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Vom weihnachtlichen Bücherkarren

Neue Gedichte Brittings

Rabe, Roß und Hahn. Gedichte von Georg B r i i-
t i n g. 90 S. Verlag Langen-Müller, München.
Leinen M. 3.—.

Bayrisch-bäurisch ist die Lyrik Brittings getönt,
bayrisch-bäurisch mit barocken Schnörkeln. Der
ferner Stehende muß erst den Weg zu dieser Dich-
tung finden, und auch das hat sie mit dem ganzen
Stamm gemein, dessen Blut in ihr pulsiert. Weitab
von Pathos und Eleganz, das herbe Wort nicht
scheuend, klingen bei Britting Akkorde auf, die ge-
rade durch ihre Feinheit und Zartheit bezaubern.

Nicht so sehr der Mensch, als die Natur um ihn
herum ist ewiges Thema. Ein verwilderter Bau-
platz, eine Haselstaude, eine Brombeerenschlucht,
eine aufziehende Schneewolke — und schon wird
alles plastisch und dramatisch und das große
Leben schillert noch in dem der allerkleinsten, in
dem der Käfer, der Grillen, der Würmer und
Schnecken. Dieser Dichter wagt herrliche Bilder.
Überschwemmte Wiesen etwa sieht er so —

,,Als hätten süß betrunkene Engel
Beim Frühgalopp auf rotbeschweiften Rossen
Sekt und Wein
Aus blauen Himmelskellerein
Uber die Wiesen ausgegossen. . ."

In Lyrik und Prosa hat er denn bereits Schüler
gefunden.

Wenn man voll Freude in dieser Sammlung
neuer Brittingscher Gedichte blättert, hat man das
Gefühl, daß diese Lyrik noch blühen wird, wenn
wir längst nicht mehr sind. K r i s t I

(Wir entnehmen dem Buch mit Erlaubnis des
Verlages Langen-Müller das Gedicht „Dort hängt
schon der Mond".)



Ewiger Strom, Gedichte von Rudolf H a b e t i n,
66 Seiten, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart.
RM. 2.50.

Ode, Sonett, Lied und Chor — eine überraschend
beherrschte rhythmische Vielfalt gibt der Gedicht-
sammlung Habetins Ihren Reiz. Die erhabenen und
weiten Inhalte sind im Gedanken wesentlich er-
faßt, die sinnliche Bildkraft tritt in einzelnen Land-
schaftsgesichten dagegen zurück. Das zeitnahe
Schaffen des Dichters fand in Preisen der Deut-
schen Arbeitsfront und der Stadt Leipzig ver-
diente Würdigung.

Rudolf Schmitt Sulzthal

„Bauernbrot", Gedichte von Max Matheis;
Dr. Heinrich Büchner-Verlag, München. 1.20 RM.

Es ist erfreulich, daß in den letzten Jahren eine
neue bayerische Dialekt-Lyrik in Erscheinung tritt,
die weit über jenes einst vielgerühmte Anekdoten-
Reimen eines Kobell oder Stieler hinausgeht. Der
beim Reichswettstreit der deutschen Mundartdich-
ter mit Recht preisgekrönte Band „Bauernbrot"
von M. Matheis bringt so viel Köstliches in Schil-
derung, Form und Sprachkraft, daß ihm eine weite
Verbreitung nachdrücklich zu wünschen ist. Dem
Dr. Heinrich Büchner-Verlag in München gebührt
für die literarische Tat der Herausgabe des Bandes
besondere Anerkennung. Joseph Maria Lutz

Romane um die Familie

Drei Menschen. Roman von Florian Seidl. Verlag
Frz. Eher Nachf. München. RM 3.75.

Es bedurfte der ganzen verstehenden Herzens-
güte eines Dichters wie Florian Seidl, um diesen
drei Menschen gerecht zu werden, der Mutter, die
ihr eigenes Lebensglück dem Kinde opfert und
fanatisch den Preis verteidigt, dei Tochter, die
zur Entscheidung gedrängt, dem Manne folgt, der
geschlagen dennoch Sieger bleibt. Es erscheinen
die Hilfskräfte aller Parteien auf dem Plan in
diesem verbissenen Kampf. Drei Menschen. —
Florian Seidl hätte keinen schöneren Titel für sei-
nen aus dem Alltag geschöpften Roman wählen
können. Jede Gestalt ersteht in reinster Form aus
der klaren Sprache, die, frei von jedem selbsti-
schen Pathos, nur dem Werke dient, Seele und
Blut zugleich. Diese Menschen gehen ihren bitter-
schweren Weg, wie ihn schon mancher gegangen
sein mag. Mögen sich zwei noch so eng an den
Händen halten, keiner tritt in die Fußtapfen des
andern. Jeder will verstanden sein, keiner ver-
stehen, bis das Schicksal seinen Willen lehrt, über
die hinwegzuschreiten, die sich selbst nicht mei-
stern können.

