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Das Ölbild

Frau Sambs hatte so viel von Kunst und
Kunstmalern gehört und so viel Ölbilder
in Zeitungen und Zeitschriften gesehen,
daß ihr der Gedanke kam, die Schwieger-
mutter malen zu lassen — als Namenstags-
geschenk für ihren Mann. Das Möbelge-
schäft ging gut, die Mietparteien zahlten
alle pünktlich den Hauszins. Man konnte
sich also schon einmal so etwas leisten.

Oben, unterm Dach, wohnte der Musi-
kus Toni Regler mit seiner Mutter. Ihn
suchte die Hausfrau auf, um mit ihm dar-
über zu reden.

„Ich hab gedacht, Herr Regler, Sie ver-
kehren doch immer mit so Künstler. Sie
könnten da amal reden, was das kosten
tat. A richtigs Ölbild. Von aVan richtigen
Kunstmaler g'malt. Soll schon was gleich-
sehn. Net bloß a kleins Bildl."

,,D' Hausfrau hat g'meint", fiel die alte
Frau Regler eifrig ein, „daß das du a bißl
billiger kriegn tatst/'

„3a, ich kann schon frag'n. Aber unter
zweihundert ist 's wahrscheinlich ausge-
schlossen."

„Was! Zwei-hundert! Aber Herr Regler!"
„Der spinnt ja, Hausfrau, der is ver-
rückt", versuchte Mutter Regler zu be-
schwichtigen. „Ich habs Ihna doch gleich
g'sagt, daß der spinnt. Der meint, ma
find 's Geld auf der Straß'. Die Musiker
san alle gleich."

„Zweihundert", wiederholte Frau Sambs
„Die paar Pinslstrich und das bißl Färb!"

„3a Sie dürfen froh sein, wenn Sie 's
um zweihundert krieg'n", klärte der junge
Regler mit sichtlichem Vergnügen auf.
Schließlich war die Sambsin diejenige,
die immer gleich klopfte, wenn er mal
fünf Minuten nach zehn Uhr abends noch
Klavier spielte. Geschah ihrer also ganz
recht, wenn Ölbilder teuer waren. „Zwei-
hundert für a Ölbild is doch kein Geld.
Das is doch g'schenkt."

„Ich habs Ihna doch g'sagt, Hausfrau,
mit dem können S' net red'n. Der spinnt!"
Frau Regler warf ihrem Sohn empörte
Blicke zu.

„Wenn ma's hätt, tät ma's ja gern zahln.
Aber es hat doch keins net z'viel. Da hört
ma allerweil, ma soll die Kunstmaler unter-
stützt. Statt daß froh wärn, wenns was
verdienerten. Mich kost doch da Rahmen,
ich möcht da an schöner, schwarzen Rah-
men mit so'n Goldstreifen, der kost mich
auch dreißig, vierzig Mark. Da würd ja 's
Bild fünfmal so viel kosten als da ganze
Rahmen."

„Ihr Mann verlangt doch auch für
a Kücheneinrichtung zweihundertfünfzig,
dreihundert Mark."

„Red doch net so dumm daher", wies
Frau Regler den Vergleich ihres Toni hef-
tig zurück. Sie befürchtete, die Hausfrau
könne am Ende gar beleidigt sein. Frau
Sambs verteidigte sich denn auch sofort:
„Unser Geschäft is bekannt als billig.
Was glauben Sie, was mir Kücheneinrich-
tungen verkaufen. Die Leut wissen, daß
bei mein' Mann net übernommen werd'n."

„Na, da Hausfrau ihrer Mann übernimmt
g'wiß niemand, im Gegenteil", ereiferte
sich Frau Regler und Frau Sambs fuhr fort:
„Was sind denn zweihundertfünfzig Mark
für a neue Kücheneinrichtung!"

„Mehr kost ja das Ölbild auch nicht",
meinte der Toni.

„Kücheneinrichtung is doch was ganz
anderes. In einer Küch' von mein' Mann
kann ich doch meiner Lebtag drin woh-
nen."

a Bild is ja auch fürs ganze Leben
was. A Ölbild können S' direkt abwa-
schen."

„3a meinen Sie, so a Küch von mein'
Mann können S' net abwaschen? Die kön-

ugena

i

Ein Zimmer . . .

von

Fritz S t ü b e r

Wie war mein Zimmer einstmals groß.
Als ich in ihm noch Bargen baute
Und abends auf der Mutter Schoß
Voll Angst in alle Winkel schaute.

Wie war dasselbe Zimmer klein,

Als Abenteurerlust mich narrte.

