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Idas gute Bohnerwachs.

Ph. u. Jos. Jägß|

Beugung, Amalienstraße 11

VON KARL SPENGLER

oll war das gestern abend" erzählte
-Harry, „also ganz einfach doll, ein Fez,
Rinder, ganz doll!"

Das „doll" sprach er mit einem merk-
würdigen Zungenschlag, den er einmal
einem Rolner abgelauscht hatte; das wirkte
immer. Die Zuhörer wußten es langst:
Harry ist ein ganz abgedrehter Bursche
und seine Erlebnisse zwischen Mitternacht
und Morgen standen daher im Ruf
bacchantischer Ausgelassenheit.

„Also — — — und dann sind wir,
Tschortsch und ich, um ein Uhr aus seine
Bude gerückt."

„Tschortsch" war Harrys Freund; er war
eigentlich auf den schlicht bürgerlichen
Namen Georg getauft, schrieb pikante
Gedichte, studierte nebenbei eine Wissen-
schaft, die in Wirklichkeit keine ist und
zeichnete 2lkte; ebenfalls nebenbei. Ein
Georg dichtet nicht, studiert nicht beiläufig
und rührt keinen Zeichenstift an, darum
nannte er sich Tschortsch.

„Also — — — und dann sind wir,
Tschortsch und ich, auf die Bude; Rinder,

ich sag euch-gesoffen haben wir,

gesoffen-doll, einfach doll!"

Und dann malte Harrz die ganze Stu-
fenleiter des alkoholischen Herrenabends,
angefangen bei der harmlosen Halbe Dun-
kel bis zum letzten Tropferl wisky aus,
das sie, Harry und Tschortsch brüderlich
aus der Flasche tranken.

Und. jeder, der es wissen wollte, fand
erneut bestätigt, was die zwei Junggesel-
len doch für „dolle" Rerle waren.

*

Frau Biermaier hatte wieder einmal
eine schlechte Nacht. Um neun Uhr war sie
zu Bett gegangen und nun hatte sie noch
kein Auge zugetan. Jetzt war es bald ein
Uhr.

Der Zimmerherr war auch noch nicht
daheim. Ihr Zimmerherr Tschortsch. —
An den wanden seines Zimmers batte er
mit Reißnägeln massenhaft Zeichnungen
befestigt.

„Buidln, sag i eana — — — schama

taat i mi-" sagte Frau Biermaier

zu ihrer Nachbarin am dritten Tag, nach-
dem Tschortsch eingezogen war.

Da horte sie die Wohnungstüre auf-
sperren, horte Männertritte und eine
zweite unbekannte Stimme. „Hat er wie-
der amal Bsuach, der Herr Rinstier, mit-
ten beider Nacht!" murmelte sie unwirsch.
Joses Biermaier schnarchte unentwegt
neben ihr. Und das verdroß sie auch, daß
ihr Mann nicht ein bissel Ärgernis nahm
an dem nächtlichen Treiben.

„Jetzt aber was Trinkbares!" sagte
Harry, als er neben Tschortsch im Zimmer
stand.

„woher nehmen;" — „Aber du wirst
doch-;"

„Ich werde leider nicht, mein lieber
Harry."

Da kniete Harry schon vor dem „Der-
tiko" und kramte mit beiden Händen in
den Fachern herum.

„Mal eine kleine Haussuchung veran-
stalten" meinte, er.

Zeitungen, Magazine, zerknitterte Stark-
kragen, Familienfotographien und ein
paar eingeschrumpfte Lederapfel kollerten
heraus.

M. S p i e 1 m a n n

„Hast du wirklich nichts Trinkbares mehr
im Hause;" fragte Harry. Tschortsch batte
nichts Trinkbares.

„Ich habe einen böhmischen Runst-
schreiner gekannt, der trank immer Mobel-
politur, wenn er nichts anderes hatte."

„Damit kann ich leider nicht dienen, ich
bin kein Runstschreiner!"

„Eine saubere Junggesellenwirtschaft!"
stöhnte Harry.

Tschortsch machte einen Vorschlag:
„Rochen wir uns einfach einen Tee."

„Tee; Du sinkst unaufhaltsam in meiner
Dichtung."

Aber sie schlichen doch in die Rüche von
Frau Biermaier hinaus und setzten Tee-
wafser auf. Harry seufzte und Frau Bier-

maier seufzte auch, „was s' nur immer

in meiner Rüch' z'toa ham! Josef-

Horst es denn net;"

Josef horte nichts; er weilte ferne von
zerknirschten Hausfrauen und teesiedenden
Zimmerherren.

Das Teewaffer kochte, sie hatten alle
Schubladen nach schwarzem Tee durch-
sucht, aber nur eine Tüte mit Pfeffer-
minztee gefunden. Frau Biermaier hielt
große Stücke davon.

„Also in Gottes Namen Pfefferminztee."

Dann saßen sie in Tschortschen's Zim-
mer vor der dampfenden Teekanne.

„Da hatte ich ein reizendes Erlebnis",
fing Tschortsch an „damals, als ich noch
in Paris lebte. Ich wohnte in der Rue —,

wie hieß sie gleich;-Via, tut nichts

zur Sache! Also, ich hatte damals eine

Schwache für .DubonneL und-ja,

für .Grand Marnier' auch, wer in Paris
war, der weiß, was für exquisite Getränke
das sind." Tschortsch schnalzte mit der
Zunge. „Ich lernte ein Mädchen kennen,
ein entzückendes Wesen, kann ich dir sagen!

Gabriele hieß sie-jawohl, Gabriele.

Die hatte auch eine Schwache für Dubon-
net und für Grand Marnier. Darin trafen
wir uns also."

Harry folgte aufmerksam der Erzählung
des reizenden Erlebnisses, das Tschortsch
damals in Paris hatte. Er wußte genau,
daß Tschortsch niemals in Paris war, nie
ein Mädchen namens Gabriele kennen-
lernte und weder „Dubonnet noch „Grand
Marnier" getrunken hatte.

Aber er konnte so schon erzählen und
sich bei Gegenfragen so aalig herauslügen!
Und außerdem quittierte Harry mit einer
Zechergeschichte, die von jenem böhmischen
Runstschreiner handelte, mit dem er in
Prag zusammengetroffen war. Es waren
berauschende Erzählungen, die sich die bei-
den gegenseitig zum Besten gaben.

So berauschend, daß Harry am nächsten
Morgen von einem „dollen", von einem
„ganz dollen Fez" berichten konnte.

*

An jenem Morgen, an dem Frau Bier-
maier beim Rleiderausbürsten auf dem
Stiegenhaus zu ihrer Nachbarin sagte:
„An Rinstla, na, an Rinstla als Zimmer-
berrn nimm i meiner Lebtag nimmer! de
taatn alle stacht solcherne Orgien feiern!"

L. WERNER,

M Ü N G H E N INHABER j. söhngen

MAXIMILIANS PLATZ 1 3


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1939 / JUGEND Nr. 6 / 7. Februar 1939 Einzelpreis 40 Pfennig

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