Wolff Eder

Die schwingende Brücke. Roman von Maria Z i e-
r e r - S t e i n m ü I I e r. J. G. Cotta'sche Buch-
handlung Nachf., Stuttgart. 305 S. Geb. RM 5.50.

Von Maria Zierer-Steinmüller, die Jahre hindurch
mit ihren Manuskripten von Verlag zu Verlag pil-
gerte und jedesmal mit freundlichen Worten nach
Hause geschickt wurde, legt Cotta nun bereits das
fünfte Buch vor. Kaum waren die ersten Romane
da, als die Verfasserin auch schon wie selbstver-
ständlich in den Kreis der bäuerlichen Literatur
aufgenommen wurde, daraus sie heute nicht mehr

(Schule Lösche) Toni Schneider-Manzell

wegzudenken ist. Denn nunmehr sah man, daß da
ja eine ganz starke Begabung mit bewunderns-
werter Ausdauer an Verlegertüren geklopft hatte.

Mit dem neuen Roman, der durch den Vorab-
druck im ,,Völkischen Beobachter" bereits einer
weiten Leserschicht bekannt geworden ist, hat
Maria Zierer-Steinmüller ihre bäuerliche Welt —
wenigstens vorübergehend — verlassen. Sie hat
die Problematik einer einseitigen Künstlerehe auf-
gegriffen und da im Mittelpunkt eine künstlerisch
schaffende Frau steht, bewährt sich die erzähleri-
sche und gestaltende Kraft der Verfasserin auch in
diesem Milieu. Die Frauengestalten sind ja alle-
mal das besonders Gute an den Büchern dieser
Erzählerin. Daß sie diesmal auf Mundart verzichtet
hat, möchte man fast bedauern; denn das Buch ist
rein sprachlich so angelegt, daß es mundartliche
Färbung durchaus vertrüge und die Verfasserin
versteht sich, wie wir aus andern Büchern wissen,
auf ein ausgezeichnetes Bayrisch.

K r i s t I

Altdeutsche Liebesnovellen

„Liebe, Lust und Leid" von Alois B e r n t. Verlag
C. H. Beck, München. Brosch. RM. 3.20, geb.
RM. 4.80.

Eine Sammlung altdeutscher Novellen in bunter,
geschmackvoller Geschenkkassette. Was Boccaccio
in seinem Dekamerone dem Italien des 14. Jahr-
hunderts gegeben hat, das schufen auf deutsche
Art unsere Meister der Versepik in ihren köst-
lichen Erzählungen und Schwänken. Die schönsten
dieser meist unbekannten Versnbvellen hat hier
Alois Bernt in eine sprachliche' Form umgegossen,
die unserem heutigen Deutsch entspricht. So ist
ein echtes Volksbuch entstanden, das den ganzen
Reichtum mittelalterlicher Dichtkunst offenbart.
Diese Geschichten von herzwunden Rittern und
züchtigen Frauen, von klugen Knechten und kupp-
lerischen Weibern, von weintollen Nächten und
heiteren Liebesspielen werden jedem Leser Stun-
den behaglichen Genusses und schmunzelnder
Freude bereiten. J. Z e r c h e r

Freibleibendes Angebot:

Brieger, Das Genrebild. Mit 195 Abb., Halbleder (30.-) M. 5.—
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Spanische Malerei

Unsterbliches Spanien. Von Fritz Nemitz. Rem-
brandt-Verlag, Berlin. Leinen RM 7,80,

Das Werk gibt in 100 Abbildungen und 4 farbigen
Tafeln, ergänzt durch einen ausführlichen Text,
eine Darstellung über Spaniens Kunst und Künst-
ler aus 3 Jahrhunderten. Wie mit Spanien selbst —
von allen Seiten abgeschlossen und schwer zu-
gänglich — so verhielt es sich auch mit Spaniens
Kunst. Außerhalb der Grenzen blieb sie lange so
gut wie unbekannt. Desto höher ist es zu werten,
daß diese eigenartige und oft eigenwillige Kunst
nun einem größeren Kreis erschlossen wird. Im
17. Jahrhundert und in der Folgezeit begann das
goldne Zeitalter spanischer Kunst und in der Ma-
lerei fand Spanien dabei seinen stärksten natio-
nalen Ausdruck. Uber diese Entwicklung bringt
das vorliegende Werk eine ausführliche, wenn
auch nicht erschöpfende Darstellung.

