Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Ausgleich

Der Metzgermeister vön Kringlbach
hatte einen Hund. Er hieß.„Cäsar". Der
Hund. Und der Bäckermeister von Kringl-
bach hatte auch einen Hund. Und der hieß
„Treff". Und der Metzger nannte den
Hund des Bäckers ein „foastes Kaibi" und
der Bäckermeister dem Metzger seinen
einen „Lampelschwoaf". Nur aus Spaß
natürlich. Denn die beiden waren dicke
Freunde. Und zwei gewaltige Häger vor
dem Herrn. Und schon ganz pfundige
Kegelscheiber...

Eines schönen Nachmittags lag der
Cäsar vor der Haustüre und schlief in der
Sonne. Da ging ein kleines Mädchen vor-
über und trat aus Versehen dem Cäsar auf
die rechte Vorderpfote. Worauf dieser
munter wurde und zuschnappte. Ins
spindeldünne Mädchenwadel schnappte
er. Das Mädchen heulte, sein Vater
fluchte, das Gericht belangte den Metzger.
Und der Richter verdonnerte den zu fünfzig
Reichsmark.

„Is scho a feiner Hund, dein Cäsar",
sagte nach der Verhandlung der Bäcker
zum Metzger. „Hätt' glaubt, daß das Viech
überhaupt nix mehr mag vor lauter
Dicken! latz geht er gar auf so magere
Wadeln!"

Der Metzger sagte nichts. Aber die An-
singerei wurmte ihn. Und als der Bäcker
gar nicht aufhörte mit der Stänkerei,
meinte der Metzger: „Wia wärs denn,

wenn ma statt der bleden Rederei wieder
amal Messerscheiben' täten?"

„Gilt schon!" sagte der Bäcker. „Drei
Schub ins Volle — fünf Markln!"

„Is recht."

Der Metzger spuckte sich in seine
Rechte, wog prüfend die schwere Kugel
und — schob dreiundzwanzig Kegel auf
drei Schub. Dann spuckte der Bäcker in
seine Rechte, zielte scharf und schob nur
siebzehn Kegel. Und die ersten fünf Mark
waren beim Teufel. Beim zweiten Mal hatte
der Metzger zwanzig Kegel und der
Bäcker nur neunzehn. Ohne mit einer
Wimper zu zucken, steckte der Metzger
die zweiten fünf Mark in seine Tasche.

So ging es zehnmal hintereinander.

Da holte der Metzger alle zehn Fünf-
markstücke aus dem Hosensack, klimperte
ein paarmal lustig damit, hielt sie dem
Bäcker vor die Nase und sagte: „So, iatz
san ma quitt! latz is grad a so, wia wann
dein Hund in die dürren Wadi bissen

hätt'." Resl

Ein wertvolles Dokument .

Im vollbesetzten Sonntagszug nach
Starnberg sitzen Vater, Mutter und der
Pepperl. Der Kleine, der bisher sehr brav
war, flüstert der Mutter plötzlich ein sehr
dringliches Geheimnis ins Ohr. Die Mama
gibt es mit lapidarer Kürze an den Papa
weiter: „Hast du koa Papier fürn Pepperl?"

Der Mann kramt in den Manteltaschen
und nimmt zuletzt Zuflucht zur Brieftasche.
Es ist nur ein kleines Stück Papier, aber

^ s/ 6^ ET t\/

Liebeslied

Schenk mir eine Stunde
Deine Nähe hold;

Daß von deinem Munde
Ganz ich lassen sollt,

Kann ich nimmer glauben.

Wenn die Lüfte wehn
Weich in Frühlingslauben,

Will ich zu dir gehn.

Peter Wolf

der Bub verschwindet zufrieden. Kaum ist
er weg, läuft ihm sein Erzeuger nach und
klopft aufgeregt an dem gewissen Türchen.

„Pepperl, des Papierl derfst fei net weg-
werfen! Hörst? Da steht was Wichtigs
drauf!'

