Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Nacht der Venus

Der Ratender zeigt eine j. Diese Zahl
bürgt für Stimmung, Schwung und Ju-
nior. So stieg die Nacht der Venus, der
Schaum-„wein"-geborenen, unter dem
günstigsten Stern, dem Stern der vollen
Tasche.

*

Nicht jede Frau ist eine Venus. Jede
Venus aber eine Frau. Frauen aller Aus-
maße, jeden Alters, jeder Haarfarbe tru-
delten in den Reller. Sie kamen lachend,
kamen geheimnisvoll lind vielverspre-
chend. Ihr Gang war stolz, angriffsbereit,
war schleichend und wiegend je nach Tem-
perament.

*

Und hier sitzt Brutus und streicht sei-
nen wohlgenährten göttlichen Bauch;
oder ist es Zeus oder Apoll- — Das
wissen die Götter! Aber sie gehen heut
selber Maschkera.

Und dazwischen wogte die ungöttliche
Welt; auch sie durfte diesmal in den
Glymp: Spanier, Boleros, rauflustige
Tierbändigerinnen, wilde augenrollende
Tsardasfürstinnen. Hier ein Abendkleid in
höchstem Raffinement geschlitzt. Dort
wieder drei Griechen mit ihren dichtfalti-
gen Vorhängen. Gder ist das eine Tunika"
Nur ein wenig unmodern- ...

*

Schon langst bat die Musik eingesetzt.
Und Alt- und Iung-Griechenland tanzt.
Stampft, daß der Boden zittert. Flüstert,
lacht, schreit. Halloh! Es ist Fasching.
Fasching im Rünstlerhaus!...

*

Bier der! Rleine Rrügelchen in un-
klastischen Formen rücken auf. Weiß-
würste dampfen. Trag schwimmen Leber-
knödel in der feinen Brühe. Irgend

ein Frauenlachen verspricht andalusische
pachte ...

Es dampft im Reller. Es glühen die
Gesichter, man riecht Weißwürste. Wo-
tan bekommt einen Schlag aus sein be-
moostes Haupt. Zürnend richtet sich ein
Blick gegen den Fimmel. „Rundling!
Rrippi!" liest er, und dann spricht er es
gegen den schlagenden Freund. Der schaut
gegen die Decke. „Rrampn!" Und er sagt
es ebenfalls wie einen olympischest Zau-
berspruch.

Die Bar oben ist nun auch dekoriert.
Auch sie umwölken bereits Faschingsgewit-
ter. Der Schauplatz bat sich erweitert.
Hie Reller, hie Dar: Neben modernen
Zivilisten sitzen die lachenden Herolde der
Jahrtausende. Sitzen in ihren spärlichen
Hemden mit dem Salat auf dem Ropf
und schauen ganz vergnügt in die neue,
tanzende Zeit, was sind Jahrtausende im
Faschingsolymp;...

So sieht der Morgen das Fest. Es ist
echtester Rünstler-Fasching ...

— spitz-

poternkin sagt:

Zu potemkin, der im Türkenkriege das
rustische Heer führte, kam eines Tages ein
junger deutscher Raufmann, der in der
Gegend des Hauptquartiers weilte. Er war
aller Mittel entblößt und bot dem Fürsten
potemkin seine Dienste an. „was für ein
Landsmann sind Sie;" „Ich bin Deut-
scher, Durchlaucht!" „Gut, dann kann ich
Ihnen helfen, werden Sie Arzt in meiner
Armee!" — „Verzeihung, Durchlaucht",
sagte bestürzt der Deutsche. „Ich habe aber
niemals Medizin studiert." — „Das macht
nichts. Die Deutschen sind zu allem fähig!"
Und der junge Mann wurde eingekleidet
und begann mit fünfzig Rubel monatlicher
Löhnung augenblicklich seine sonderbare
Laufbahn.

Ihre Ansicht

„Nun, Lona, wie gefallt dir der
Professors"

„Nicht übel. Nur spricht er so gelehrt,
daß man kein vernünftiges Wort mit ihm
reden kann!"

Rouladen

„Rochen kannst du zwar noch immer
nicht, Maust; aber was du nahst, das halt
wenigstens!"

130
Index
Carl Otto Müller (Müller-Coburg): Illustrationen zum Text "Im Künstlerhaus am Lenbachplatz"
Redaktioneller Beitrag: Im Künstlerhaus am Lenbachplatz
 
Annotationen