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Faschingsdekoration aus dem

„() 1 y in p i s c h cn Kelle r“ im Künstler h a u s

R. Geiger

..ekoratiQB a

Leda mit dem Schaukelpferd

Ein Faschingserlebnis toll und voll

3 m Rünstlerhauskeller dampfte der
Olymp. Die Wolken göttlicher Freude
brodelten wie eine Waschküche. Über zehn
füllige Heras stolpernd, um die es heiß
und weiß von Gewändern schwoll, siel ich
über die Treppe in ihre Arme. Ich wollte
eigentlich eine Tür weiter. Aber an ihrer
kühn geschwungenen Nase zerbrach mein
Wille. Zerbrach mein Herz. ittit einem
hörbaren „Rlick!" — „Auh weh!" sagte sie,
„jetzt Käst dei Uhrglasl zerdatscht!" —
„Leda", stammelte ich „Leda, hattest du
auch mit Zeus so gschert gesprochen? Es
war mein Herz!"

„Depp, damischer!" lächelte ihr Mund;
„du spinneter Rletzenolympier! Ich Hab an
Durscht. Geh, verdruck ma uns, eh mei
Schaukelpferd kimmt!"

„Schaukelpferd ...? Sollte heut Zeus der

Dvid'schen Metamorphosen überdrüssig
als Schaukelpferd? >.. Aber da mir gerade
ein Apoll, in einen grün-roten Bettvorleger
gehüllt, mit seinem gepanzerten Skischuh
die große Zehe zertrat, blieb mir die
Frage zwischen den Zahnen. Ich schluckte
sie hinunter. Es schmeckte wie Rührei mit
Himbeersaft.

In einem Winkel der Telephonzelle
Nummer zwo fanden wir noch einen
Platz. Neben einem verbeulten Satyr, der
hatte sich die Haare an seinen Beinen in
kunstvolle Dauerwellen legen lassen. Eine
etwas dickliche Nymphe in grünen Gaze-
wolken zupfte darauf eine Melodie. Es
klang wie eine Harfe aus dem Theater-
fundus. Sie summte dazu ein Lied vom
treuen Apoll, der eine ganze Stunde lang
die Hadeshebe nicht verlassen mochte...

Der Satyr grinste dazu wie ein schwarzes
Rüsseltier, plötzlich stieß er mich in den
Magen und sagte „<öh-hoh!" Ich wollte
ihn gerade recht freundlich in die Weichen
treten, da wieherte es vor der Zelle und
meine blonde Leda erbleichte: „Jetzt hat
er uns derwischt!"

Das Fensterchen in der Zellentür split-
terte; ich wischte mir die Scherben wie
Bierschaum aus den Augen. Da hing der
Pferdekopf schon über uns. Aus seinen Nü-
stern schnob Niespulver. Das Lied der gaze-
grünen Fettnymphe nebenan zerflatterte m
einem Preisjodler. „Leda!", wieherte das
Roß, „Ledulein, hihi-haka-hi!"

Da steckte sie mir schluchzend einen Roß-
apfel wie einen Schnuller in den Mund
und verschwand auf dem Rücken des
Schaukelpferdes. Das hatte plötzlich Flü-

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Raimund Geiger: Faschingsdekoration aus dem "Olympischen Keller" im Künstlerhaus
Osy.: Leda mit dem Schaukelpferd
 
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