Die Schrift war hinterher etwas ver-
wischt. .. fed

Diensteifer

Unser Mädchen ist in ihrer Art eine
Perle. Flink und rührig. Es ist ihr nichts
zuviel. Eines Tages verreiste meine Frau
auf einige Zeit und ich war ihrer Obhut
und ihren Kochkünsten anvertraut. Neu-
lich kam ich nicht zum Abendessen heim.
Es wurde später, als ich dachte. Aber
unserer Paula machte das nichts aus. Sie
hatte das Abendbrot fertig hergerichtet,
belegte Brote und eine große Kanne Tee
unter der Haube. Es fehlte nichts. Neben

dem Teller lag noch ein Zettel, den sie
mit ihrer ungelenken Handschrift be-
schrieben hatte: „Wann der Herr noch

was brauchen. Ich bin im Bett!" — Zu
Paulas Ehre sei aber betont, daß sie den
Doppelsinn ihrer Worte keineswegs zwei-
deutig meinte... We

Er läuft gern um seine Prügel . . .

An einer Straßenecke rennt ein kleiner
Dunge gegen eine alte Dame! „Mein
Gott", ruft sie, „wohin rennst du denn so,
Kleiner?"

„Nach Hause", keucht der Bub. „Meine
Mutter will mich schlagen!"

„Na, hast du es denn so eilig, deine
Strafe zu bekommen?"

„Das nicht, aber wenn ich später komme,
ist Vater zu Hause! Dann gibt er mir die
Prügel."

Der Bescheidene

Bei einer Taufe war der Pastor mit einem
Paten nicht ganz zufrieden und machte
seinem Mißtrauen mit folgenden Worten
Luft: „Sie sind wohl doch noch zu jung, um
Pate zu stehen!"

Der Angeredete erwiderte bescheiden:
„Bitte sehr, ich will ja nicht Pate sein! Ich
bin ja bloß der Vater." ...

Gewohnheit . . .

Im Dorf ist ein Vertreter des Feuerbestat-
tungsvereins gewesen und das Ereignis
wird im Wirtshaus mit allem Für und Wider
eifrig erörtert. Es sind sogar eine ganze
Anzahl dafür. Die Weiberleut haben am
Stammtisch eigentlich nichts mitzureden,
aber in so einer Sache gilt auch ihre Mei-
nung etwas. Also reckt die Huberbäuerin
den magern Hals:

„Na, na", verkündet sie, „mit den neu-
modischen Einrichtunger mag i nix z' toa
ham. I laß mi eingrab'n, wia i 's vo Dugend
auf g'wohnt bin!"

Natürlich, wenn man 's gewohnt ist,
ärgert einen so was Neumodisches bis
zum Jüngsten Tag.

Nur nix übertreiben . . .

Im Hofgarten sitzt in der Sonne ein
Mann. Ab und zu greift er in die linke
Westentasche, zieht eine Uhr heraus und
schaut auf das Zifferblatt. Dann greift er
in die rechte Westentasche, zieht eine
andere Uhr heraus und schaut auf das
Zifferblatt. Dann steckt er beide wieder
ein. Eine alte Dame hat das sonderbare
Gehaben ein paarmal beobachtet und
fragt nach dem Grund.

„Da mei", sagt der Mann, „auf der einen
fehlt der große Zeiger und auf der ande-
ren der kloane! De Zeit kann i erseht auf
alle zwoa ablesen!"

„Hm", meint die Dame, „da wärs doch
am Gescheitesten, Sie ließen beide Zei-
ger auf eine Uhr machen!'

„Da freiIi!" entgegnet der Mann vor-
wurfsvoll. „Für was hab i nachert zwoa
goldene Uhren, ha?"... fed

322
Register
Josef Oberberger: Zeichnung ohne Titel
Resl.: Der Ausgleich
fed.: Ein wertvolles Dokument
We.: Diensteifer
[nicht signierter Beitrag]: Er läuft gern um seine Prügel
[nicht signierter Beitrag]: Der Bescheidene
[nicht signierter Beitrag]: Gwohnheit
fed.: Nur nix übertreiben
Richard Knecht: Vignette
 
Annotationen