F aschingsdekorati o n aus d e m „O lympi sehen Kelle r“ im Künstlerhaus E. Henke
Die Liebe geht Maschkera...
Von Ernst Hoferichter
Josef Apelhuber, der approbierte Lohn-
kutscher und Besitzer einer handlichen
Rropfanlage, pflegte sein Seelenleben. Er
verband und verknüpfte sich mit allen Be-
strebungen, die ihn von den fleischlichen
Lüsten der Welt — wie einen süßen wein
in Flaschen — abzogen und haltbar mach-
ten für die Ewigkeit...
Zu allem Überfluß — um jede böse Lust
schon im Reime zu ersticken — sammelte
er sich mit Briefmarken in eine entgegen-
gesetzte Leidenschaft hinein, die ihm für
den heißen Rampf gegen das anwachsende
Sündenbabel den nötigen Dampf lieferte.
Und wie andere Menschen im Austausch
von Gefühlen und Rüssen die bessere
Seite ihres Daseins erleben, so empfand
Josef Apelhuber dasselbe im gegenseitigen
Austausch von Briefmarken und sonstigen
Postwertzeichen. Bald kannte er ihren
wert und Unwert wie nur selten einer —
und es dauerte nicht lange, so wurde er
auch schon vom „Verein zur Förderung
des Briefmarkenaustausches" in den Vor-
stand gewählt...
Da kam die Zeit, in der das Faschings-
treiben mit Luftschlangen, Dekolletes,
Rnallerbsen und Florstrümpfen über die
tauwettergetrankte Winter-Erde hinwir-
belte. Und es gab keinen Stammtisch,
der nicht seinen Vereinsball oder seinen
Rostümtanz haben wollte. Bald garte es
auch unter den Mitgliedern des Brief-
markenklubs in karnevalistischen Blasen,
die bis zur Höhe der Vorstandschaft stie-
gen und den Josef Apelhuber zu den
schwersten Gewissensfragen nötigten...
was tun ..
Nach einer schlaflosen Pracht klopfte er
durch die wand seiner Zimmerwirtin
Ursula Morassel, die im ersten Augenblick
glaubte — ihr Zimmerherr habe wieder
eine jener Erscheinungen gehabt, die bei
ihm regelmäßig Durchfall erzeugten ...
Sie setzte sich mit streichelnden Blicken auf
seines Bettes Rand, als wollte sie sich an
den Ufern eines Sees Niederlagen. So
hatten sie schon oft über die letzten Dinge
und geheimsten Mysterien alles Seienden
gesprochen. Und deshalb konnte er ihr
auch jetzt in vollem Vertrauen alles heraus
flüstern, was er auf seiner Hühnerbrust
sitzen hatte: „Frau Morassel sag'n Sie
mia amal, Aug' in Aug' und Zahn um
Zahn, — wia muaß sich a Mann, der un-
sere erhabene Seele in Geduld Tag und
Nacht mit sich herumziagt, — wia muaß
sich ein solchener Ln diesem traurigen Fast-
nachtfalle benehmen .. .*"
Frau Morassel klappte unruhig die Tür
des Nachtkastchens auf und zu und fuhr
dann mit dem Finger die Ritzen der Ma-
tratze aus, als wollte sie nebenzu auch noch
Wanzen fangen, „'s beste waar ja, Herr
Apelhuaba, mir kannten alle Laster und
Sündenfalle in liebreiche Handlungen ver-
wandeln, wo ma was aufopfern kannt,
dös sich amal mit ewigem Lohn verzinsen
tat...!"
„Ja mei — aber ma ko Kalt do koan
Bai pare in a Wallfahrt umbiag'n. I'
waar der erste, Frau Morassel, der dös
anpacka tat. I', als keuschlicher Vorstand
meines Briefmarkenklubs muaß alle Ver-
antwortung trag'n!..."
„passen S' auf, Herr Apelhuaba, in mir
stoßt ein idealer Gedanke auf...!-
Sie müassen für Eahnen Verein was ganz
harmloses macha, so was Rindliches —
wodurch die Menschen eher no besser
werd'n als schlechter...! Dös war' dann
do a Fasching und Sie taten dabei sogar
a guat's Werk ...! Und es paßt großartig
für EaKnen Verein!"
„Bittschö', Frau Morassel, und das
wäre...;"
„...Ja also: Sie lassen Eahnene Mit-
glieder alle als Briefmarken Maschkera
geh', Sie selba macha 'n ,postsekretar*,
i geh' als ,GummiarabicunF, und dann
mach' ma so Schalterspiele... Sie wissen
scho', g'rad wia 's auf der Post oft zua-
geht... Und dös war g'wiß harmlos
gnua!"
„Zünfti, zünfti... Frau Morassel...!
Sie san halt a Frau mit Ersindungs-
trieb...! Und so werd' i es a macha...!"