Beginnend mit El Greco, dem visionären Gestal-
ter spanischer Mystik mit seinen Inbrunst- und
ekstasedurchglühten Werken, über Velasquez, mit
dem die spanische Malerei ihren Höhepunkt er-
reicht — dessen Kunst „durchleuchtete Wirklich-
keit" verkörpert, führt das Buch zu den Werken
Riberas, Zurbarans und Murillos, in deren leiden-
schaftlicher und tiefer Behandlung religiöser The-
men die spanische Volksfrömmigkeit ergreifenden
Ausdruck findet. Mit Goya, aus dessen Schaffen
das Buch einen reichen Ausschnitt bringt, schließt
die Reihe. Noch einmal bricht mit ihm aus den
Tiefen des Volkstums der spanische Maler durch,
ein elementares Naturtalent und ein unbändiges,
wildes Temperament. Als Genie und Dämon steht
er zwischen zwei Zeitaltern; ein Meister, der mit
80 Jahren noch sagte: „Noch immer lerne ich!" —

Es ist schwer, die spanische Malerei auf eine
Formel zu bringen, wie dies bei anderen Nationen
möglich ist. Wirklichkeitsleidenschaft, gepaart mit
einem Hang zur Illusion, zu Rausch und Traum sind
charakteristisch für den spanischen Geist. Ein zum
Fanatismus gesteigerter religiöser Ernst, gemes-
sene Würde und einsame Ruhe, wilder Humor, der
oft ins Groteske geht: Dies alles spricht aus der
spanischen Malerei. — Das Werk, das in der
Hauptsache die Kunst selbst sprechen läßt, also
in erster Linie ein herrliches Bilder-Buch ist, wird
vielen Kunstkennern und Kunstfreunden eine wert-
volle Gabe sein.

J. Z e r c h e f



Bei der Gelegenheit möchten wir auch auf das
schon vor einiger Zeit im Rembrandt-Verlag er-
schienene Buch Wilhelm Pinders hinweisen:
Georg Kolbe, Werke der letzten Jahre.
Mit 64 großen Tiefdrucktafeln. Kart. RM 4.80, Leinen
RM 6.50.

Es ist ein neues, schönes Werk über den großen
deutschen Bildhauer, der heute schon neben einen
Michelangelo, neben einen Meister von Naumburg
gestellt wird. Professor Pinder gibt eine hervor-
ragende Einführung.

Stelldichein kleiner Prosa

Das Stelldichein, wo sich Journalist, Dichter und
Philosoph treffen, nennt man in der Zeitung das
Feuilleton. Es ist ein windgeschützter Platz und
in seiner ausgeglichenen Temperatur wachsen
allerlei sonderbare Blumen, die der Leser gerne
pflückt, wenn er die Zeitung zum zweiten Male in
die Hand nimmt und sichs mit ihr im Lehnstuhl
bequem macht.

Wilmont H a a k e hat solche Blumen in der
deutschen Presse gesammelt und überreicht uns
einen bunten Strauß. (Die Luftschaukel, 479 S.,
Frundsberg-Verlag, Berlin.) Achtundzwanzig Au-
toren warten mit Feuilletons auf, so daß sich
jeder Leser aus dem reizend aufgemachten Buch,
dem wir in der „Jugend" schon eine Seite ge-
widmet haben, jeweils das heraussuchen kann,
was seinem Geschmack und seiner augenblick-
lichen Gemütsstimmung gerade entspricht. Der
Einzige von den Achtundzwanzig, der nicht mehr
lebt, ist Viktor Auburtin. Daß der Herausgeber
diesen Meister der kleinen Form, der übrigens
voll tiefen Humors war, an die Spitze der Samm-
lung gestellt hat, ehrt alle Beteiligten. Jede Kunst-
gattung hat ihre Gefahren. Die Gefahr des Feuille-
tons ist die Geschwätzigkeit. Auburtin hat nun
von drei Worten lieber noch zwei weggestrichen
als ein überflüssiges Wort hinzugesetzt.

Ein weiteres neues Buch mit Feuilletons ist das
von Peter Bamm: Der Hahnenschwanz. (Deutsche
Verlagsanstalt, Stuttgart, 223 S., Mk. 4.50). Der
Verfasser ist als amüsanter, witziger und geist-
reicher Plauderer längst bekannt. Er schreibt be-
reits für eine große Gemeinde. Auch dieses Buch,
darin Bamm den schillernden Hahnenschwanz des
Lebens ein wenig zerrupft, abstrakte Betrachtun-
gen anstellt und dabei zu recht konkreten Ergeb-
nissen kommt, kurze Zeitungsmeldungen über viele
Buchseiten mit Phantasie und Scharfsinn ausspinnt,
ist wieder eine vergnügliche und lehrreiche Lektüre

Kristl


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Toni Schneider-Manzell: Bildreproduktion ohne Bezeichnung
Wolff Eder: Vom Weihnachtlichen Bücherkarren
Rudolf Schmitt Sulzthal: Vom Weihnachtlichen Bücherkarren
Joseph Maria Lutz: Vom Weihnachtlichen Bücherkarren
J. Zercher: Vom Weihnachtlichen Bücherkarren
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