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(Ausstellung „Feldgraue Künstler“)

P. v. Kawita-Ostrowski

Von Ernst 1l o f e r i c li t e r

Auf Ceylon, Kandy:

Während ich Dir schreibe, schleichen
Bettelmönche in gelben Klosterkleidern um
mich herum. Sie leben nur von einer
Handvoll Reis und dem Wort des großen
Lehrers. Seit dem frühesten Morgen halte
ich mich schon in dem Kloster auf und die
Geheimnisse dieses Lebens gehen immer
mehr in die Tiefe. Diese Mönche besitzen
nichts als ihr Gewand, den Stab, die
Opferschale und die Hoffnung auf das
Nirwana. Zuweilen streuen sie Blüten auf
den Meister hin, der in den papierenen
Tempeln unter einer Hitze von achtund-
vierzig Grad im Schatten schläft. In der
Weite des Klosters spüre ich den Umgang
der vier edlen Wahrheiten und des acht-
fachen heiligen Pfades. Alles Hasten, Ver-
langen und Drängen nach den vergäng-
lichen Dingen dieser Welt ist aufgehoben
und fortgetragen. Nichts führt hier in
Versuchung und an nichts hängt das Herz.

— Mit dieser Versenkung blieb ich bis
zum Abend. Da entdeckte ich hinter einem
heiligen Bethaus versteckt — ein funkel-
nagelneues Auto, mit Juchtenleder ausge-
schlagen. Und Du kannst Dir denken, daß
ich vom Himmel in die Hölle stürzte. Mich
überfiel der Gedanke, daß ich vielleicht
noch eine Schwarzschlächterei entdecken
könnte. Das Automobil im Buddhisten-
kloster ließ in mir eine alte Paliformel neu
entstehen. Sie heißt für mich: . . Lahr'

mit 100 PS an der Welt vorüber, es ist
nichts. .

*

Palermo, Albergo Tre Vecchi:

Gestern bin ich gesund, ohne ein Wort
Italienisch hier angekommen. Der Himmel
ist noch viel blauer, als Du mir erzählt
hast. Er ist einfach — himmlisch. Ich
wanderte den ganzen Tag auf Goethes
Spuren. Abends mietete ich mich in ein
Hotel in der Vorstadt ein. Wegen der

Romantik und weil es auch billiger ist.
Alle Menschen sind so freundlich. Der
Wirt sah mürrisch aus und wollte mich
nicht aufnehmen. Gestikulierend sprach er
auf mich ein. Aber Du kennst meinen
eigenen Sinn! Als einziger Gast stieg ich
müde in mein Bett. Und schlief traumlos
und tief. Am Morgen träumte ich von
einem Gepolter. Möbelstücke rutschten
geisterhaft durchs Zimmer. Männer
schnauften und fluchten. Meine Schulter
wurde gerüttelt . . . Ich erwachte und er-
lebte, daß ich diesen Spuk gar nicht ge-
träumt hatte. Ich mußte mein Bett ver-
lassen, weil das ganze Zimmer, das Hotel
von oben bis unten gepfändet war . . . Und
das Mobiliar wurde heute Morgen vom
Gerichtsvollzieher abgeholt — —. Damit
ich in Zukunft die Sorgen eines Wirtes
verstehe, habe ich mir eine italienische
Grammatik gekauft. Ecco! Saluto e
bacio! — — —

Liebe Jugend!

Meier ist etwas lang geraten. So um
zwei Meter zehn herum. Geht über die
Friedrichstraße in Berlin und bleibt inter-
essiert vor einem Schaufenster stehen,
dessen Inhalt ihn fesselt. Plötzlich be-
merkt er in der Scheibe das Bild eines
Dungen, der ihn anstarrt wie ein Wunder-
tier, dann auf seine andere Seite geht
und die Betrachtung da ungeniert fort-
setzt.

Wütend dreht sich Meier um und
brummt: „Na, Bengel, was gibt's denn

hier zu glotzen? Hast du denn noch nie
einen Mann wie mich gesehen?"

„Det schon", sagt der Berliner Range
und grinst, „aber noch keenmal jratis!"

81

*

Aus den Fenstern eines Landhauses tönt
Radiomusik. Ein kleiner Bauernbub steht
davor und lauscht. Die Frau des Hauses,
die ihn beobachtet, sagt, ob er nicht
herein in die Stube kommen wolle. Der
Dunge nimmt freudig die Einladung an und
ist ganz der Sache hingegeben. Als die
Sängerin ihre Arie mit einer großen Kolo-
ratur schließt, spricht er, tief seufzend:
„Etza hat's ihr Oa g'legt." b. M.

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[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
Peter Graf Ostrowski-Rawita: Bildreproduktion ohne Bezeichnung
Ernst Hoferichter: Ein Weltbummler schreibt nach Hause
 
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