜNSTLERHAUS AM LENBACHPLATZ

J. Oberberger

Münchens bildende Künstler ziehen am Samstag, den 21. Januar feierlich in den „Olympischen Keller
im Künstlerhaus ein. Im dyonisischen Gefolge der Götter und Göttinnen hoffen wir Sie bestimmt zu sehen!

Der Fasching beginnt! Auf ins Künstlerhaus!

Fasching! Fasching!

Nach übereinstimmenden Meldungen ist
in München seit zehn Tagen der Fasching
ausgebrochen. Er aufgaloppte gar stürmisch
im Deutschen Theater zum großen Bar-
ren-Rennen. Er kam auch schon ins Künst-
lerhaus, allerdings noch ein wenig schüch-
tern, als hatte er seinen Beitrag noch
nicht bezahlt.

Aber schon geisterts durch die Keller-
räume. Münchens Künstler bauen dort
dem Fasching einen Olymp. Einen Olymp,
wie ihn sich kein Olympier noch träumen
ließ...

*

Man platzt schon vor Neugier. Aus
Tischtüchern werden Togen geschnitzelt.
Don der schlanken „Athene" bis zur fülli-
gen „Venus Kallipygos" lasten sich alle
„Metamorphosen Ovids" in einen einzigen
Büstenhalter fasten. Nur die „Juno" soll
nicht allzubeliebt sein; weil Vater „Zeus-
Jupiter" mit ihr so wenig ausgegangen ist.

Dagegen hört man, daß in Hellabrunn
und Nymphenburg alle Schwane Ausgeh-
verbot haben; weil so viele als „Leda"
kommen wollen ...

*

Es wird eine pfundige Sache. Denn,
wenn schon der Olymp in die Nachbar-
schaft der Hölle rutscht und sich im Keller
etabliert, müffen auch den ältesten Sumpf-
hühnern Schwingen wachsen, wie den
Adlern des Zeus. Sogar die eingeschwore-
nen Kegelbrüder sollen sich olympisch ge-
rüstet haben; sie haben sich zum „Kampf
um Helena" verschworen. Und Troja fallt
erst, wenn der letzte Saunagel wankt...

*

Aber ehe uns der kommende Samstag
in diesen lustigen Höllen-Himmel des Fa-
schings stürzen will, gabs am Samstag

Kostüme im Sinne des Festes. — Beratung
im Künstlerhaus. — Kostümzwang. — Für
Abendanzug und Abendkleid liegt Toga
oder Überwurf bereit.

Zutritt können nur die bildenden Künstler
auf Einladung finden. — Karten für
Gäste werden wegen Platzmangel nur in
beschränkter Zahl ausgegeben.

Künstlerhaus Tel. 12 5 96.

einen ersten Ball. Im festlichen Glanz des
Saales.

Kohl Boose spielte. Beschwingt wie
immer. In den Melodien tanzte der
Fasching.

Und im Saal tanzten die Gaste. Es war
eine leise, Helle Heiterkeit über ihnen. Ein
Tanzfest, in das schon der Übermut des
Faschings kicherte. Als man Luftschlangen
und Bälle verteilte, wurden die ersten
Faschingsbeziehungen geknüpft. Über diese
„Olympische Dekate" werden sie halten ...

Als Überraschung bot Direktor Reich
mitternächtliche Vorführungen. Es tanzte
Gerda R e n o n. Rassig. Mit akrobatischer
Gewandtheit. In jedem jähen Glieder-
schwung war noch Melodie. Ihre Spitzen-
kunst zertrippelte die Takte zu einem arti-
stischen Feuerwerk. Großartig! — Dann
das Tanzpaar B r u n a u und Partnerin.
Das war ein temperamentvoller Wirbel
ausgelassenster Akrobatik. Eine unerhörte
Leistung tollgewordener Tanz-Bewegun-
gen. Ein blitzendes Windhöschen artisti-
scher Gelenkigkeit überm Parkett... Der
Beifall prasselte wie Hagelkörner.

*

So begann der Fasching im Künstler-
haus.

Sein erstes wetterleuchten war ein
gutes Vorzeichen.

wir wollen uns in die Togen für die
kommenden Olympischen Gewitter hüllen!

0 8 V.

Im Künstlerhaus erzählte einer:
Das gibts!

Guter Besuch im Künstlerhaus. Eine
hübsche Dame geht die Treppe herunter
zu den Kellergaststätten und steuert gerade-
aus zu der Türe mit dem verschnörkelten
H in der Mitte.

Ein Maler stemmt sich dagegen. „Bitte,
hier haben Sie keinen Zutritt". Die Dame
entrüstet sich: „Oh, erlauben Sie! ich bin
doch Mitglied der Reichskulturkammer!"

Um Heinrich Georges Bart

Heinrich George, der Darsteller des Pe-
ter Henlein in dem Tobis-Film „Das un-
sterbliche Herz", der jüngst in Nürnberg
gedreht wurde, ist sehr stolz auf seinen
schönen, wohlgepflegten Backenbart. Kein
anderer Barbier als der langjährige ^aus-

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[nicht signierter Beitrag]: Im Künstlerhaus erzählte einer
Josef Oberberger: Zeichnungen zum Text "Im Künstlerhaus am Lenbachplatz"
Osy.: Im Künstlerhaus am Lenbachplatz
 
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