Wenn ich beim späten Lampenschein
Hinunter auf die Straße starrte.

Heut ist das Zimmer grad so groß

U?id grad so klein wie andre Zimmer;

Nur ist es heut auch seelenlos

Und leer von allem Glanz und Schimmer.

Paul Ros n er

nen S' mit Seifenwasser abwaschen und
geht kei' Färb weg. An so a Küchenein-
richtung is doch mehr dran als an so an
Bildl. Das viele Holz und die Arbeit."

„Ich habs Ihna doch gleich g'sagt, daß
der spinnt ..."

„Lassen S' halt a schöne Zeichnung ma-
chen, wenn Ihna a Ölbild z' teuer kommt.
Die kriegens billiger."

„A Zeichnung", sagte Frau Sambs weg-
werfend und schob verächtlich die Unter-
lippe vor. „A Ölbild is doch vornehmer.
Müssen S' doch zugeb'n. Sieht doch viel
mehr gleich. Wissen Sie, die ganz' Ver-
wandtschaft tät sich ärgern, wenn da auf
einmal a Ölbild von meiner Schwieger-
mutter in unserm Wohnzimmer hingert.
Drum täts mich eb'n freuen. Ich hör 's
schon: Freilich, die muß allerweil 's Fein-
ste und 's Schönste hab'n." Frau Sambs
sprach den letzten Satz, den Neid der
Verwandten schon genießend, ganz hin-
ten an der Kehle.

„Bei der Hausfrau is auch so schön",
bestätigte ihr Mutter Regler. Und sie log
gleich dazu: „Das hat mein Toni auch
schon g'sagt, sagt er: Mamma, die Frau
Sambs is schön eing'richt, das wär für
uns a Wohnzimmer."

Man redete dann noch eine ganze
Weile von Tischdecken, schönen Wohnzim-
mer- und Kücheneinrichtungen.

Erst als Frau Sambs gegangen war, kam
Frau Regler auf das eigentliche Thema zu-
rück: „Da sieht ma's wieder, was die
Leut Geld habn. So was spinnerts! A öl-
bi,d" Kristl

Falsch gehört . . .

ln eine diamantene Hochzeit schneite
ein Funkberichter. Gerade war Kaffee-
tafel. An der Spitze saß das greise Braut-
paar und rundherum die vielköpfige Fami-
lie. Unzählige Blumensträuße, Berge von
Kuchen, große Kaffeekannen — kurz, eine
traute Festlichkeit. Nun waren die „Leute
vom Radio" da! Das brachte naturgemäß
etwas Aufregung mit sich. Die Gäste
tuschelten möglichst in Mikrofonnähe,
damit sie auch gehört werden. Und be-
sonders das alte Paar war verwirrt. Der
Funkberichter gratulierte zuerst, wie es
sich gehörte, erkundigte sich nach dem
Wohlbefinden der beiden Alten. So wurde
die 3ubelbraut allmählich gesprächiger.
Nur der Bräutigam verhielt sich ruhig und
war ziemlich wortkarg, daran mochte wohl
seine Schwerhörigkeit schuld sein. Wie
fein sich jetzt der Funkmann mit der alten
Dame unterhielt. Sie zeigte fast keine
Scheu mehr. Plauderte und plauderte ins
vorgehaltene Mikrofon, erzählte ihm, daß
ihre Ehe bisher nur in Friede und Ein-
tracht vorübergegangen sei. „Na, Mutt-
chen", drohte verschmitzt der Funkberich-
ter, „niemals gab es Krieg?" Sie schüt-
telte den Kopf und Väterchen lächelte.
„Auch niemals so einen kleinen Streit?"
Sie schüttelte wieder den Kopf und zu
ihrem Manne gewendet, fragte sie: „Nich',
Vati, wir haben uns immer schön vertra-
gen, nich' gezankt." — „Wie?!!" Die Hand
am Ohr, beugte der Alte sich zur Frau.
„Wir haben uns nich' gezankt!" schrie sie
ihm zu. „3a, ja" antwortete der Alte
bieder „oftmals hats geblitzt!" Paul.

Liebe Jugend!

Ein Bäuerlein kommt von weit her zu
seinem schwerkranken Bruder ins Kranken-
haus.

Eine Stunde spricht er ihm Trost zu. Zum
Abschied sagt er:

„Also pfüat di Gott, Sepp, und zur Leich
kumma dann eh' alle!"

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Register
Paul Rosner: Vignetten
Wilhelm Lukas Kristl: Das Ölbild
Paul: Falsch gehört
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Fritz Stüber: Ein Zimmer
 
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