Getan wie gesagt. Die Mitglieder fan-
den diesen Vorschlag Apelhubers originell
86
Die Liebe geht Maschkera...
Von Ernst Hoferichter
Josef Apelhuber, der approbierte Lohn-
kutscher und Besitzer einer handlichen
Rropfanlage, pflegte sein Seelenleben. Er
verband und verknüpfte sich mit allen Be-
strebungen, die ihn von den fleischlichen
Lüsten der Welt — wie einen süßen wein
in Flaschen — abzogen und haltbar mach-
ten für die Ewigkeit...
Zu allem Überfluß — um jede böse Lust
schon im Reime zu ersticken — sammelte
er sich mit Briefmarken in eine entgegen-
gesetzte Leidenschaft hinein, die ihm für
den heißen Rampf gegen das anwachsende
Sündenbabel den nötigen Dampf lieferte.
Und wie andere Menschen im Austausch
von Gefühlen und Rüssen die bessere
Seite ihres Daseins erleben, so empfand
Josef Apelhuber dasselbe im gegenseitigen
Austausch von Briefmarken und sonstigen
Postwertzeichen. Bald kannte er ihren
wert und Unwert wie nur selten einer —
und es dauerte nicht lange, so wurde er
auch schon vom „Verein zur Förderung
des Briefmarkenaustausches" in den Vor-
stand gewählt...
Da kam die Zeit, in der das Faschings-
treiben mit Luftschlangen, Dekolletes,
Rnallerbsen und Florstrümpfen über die
tauwettergetrankte Winter-Erde hinwir-
belte. Und es gab keinen Stammtisch,
der nicht seinen Vereinsball oder seinen
Rostümtanz haben wollte. Bald garte es
auch unter den Mitgliedern des Brief-
markenklubs in karnevalistischen Blasen,
die bis zur Höhe der Vorstandschaft stie-
gen und den Josef Apelhuber zu den
schwersten Gewissensfragen nötigten...
was tun ..
Nach einer schlaflosen Pracht klopfte er
durch die wand seiner Zimmerwirtin
Ursula Morassel, die im ersten Augenblick
glaubte — ihr Zimmerherr habe wieder
eine jener Erscheinungen gehabt, die bei
ihm regelmäßig Durchfall erzeugten ...
Sie setzte sich mit streichelnden Blicken auf
seines Bettes Rand, als wollte sie sich an
den Ufern eines Sees Niederlagen. So
hatten sie schon oft über die letzten Dinge
und geheimsten Mysterien alles Seienden
gesprochen. Und deshalb konnte er ihr
auch jetzt in vollem Vertrauen alles heraus
flüstern, was er auf seiner Hühnerbrust
sitzen hatte: „Frau Morassel sag'n Sie
mia amal, Aug' in Aug' und Zahn um
Zahn, — wia muaß sich a Mann, der un-
sere erhabene Seele in Geduld Tag und
Nacht mit sich herumziagt, — wia muaß
sich ein solchener Ln diesem traurigen Fast-
nachtfalle benehmen .. .*"
Frau Morassel klappte unruhig die Tür
des Nachtkastchens auf und zu und fuhr
dann mit dem Finger die Ritzen der Ma-
tratze aus, als wollte sie nebenzu auch noch
Wanzen fangen, „'s beste waar ja, Herr
Apelhuaba, mir kannten alle Laster und
Sündenfalle in liebreiche Handlungen ver-
wandeln, wo ma was aufopfern kannt,
dös sich amal mit ewigem Lohn verzinsen
tat...!"
„Ja mei — aber ma ko Kalt do koan
Bai pare in a Wallfahrt umbiag'n. I'
waar der erste, Frau Morassel, der dös
anpacka tat. I', als keuschlicher Vorstand
meines Briefmarkenklubs muaß alle Ver-
antwortung trag'n!..."
„passen S' auf, Herr Apelhuaba, in mir
stoßt ein idealer Gedanke auf...!-
Sie müassen für Eahnen Verein was ganz
harmloses macha, so was Rindliches —
wodurch die Menschen eher no besser
werd'n als schlechter...! Dös war' dann
do a Fasching und Sie taten dabei sogar
a guat's Werk ...! Und es paßt großartig
für EaKnen Verein!"
„Bittschö', Frau Morassel, und das
wäre...;"
„...Ja also: Sie lassen Eahnene Mit-
glieder alle als Briefmarken Maschkera
geh', Sie selba macha 'n ,postsekretar*,
i geh' als ,GummiarabicunF, und dann
mach' ma so Schalterspiele... Sie wissen
scho', g'rad wia 's auf der Post oft zua-
geht... Und dös war g'wiß harmlos
gnua!"
„Zünfti, zünfti... Frau Morassel...!
Sie san halt a Frau mit Ersindungs-
trieb...! Und so werd' i es a macha...!"
Getan wie gesagt. Die Mitglieder fan-
den diesen Vorschlag Apelhubers originell
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